Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
gelangt.
Ascanio schoss ein Gedanke durch den Kopf. Er musste unter allen Umständen verhindern, dass Lucrezia oder Antonio verlauten ließen, dass sie ihn kannten. Die Spanier hätten sie schon getötet, bevor er noch sein Schwert bewegen konnte.
»Ich kenne diese Leute nicht«, rief er laut. »Aber ich möchte sie gern kennenlernen.«
Er spürte, wie ihn Lucrezia und Antonio erstaunt ansahen.
»Aber …«, begann Antonio vollkommen verunsichert, wurde aber sofort barsch von seiner Frau unterbrochen, die Ascanio offensichtlich verstanden hatte. »Du wirst dich doch nicht diesem Unbekannten andienen! Meinst du, er ist besser als die hier?«
»Was soll das Geschwätz! Hier plündere ich. Sieh zu, dass du Fersengeld gibst!«, brüllte der Spanier. Während Eugenio und Baccio einen Schritt nach rechts machten, ging Ascanio auf den Söldner zu.
»Meinst du, dass hier nicht genug für uns alle zu holen ist?«, fragte er leutselig und lächelte den Spanier, der den Dolch auf Antonio gerichtet hielt, an, als wären sie die besten Freunde. Doch dann schlug er ihm, kaum dass er ausgesprochen hatte, mit seinem Schwert den Kopf ab, der dumpf auf dem Boden aufschlug, jedoch infolge des giebelartig spitz nach oben zulaufenden Helms im Kreise drehte und nicht wegrollte. Gleichzeitig hatten sich Eugenio und Baccio schützend vor Lucrezia und die Kinder gestellt, die jetzt zu wimmern begannen. Wütend spuckte einer der Spanier aus.
»Was soll das jetzt wieder? Meinst du, wir lassen dir das auch noch durchgehen?« Er hob sein Schwert, während ein anderer wegrannte, um Verstärkung zu holen. Noch stand es drei gegen drei. Ascanio wusste, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten. Bald würde es hier nur so von ihren Landsknechten wimmeln. Kurz entschlossen warf er sich auf den Spanier, der ihm am nächsten stand, packte ihn und warf ihn durch das geschlossene Fenster. Es knirschte und ächzte, dann gaben Rahmen und Scheiben nach und stürzten unter dem Druck des Körpers samt diesem auf das Pflaster vor dem Haus. Wie betäubt lag der Landsknecht da, bevor er erwachte und das Weite suchte. Nachdem sich die Situation so vollständig geändert hatte, suchten auch die beiden Plünderer, die noch im Saal standen, rasch das Weite.
Ascanio löste Antonios Fesseln und Baccio die der Kinder. Den Dreijährigen nahm er auf den Arm. Antonio hob seine jüngste Tochter hoch, die Lucrezia wie aus dem Gesicht geschnitten war.
»Kommt, wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte Ascanio und versuchte, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen. Antonio und er übernahmen die Führung. Es folgten Lucrezia, die Kinder, Eugenio und Baccio. Schnell hatten sie die Treppen passiert und entkamen in letzter Minute durch den Hintereingang, bevor die Verstärkung der Söldner ins Haus drang. Sie durchquerten den Garten, um schließlich durch ein kleines Tor hinten rechts in der Mauer die Gasse zu erreichen.
Um sie herum gab es nur Tod, Folter, Brandschatzung und Plünderung, aber niemanden, der dem Einhalt gebot. Vor einem Handwerkerhaus rief ein Spanier Ascanio zu, er solle ihm die Gefangenen überlassen. Aber Ascanio knurrte nur zurück, er möge sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Sie vermieden große Straßen und Plätze und kämpften sich durch kleine Gassen bis in den Norden der Stadt durch. Wo sie auch vorbeikamen, überall bot sich ihnen das gleiche Bild; fünfzigtausend Römer waren der Brutalität einer führerlosen Soldateska schutzlos ausgeliefert.
In der Abenddämmerung erreichten sie schließlich vollkommen erschöpft die Porta Flaminia, die auf die Straße nach Florenz führte. Unweit des Tores lagerten sie in der Ruine eines Handwerkerhauses. Ascanio riet allen, ein wenig auszuruhen und zu schlafen. Antonio wollte ihm danken, aber er wehrte ab. »Gönn dir auch etwas Ruhe, Antonio, wir müssen schon sehr bald weiter.«
Dann besprach er sich mit Eugenio und Baccio. Sie beschlossen, dass Eugenio versuchen sollte, ein Pferd und ein Fuhrwerk aufzutreiben. Falls er aber bis Mitternacht nicht zurückkehrte, würden sie ohne ihn und zu Fuß aufbrechen. Baccio sollte in der Zeit ein wenig Reiseproviant besorgen.
Ascanio warf einen verstohlenen Blick auf Lucrezia, die sich an Antonios Schulter lehnte und ihren jüngsten Sohn stillte, umgeben von ihren Kindern, die bis auf den Vierzehnjährigen erschöpft eingeschlafen waren. Der Anblick versetzte ihm einen Stich. Wie sehr beneidete er Antonio darum, eine Familie zu haben, eine
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