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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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deine überbordende Fantasie geerbt und die lässt mich manchmal echt durchdrehen. Außerdem hält uns dein Bild ganz schön in Atem. Wenn du wüsstest, was in letzter Zeit los gewesen ist!«, flüsterte sie, blickte wieder zum Altar und lauschte den letzten Takten des Liedes.
    Als der Schlusssegen gesprochen war, zog Hilda sie beiseite und deutete auf die Sänger. »Na, was sagst du? Ich habe ihnen diese Mäntel geschneidert. Fesch, was? Leider waren sie beim Begräbnis deines Vaters verhindert. Aber für den Gedenkgottesdienst heute konnte ich sie engagieren.«
    »Danke Hilda, dass du das organisiert hast«, sagte Theresa und bedankte sich insgeheim ein weiteres Mal bei ihrer Cousine, denn ohne sie wären noch immer sämtliche Geheimbünde der Welt hinter ihr her.
    Sie traten ins Freie. Der Geruch nach Schnee ließ Theresa frösteln. An der Kirchenmauer hing, schon etwas zerrissen, der Partezettel von Dreiseitls Begräbnis. Hilda zeigte auf das feuchte Papier, von dem Ambrosius sie fröhlich anlächelte. »Der Arme, aber jetzt ist er endlich bei seiner Familie.«
    Das schlechte Gewissen kroch mit der Kälte über Theresas Rücken.
    »Er hat es sich nie verziehen, dass er an diesem Abend noch kegeln gegangen ist. Wäre er eine Stunde früher zu Hause gewesen, er hätte seine Frau und das ungeborene Kind retten können«, fuhr Hilda fort.
    »Was ist eigentlich passiert?«
    »Ein Einbrecher hat Ilse die Treppe hinunter gestoßen. Sie stand kurz vor der Geburt und erlitt eine Plazentaablösung. An den inneren Blutungen ist sie gestorben. Als Ambrosius kam, konnte sie noch kurz mit ihm sprechen, beim Eintreffen der Rettung war sie bereits tot. Angeblich hat sie etwas von einem Italiener gesagt.
    Daraufhin wurden in den nächsten Jahren alle Südländer in Pöllau misstrauisch beäugt, aber der Täter konnte nie gefasst werden. Und das Schlimmste ist, es wurde nicht einmal was gestohlen. Ein absolut sinnloses Verbrechen.« Hilda seufzte und sah zu Boden.
    »Tragisch.« Sie zog sich zitternd das Wolltuch enger über die Schultern und verabschiedete sich.
    Theresa ging über den leeren Innenhof der Kirche in Richtung Hauptplatz. Der Nebel war inzwischen so dicht geworden, dass man trotz Straßenbeleuchtung kaum die Hand vor Augen sah. Ein Bild wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen: ein schwarzgelockter Mann, der bedrohlich hinter einer Hochschwangeren stand. Ihre Mutter hatte zu dieser Zeit ebenfalls ein Kind erwartet – nämlich Theresa. Was, wenn der Einbrecher das richtige Haus gefunden hätte? Sie gäbe es nicht, ihr Vater wäre statt Dreiseitl verrückt geworden und ihr Bruder wäre in einem Heim gelandet. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass auch diese Tat mit der ›Krönung‹ zusammenhing. Der Einbrecher hatte nicht wissen können, dass der Schulwart mit ihrem Vater das Bild getauscht hatte.
    Theresa atmete die feuchte Luft tief ein und spürte ein Stechen in ihren Lungen. Sie beschleunigte ihre Schritte, um schneller zum Auto zu kommen. Auf einmal legte sich eine schwere Hand auf ihre Schulter. Schreiend sprang sie zur Seite, holte aus und schlug dem Angreifer mit ihrer Faust so fest sie konnte ins Gesicht.
    Theresa hörte ihre Knöchel knacken, noch bevor sie den Schmerz spürte.
    »Verdammt noch mal. Bist du wahnsinnig?«, schimpfte eine vertraute Stimme. Leon tauchte aus dem Nebel auf und hielt eine Hand vor das linke Auge.
    »Bist du wahnsinnig?«, schrie Theresa hysterisch. »Du kannst dich doch nicht anschleichen! Du hast mich zu Tode erschreckt!
    Ich bekomm gleich einen Anfall. Was machst du überhaupt hier?
    Du, du … Ich bin so froh, dass du da bist.« Sie fiel ihrem Mann in die Arme.
    Leon stand ungelenk da, ließ es mit sich geschehen und rieb sich sein Gesicht. »Eigentlich wollte ich mich bei dir entschuldigen, aber …«
    Sie sah ihn an und der aufgestaute Groll war verflogen. »Nein, Leon. Mir tut es leid. Ich muss mich entschuldigen, ich habe überreagiert. Allerdings ist so viel passiert.«
    »Ich habe die Bedrohung nicht ernst genug genommen. Karl hat keine Wanze installiert. Das heißt, du wurdest wirklich abgehört.
    Ich lasse dich jetzt nie mehr allein. Versprochen.« Er drückte sie an sich. »Wo ist eigentlich Dino?«
    »Bei Rena. Hast du meine Nachricht gleich verstanden?«
    »Welche Nachricht?«, fragte Leon und blies in seine Handinnenflächen.
    »Die ich dir geschrieben habe, sonst wüsstest du doch gar nicht, dass ich hier bin und …« Sie verstummte kurz. »Wieso bist du

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