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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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französische Schnösel.
    Er wischte die Notizen, die über den Tisch verstreut lagen, barsch zu Boden. Wahrscheinlich wussten sie gar nichts! Aber wieso interessierten sie sich derart leidenschaftlich für das Bild?
    Wo es doch gestohlen worden war! Ihm gestohlen worden war!
    Wieder durchfuhr ihn dieser brennende Schmerz, die quälende Frage, wer sonst noch von dem Geheimnis des Gemäldes wusste.
    »Ich bin heute übrigens auf ein sensationelles Detail gestoßen«, sagte Theresa. »Sustermans ist viel bekannter, als wir bisher dachten. Jeder von uns hat schon einmal eines seiner Porträts gesehen. Und sogar in der Hand gehabt!«
    Sie holte den Ausdruck eines Geldscheins vom Sideboard und hob ihn hoch. »Um mit Paul zu sprechen: Voilà! Galileo Galilei auf dem 2.000-Lire-Schein! Gemalt von Sustermans während Galileis Exil in Arcetri.«
    Paul pfiff durch die Zähne, Boris machte sich auf der Papierserviette Notizen und murmelte: »Die langen Stunden, die sie miteinander verbracht haben. Bei diesen Gesprächen wäre ich gerne dabei gewesen. Wahrscheinlich wurden sie Freunde. Welche Verbindungen da geschlossen wurden …« Er verstummte und sah nachdenklich in die Luft.
    »Du hast gesagt, Galileo sei schon verbannt gewesen, als er von Sustermans gemalt wurde? Vielleicht war der Maler ein verdeckter Kurier oder ein Geheimbundmitglied. Kann es für einen Mann befriedigend sein, 60 Jahre lang Medici-Gesichter zu malen? Die sich noch dazu alle ähnlich sahen?«, überlegte Flora.
    »Chérie, du bist jetzt beim ›Da Vinci Code‹, oder?« Paul sah sie amüsiert an.
    »Apropos Ähnlichkeit«, unterbrach Theresa. Sie holte ihren Laptop und öffnete die Digitalfotos der Porträts von Sustermans und der ›Krönung‹. »Seht euch mein Bild an! Steht hinter dem König nicht Galileo Galilei?«
    Die Freunde vertieften sich in die Züge des bärtigen Mannes mit der roten Mütze und verglichen sie mit dem Porträt auf dem 2.000-Lire-Schein. Stille breitete sich aus. Nur Dinos leises, friedvolles Atmen war durch die offene Kinderzimmertür zu hören.
    »Die  Frage  ist,  ob  Sustermans  einen  gängigen  Figuren-beziehungsweise Gesichtertypus aus seinem Skizzenbuch verwendet hat oder ob das wirklich Galileo ist.« Paul stockte kurz.
    »Das würde dem Gemälde eine ganz neue Bedeutung geben.«
    »Haben wir denn eine alte?«, stichelte Flora.
    »Bei Galileo zieht sofort Historie an mir vorüber: Wis-senschaftsgeschichte, Kirchengeschichte … Brainstorming, Leute, was wissen wir über ihn?«, rief Boris.
    »Brecht: Das Leben des Galilei«, erwiderte Flora und biss in einen kleinen gefüllten Champignon, dass der Saft nach allen Seiten spritzte.
    Paul sah sie milde lächelnd an. »Sehr hilfreich, aber du bist nicht in der richtigen Zeit.«
    »Was soll ich tun, das ist das Erste, das einer Schauspie-lertochter dazu einfällt.«
    »Und sie bewegt sich doch!«, unterbrach Boris ungeduldig das Geplänkel.
    »Très amusante, das kommt den meisten anderen in den Sinn«, sagte Paul. »Soll er jedoch überhaupt nicht gesagt haben. Ich erzähle euch kurz, was er wirklich gemacht hat: Galileo wies anhand der von ihm entdeckten Jupiter-monde nach, dass Planeten umkreist werden können und sich selbst um andere Körper drehen.
    Diese Erkenntnis übertrug er auf Erde und Sonne, was ihm einige Schwierigkeiten mit der Kurie einbrachte. Denn plötzlich war unser Planet nicht mehr das Zentrum des Universums, wie die Kirche standhaft behauptet hatte! Galileo wurde daraufhin von der Inquisition verhaftet. Nach drei Wochen im Kerker war es ihm zu dumm. Um seine Ruhe zu haben, widerrief er seine Ansicht und wurde nur verbannt statt verbrannt. Im Exil schrieb er weiter an seinen wissenschaftlichen Werken. Erst 1992 erkannte die katholische Kirche an, dass die Erde nicht der Mittelpunkt allen Seins ist, und revidierte ihre Meinung zu Galileo Galilei. Manche brauchen eben länger.«
    »Du Ketzer! Darauf trinke ich!« Flora lachte. »Sustermans hat folglich Galileo in der Verbannung gemalt, während der seine Schriften verfasst hat. Ich komme wieder zu meiner Theorie des Geheimbundes zurück. Wenn …«
    »Bitte …«, unterbrach Theresa ihre Freundin.
    »Wenn Galileo zu den Illuminaten gehörte, dann Sustermans bestimmt auch.« Flora ließ sich nicht irritieren.
    »Den Orden gab es zu dieser Zeit noch nicht. Er wurde erst im Jahr 1776 gegründet«, korrigierte Paul.
    »Egal, es müssen ja nicht die Illuminaten sein, nennen wir sie die ›Fratelli

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