Die Kunst, gelassen zu erziehen
die Jon und Myla Kabat-Zinn entwickelt haben, können dabei hilfreich sein.
ÜBUNG
Erwartungen hinterfragen
Nehmen Sie wieder Ihr Notizbuch zur Hand, und widmen Sie sich den folgenden Fragen:
Sind meine Erwartungen an mein Kind realistisch und seinem Alter angemessen?
Erwarte ich zu viel von ihm, oder traue ich ihm zu wenig zu?
Stärken meine Erwartungen das Selbstwertgefühl meines Kindes, oder schwächen sie es eher?
Tragen meine Erwartungen zum Wohl des Kindes bei, zu seinem Gefühl, geliebt, umsorgt und akzeptiert zu werden?
Fördern die Erwartungen wichtige menschliche Werte wie Ehrlichkeit, Respekt anderen gegenüber und Verantwortung für das eigene Handeln?
Stimmen meine Erwartungen mit denen meines Partners überein?
Vielleicht erörtern Sie die Fragen auch gemeinsam mit Ihrem Partner oder einer Freundin, da es oft schwierig ist, die
eigenen Erwartungen realistisch einzuschätzen.
Es ist sehr wichtig – und ebenso schwierig –, unsere Kinder losgelöst von unseren eigenen Wünschen und Träumen zu betrachten, sie nicht durch die Brille unserer Erwartungen zu sehen. Denn nur so können sie ganz sie selbst sein und ein SELBSTBEWUSSTSEIN ausbilden, das nicht daherrührt, dass sie den Erwartungen der Eltern gerecht werden, sondern daher, dass sie von innen heraus stark sind. Je weniger die Eltern erwarten, wie ein Kind sein sollte, umso größer ist seine Chance, sich wirklich entfalten zu können.
Erinnern Sie sich noch einmal an die Buddha-Natur, an das eigentliche Wesen eines jeden Menschen. Wenn Sie sich immer wieder achtsam darauf einstellen, diese Essenz Ihres Kindes wahrzunehmen, seine ganz persönlichen Eigenschaften zu entdecken, verringern Sie die Gefahr beträchtlich, Ihre eigenen Träume auf Ihr Kind zu projizieren oder es zu manipulieren.
Vielleicht besteht die Hauptaufgabe von uns Eltern ja vor allem darin, so achtsam wie möglich zu leben, vor allem auch im Umgang mit unseren Kindern. Gelingt uns das, sind wir mit uns selbst in Kontakt und erkennen, welche unsere Wünsche sind und welche die des Kindes. Und wir können uns mit derselben Achtsamkeit unseren Kindern zuwenden, uns einfühlen und ihnen widerspiegeln, wer sie sind, indem wir sie respektieren und annehmen. Auf diese Weise erfahren unsere Kinder ihren SELBSTWERT unmittelbar. Es gibt keinen Zweifel, auch kein Bedürfnis nach Anerkennung von außen – sie erfahren nicht nur ihren Wert, sondern sie sind wert. Im folgenden Abschnitt lernen Sie Wege kennen, um diesem Ziel näher zu kommen.
Weisheitsgeschichte
Mulla Nasrudin, ein heiliger Narr, war schon in die Jahre gekommen, und seine Sehkraft ließ beträchtlich nach. Seine ganze Freude waren seine Tauben, deren Pflege er sich täglich liebevoll widmete. Eines Tages geschah es, dass ein Adlerjunges in den Taubenschlag geriet. Als Nasrudin sich diesem wie gewohnt näherte, wollte er kaum glauben, in welchem Zustand eines seiner geliebten Kinder war. »Wie siehst du denn aus!«, rief er fassungslos. »Du bist ja völlig heruntergekommen! Es wird Zeit, dass du mal wieder eine anständige Pflege erhältst.« So nahm er die vermeintliche Taube, schnitt ihr Schnabel und Krallen zurecht und erzog sie trotz ihrer offensichtlich etwas wilden Natur zu einer anständigen Taube. Diese fügte sich schließlich ein in das Leben ihrer Mittauben – nur manchmal, wenn sie am Himmel einen Adler kreisen sah, erfüllte sie eine tiefe Sehnsucht, die sie sich nicht erklären konnte.
Dem inneren Reichtum
Raum geben
Wie kann es uns gelingen, unser Kind in seinem innersten Wesen zu sehen, sein grundlegendes Gutsein zu entdecken? Hier kommt wieder die Achtsamkeit ins Spiel: Sie ist der Schlüssel, um die wahre Natur unseres Kindes wahrzunehmen (siehe auch ab >) . Denn wir kommen beim Üben von Achtsamkeit mit dem Gutsein in uns selbst und in unserem Kind in direkten Kontakt. Der tibetische Meditationsmeister Sogyal Rinpoche drückt es so aus: »Unser ganzes Leben ist eine Aufforderung, das grundlegende Gutsein zu entdecken, und eine stetige Übung, es zu verwirklichen.« Und weiter: »Durch die Praxis der Achtsamkeit kann unser gutes Herz aufscheinen und zu dem warmen inneren Klima werden, das unser wahres Wesen zum ERBLÜHEN bringt. So offenbart sich unsere essenzielle Gutherzigkeit, weil sie die Unfreundlichkeit und das Verletzende von uns nimmt.«
Akzeptanz entwickeln
Als Eltern können Sie die Buddha-Natur Ihres Kindes entdecken – wenn Sie offen und bereit dafür sind. Es geht dabei nicht
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