Die Kunstjaegerin
heißt er Renzo Rubini und ist unser Verbindungsmann in Florenz. Weil er Michele Placido so ähnlich sieht, nennen wir ihn Cattani. Außerdem schmeichelt es ihm. Das bringt bessere und schnellere Ergebnisse.« Kiesling machte Anstalten aufzustehen. »Gut, ich werde gleich mit der Arbeit beginnen.«
»Was glauben Sie? Wie passt alles zusammen?«, fragte Leon.
»Ich vermute, der Täter ist durch die Suche Ihrer Frau auf das Bild aufmerksam geworden. Allerdings wurde es ihm immer vor der Nase weggeschnappt. Könnte sein, dass er schon vor rund zwei Wochen hier im Haus war, zu Beginn Ihrer Nachforschungen, doch da hatten Sie es bereits zu Wenz gebracht. Dieser Einbruch könnte unbemerkt geschehen sein, er suchte ja nur ein Gemälde an der Wand.«
Theresa fiel die Kinnlade hinunter.
»Das ist aber unwahrscheinlich«, sprach Kiesling weiter.
»Außerdem wäre es aufgefallen.«
Nicht unbedingt, dachte Theresa, so genau nahm sie es nicht mit dem Zusperren nicht. Wenn sie es eilig hatte, ließ sie die Haustür lediglich ins Schloss fallen. Selbst Dino könnte sie dann mit einem Drahtstück öffnen. Und an die alten Fensterrahmen wollte sie gar nicht denken …
»Oder er hat Sie gleich zu Beginn verwanzt, um zu erfahren, wo das Bild ist.« Kiesling nahm sich das letzte Croissant.
»Die sind übrigens ausgezeichnet, so gute habe ich zuletzt in Italien bei Corrado, äh Renzo, gegessen. Wo war ich stehen geblieben?
Ach ja, über die Telefongespräche kommt er zu Wenz, aber zu spät, weil Schlager vor ihm da war. Dann erfährt er, wiederum durch Sie, von der Dokumentation und bricht erneut ins Atelier ein.«
Theresa lächelte schuldbewusst und zuckte mit den Schultern.
Wozu waren Handys denn da?
Kiesling fuhr fort: »Bei Wenz findet er nichts und hofft, dass er bei Ihnen mehr Glück hat. Doch hier entdeckt er wieder keine Spur, wird nervös und wirft den Stein durch Ihr Küchenfenster. In der Hoffnung, dass Sie ihm sofort alles über das Bild sagen.«
»Und genau das hätte ich getan«, gab Theresa zu. »Aber ich wusste nicht, welche Informationen er wollte.«
»Ich würde Ihnen deswegen auch niemals einen Vorwurf machen«, sagte Kiesling sanft. Theresa musste an das Foto mit den zwei Kindern auf seinem Schreibtisch denken.
»Dann macht er Schlager ausfindig. Wie, ist mir ein Rätsel. Auf jeden Fall ist er vor uns dort und holt sich das Gemälde«, schloss Kiesling seine Ausführung.
»Aber nun hat der Spuk ein Ende. Der Mörder hat, was er will, und lässt uns in Ruhe«, brachte es Leon auf den Punkt. »Dass Sie ihn finden, darauf können wir uns doch verlassen?«
Kiesling nickte. »Ich bin mir sicher.«
Theresa atmete erleichtert durch. Alles war gut!
Der Chefinspektor stand auf und verabschiedete sich. Als er seinen Mantel überwarf, rief Leon: »Halt, Sie haben uns noch gar nicht gesagt, wie Schlager ermordet wurde.«
»Er wurde erschossen. Die Kugel traf ihn mitten ins Gesicht.
Wir konnten ihn nur anhand eines Tattoos am Oberarm identifizieren.«
Alles war gut? Theresa begann zu zittern. Ständig diese Berg-und Talfahrt der Gefühle! Glücklicherweise besaß der Mörder jetzt das Gemälde und würde nie mehr ihren Weg kreuzen. Nie mehr!
Genauso wenig wie die Illuminaten, die ›Fratelli delle Stelle‹ oder wie sie sonst alle hießen.
An der Tür drückte Kiesling Theresa die Hand. »Liebe Grüße von den Kollegen der Zivilstreife. In Zukunft ein bisschen langsamer, gell?« Dann blickte er Leon mitleidig ins lädierte Gesicht und verließ das Haus.
»Du bist wieder in Wien?« Boris klang erfreut.
»Ja. Komm vorbei und hör dir die Neuigkeiten an«, erwiderte Theresa mit schlechtem Gewissen, weil sie sich nicht gleich bei ihm gemeldet hatte. »Du kannst auch deinen Boliden wieder mitnehmen. Vielen Dank übrigens für das absolut unauffälligste Fluchtauto, das ich jemals hatte. Was hast du dir dabei gedacht?«
»Dass du jeden Verfolger abhängen und eine Menge Spaß haben wirst. Außerdem hatte ich keine Zeit, um zu einem Autoverleih zu fahren. Ich hab mir in der Zwischenzeit einen Aston Martin gegönnt. Der Mietvertrag läuft noch sechs Tage, weil ich nicht wusste, wie lange du weg sein würdest. Falls ihr Lust habt, könnt ihr den Porsche weiterbenutzen.«
Das durfte Leon nicht erfahren. Er würde, ohne eine Zehntelsekunde liegen zu lassen, für eine Woche verschwunden sein. Sie überging das Thema und fragte ansatzlos: »Hast du was von Flora gehört?«
»Ja, gestern. Ihr Vater liegt noch im
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