Die Kunstjaegerin
eigentlich hier? Und wieso jetzt schon? Du wolltest erst morgen Früh …« Theresa schwante, dass er nichts vom Einbruch und von den vernagelten Fenstern wusste.
»Wieso ich hier bin?«, fragte Leon überrascht. »Weil ich mir gedacht habe, dass du beim Gedenkgottesdienst sein wirst. Und weil wir vor meiner Abreise gestritten haben und weil ich dich nicht erreichen konnte. Und weil wir früher als erwartet fertig geworden sind, was übrigens ein Wunder ist, wenn man mit Computern arbeitet. Und weil es noch einen Platz im Flugzeug gab.« Er zog sie wieder an sich. »Ich bin gleich nach der Landung hierher gerast, um mich zu entschuldigen.«
Theresa fühlte sich schlecht. Leon hatte die Messe für Papa nicht vergessen, sie schon.
»Du … Da sind ein paar Sachen passiert.« Während sie ihm von den Ereignissen der letzten zwei Tage erzählte, begann er nervös auf und ab zu gehen. Offensichtlich fiel es ihm schwer, das alles zu verdauen.
»Wir sollten Personenschutz anfordern. Was hast du mit Kiesling besprochen?«
»Dass ich mich rühre, wenn Dino und ich zurück in Wien sind.
Aber bis dahin hat er den Mörder, hoffe ich.« Sie war zuversichtlich. Die Geheimbünde hatten sich in Luft aufgelöst und der Chefinspektor wusste, wer der Täter war. »Holen wir Dino und fahren nach Hause«, fügte sie hinzu und hakte sich bei Leon unter.
»Gut. Und entschuldige nochmals.« Schuldbewusst sah er sie an.
»Ist okay, sonst liebe ich deine stoische Ruhe. Ja, beneide dich sogar darum, diesmal war sie allerdings fehl am Platz.
Das kann passieren.«
»Wo steht dein Auto, Thesi? Ich habe es nicht gesehen.«
»Hier!« Sie deutete auf den Cayman, der weiß aus dem sich lichtenden Nebel leuchtete.
»Was? Wieso?« Leon sah zuerst sie, dann das Auto ungläubig an.
»Boris.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich werd verrückt.«
Mit offenem Mund und begehrlichem Blick stand Leon vor dem Porsche. Wann hatte er sie zuletzt so angesehen?, dachte Theresa lächelnd. Egal, soll er seinen Spaß haben. Sie schmiss ihm lässig die Schlüssel hinüber. »Ist deiner, wir treffen uns bei Rena.«
Leon öffnete die Tür des Porsches und streichelte glückselig über den Ledersitz. »Du bist ein Schatz.«
»Ich weiß. Denk dran, wenn wir in Wien ankommen.«
Kaspar und Rena winkten traurig, als sie abfuhren. Theresa nahm sich vor, die beiden öfter zu besuchen. Integration am Land schien selbst für Österreicher schwierig zu sein.
Die Fahrt nach Wien verlief ohne Zwischenfälle, doch je näher sie der Stadtgrenze kamen, desto beklommener war Theresa zumute. Wie mochte der Mörder wohl reagiert haben, als sie nicht beim Stephansdom erschienen war? Hatte er ihr Haus noch mal heimgesucht? Ob Kiesling nach ihrem Telefonat eine Bewachung davor postiert hatte? Wieso war noch keine Nachricht von ihm gekommen, hat-ten sie den Mörder noch nicht geschnappt?
In der Paradisgasse sah alles normal aus. Keine Autos, die dort nicht hingehörten – außer natürlich dem Porsche, den Leon gerade abschloss. Hut ab, er hatte den Wagen nicht ausgereizt – so wie sie!
Theresa parkte sich hinter ihm ein.
»Dino erzählte mir etwas von ›lustigem Hämmern‹«, bemerkte Leon stirnrunzelnd.
»Ach, nicht schlimm, lass dich überraschen. Und das Hämmern gehört doch zu diesem Haus, seit wir es bezogen haben, oder?«
Gemeinsam gingen sie hinein und Leon schlug gleich den Weg Richtung Küche ein, Theresa folgte ihm. Beim Anblick des Fensters pfiff er anerkennend durch die Zähne.
»Professionelle Arbeit. Das hätte ich selbst nicht besser machen können«, sagte er, während sie ihm eine Packung gefrorener Erbsen für sein Auge reichte. Tatsächlich sah das verbarrikadierte Fenster im Vergleich zu den durchwühlten Zimmern gar nicht so schlimm aus, dachte Theresa.
»Gut, dann werden wir am Montag den Glaser und den Tischler bestellen. Sonst noch etwas, worauf ich schonend vorbereitet werden muss?«
»Reicht das nicht?« Sie gähnte. »Es ist kurz vor Mitternacht, ich glaube, wir sollten ins Bett und morgen erst mit den Aufräumarbeiten beginnen.«
Die Spuren des Einbruchs zogen sich durch das Haus und wirkten wie ein Menetekel auf Theresa. Die innere Ruhe, die sie noch bei Rena gespürt hatte, war weg. All ihre Bemühungen sich einzureden, dass sie in Sicherheit waren, kamen ihr wie Selbstbetrug vor.
Theresa lehnte sich an ihren Mann und versuchte sich zu entspannen. »Schau dich hier um. So, wie es hier aussieht, fühle ich mich. Irgendwie
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