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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Interesse. Vor Santa Maria della Febrella erhob sich eine uralte römische Säule, in deren Kugel unterhalb der Spitze sich die Asche des Julius Cäsar befand. Einst hatte sie im Zircus des Kaisers Nero gestanden, den inzwischen der Staub und der Schutt der Zeit bedeckten. Die Säule brachte Bramante auf eine kühne Idee, so kühn, dass es ihm selbst die Sprache verschlug. Die Vermessungen sollten nun zeigen, ob sie aufging. Zur Verneigung vor seiner eigenen Genialität war es noch zu früh, erst wollte er seine Vision durch genaue Messungen absichern.
    Er prüfte die Lage des Petrusgrabes und des Grabmals von Julius’ Onkel, Papst Sixtus IV. Nun musste er die gewonnenen Daten nur noch auf die Skizze übertragen. Der Plan ging auf, wie von Gott gewirkt. Bramantes Augen begannen zu leuchten. Seine Idee war elegant, groß und in ihrer Einfachheit genial. Durch die Zeichnung hindurch sah er die Gestalt des neuen Petersdomes. Und es war das Schönste, was er in seinem ganzen Leben gesehen hatte – er wollte, er musste es in der Realität sehen. Nichts und niemand durfte es wagen, ihn daran zu hindern!
    »Messèr Donato, Messèr Donato!«, sprach ihn jemand leise an.
    Der Architekt sah von seiner Zeichnung auf. Vor ihm stand der Kammerdiener des Papstes, der mit der ganzen bewunderungswürdigen Zurückhaltung eines obersten Domestiken auf sich aufmerksam machte, nachdrücklich, aber nicht aufdringlich.
    »Ja, bitte?«
    »Seine Heiligkeit erwartet Euch nach dem Komplet in ihren Privatgemächern.«
    »Richte dem Heiligen Vater aus, es sei mir eine Ehre.«
    Kaum war er wieder allein, rief Bramante nach seinem Hausdiener. »Giorgio, elender Lumpenhund, wo steckst du schon wieder?« Als er sich rufend und fluchend umwandte, stand der Gesuchte seelenruhig vor ihm.
    »Sag doch, dass du hinter mir stehst! Elender Schleicher! Richte mir ein Bad, spare aber nicht mit Lavendel und Rosenblüten. Und ruf den Barbier. Das Kraut muss ab!« Mit Daumen und Zeigefinger umfasste er den Vollbart, der ihm in der Woche gewachsen war. Seit die Haare auf dem Kopf ausblieben, sprossen sie an Kinn und Wangen – und leider auch aus der Nase – nur umso williger.
    Eine Woche hatte Julius II. ihn warten lassen. Sicher, der Papst konnte sich nicht ausschließlich mit dem Bauprojekt beschäftigen, ihn plagten größere Sorgen. Auch hatte Bramante die Zeit gebraucht und gut genutzt. In diesen Tagen drehte Fortuna ihr Rad nur für ihn. Er wäre ein Narr gewesen, wenn er das nicht ausgenutzt hätte. Im Grunde war es ein Wunder, dachte Bramante, dass der alte Mann im Vatikan trotz all seiner politischen Projekte noch Zeit und Kraft fand, um sich um Kunst und Architektur zu kümmern. Doch der Heilige Vater war eben klug genug, um zu wissen, dass beides zusammengehörte: die Macht und die Architektur der Macht. Nicht nur die großen Feldherren, auch die Baumeister würden Rom wieder zur Welthauptstadt und zum neuen Jerusalem machen. Die einen nicht ohne die anderen.
    Bramante beschloss, nach dem Bad ein einfaches Abendessen zu sich zu nehmen und dann aufzubrechen. An diesem Tag sollte es entschieden werden. Seine Idee war fertig ausgearbeitet, überdies göttlich und einfach unwiderstehlich. Er wies seinen Diener an, zur Feier des Tages um Mitternacht ein ausgiebiges Festmahl zu richten und außer Musikern ein paar Damen dazuzuladen, von der Art, wie der Hausherr sie mochte. Zu dieser Stunde, schätzte er, würde er von der Audienz zurück sein. Sobald er Julius von seinem Projekt überzeugt hätte, woran er nicht zweifelte, wollte er nur noch feiern.
    Gott, wie lange hatte er sich nicht mehr in das warme Fell einer Frau gebohrt! Er und alt? Unfug! Bramante verstand nicht mehr, weshalb er die letzten Wochen in Trauer und Verzweiflung, Skepsis und Kraftlosigkeit zugebracht hatte. Als sei er verhext und ein anderer gewesen. Der Verlust Imperias hatte ihn tief getroffen, gut. Aber lag es nicht in der Ordnung der Welt, dass die Frauen kamen und gingen? Nichts hatte Bestand, nur der Wechsel. Immer neue Generationen würden sich in den gleichen ebenso lächerlichen wie Lust spendenden Verrenkungen ergehen.
    Nach dem Bad und dem Imbiss, bei dem er mehr trank als aß, zog er ein weißes Damasthemd über und eine rote, geschlitzte Hose, die den noblen schwarzen Unterstoff sehen ließ. Zum Schluss schlüpfte er in ein samtenes Wams in der Farbe der Hose. Ein mächtiger Federhut vollendete seinen Aufzug. In seiner beschwingten Stimmung, die auch auf den

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