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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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schmücken, nämlich mit dem Jüngsten Gericht. Nach den Erfahrungen, die Clemens VII. persönlich bei dem Sacco di Roma gemacht hatte – erst als Belagerter in der Engelsburg, dann als Gefangener der Landsknechte, schließlich als Emigrant –, musste ihm der Furor der Söldner als wahres Jüngstes Gericht, als Bestrafung der Ewigen Stadt und des Stellvertreters Christi für ihre Sündhaftigkeit und ihren Hochmut vorgekommen sein. Nichts lag also näher, als den Künstler, der die Schöpfungsgeschichte an die Decke gebannt hatte, mit der Freskierung des Strafgerichts an der Altarwand zu beauftragen.
    Michelangelo schob diesen Auftrag unwillig vor sich her, denn er mochte sich dieser gewaltigen Anstrengung nicht mehr unterziehen – er war inzwischen fast sechzig Jahre alt. Anderseits konnte er den Auftrag des Papstes, der ihn in Gnade wiederaufgenommen hatte, nicht ablehnen. Also reiste der Künstler unschlüssig zwischen der Arnostadt und der Tibermetropole hin und her, bis der Tod des Papstes endlich Alessandro Farnese, der sich Paul III. nannte, mit der Tiara schmückte. Die Archiconfraternita hatte für den Kardinal Farnese geworben, besonders der Bischof Gian Pietro Caraffa und die zu den Zelanti gehörenden Kardinäle hatten schließlich die Entscheidung im Konklave bewirkt.
    Damit waren auch für Michelangelo die Würfel gefallen. In Florenz herrschten zum ersten Mal unbeschränkt die Medici, während der letzte Papst aus ihrer Familie verstorben und an seine Stelle ein Pontifex gerückt war, der Michelangelo heftig umwarb. Hinzu kam, dass sein Vater in diesem Jahr verstorben und damit das letzte Tau gekappt war, das ihn noch an die Stadt band. Fast befreit verließ er die Arnometropole, die eine schwärende Wunde in seinem Herzen blieb und in die er doch niemals mehr zurückkehren sollte. Und als ob sie das wusste, peinigte sie ihn, als er durch die Porta di San Pietro Gatolini ritt, wie eine liebende Mutter in einem letzten verzweifelten Versuch, ihn zu halten, mit den Bildern der Erinnerung an seine frühen Jahre. Er sah sich wieder an der Tafel Lorenzos des Prächtigen, als sie noch alle junge Burschen waren – Piero, Giovanni, Giuliano, der nachmalige Herzog von Nemours und der Liebenswürdigste von allen, sowie ihr Cousin Giulio. Keiner von ihnen war mehr am Leben, auch Ficino nicht, auch Poliziano nicht und auch nicht Landino, der ihn in Dantes »Göttliche Komödie« eingeführt hatte.
    Michelangelo zog mit Francesco wieder in den Macello dei Corvi und begann sogleich mit den Entwürfen, während seine Gehilfen die Gerüste in der Sixtina vor der Altarwand errichteten. Anfangs macht er sich widerwillig an die Ausführung, doch die Arbeit zog ihn allmählich mit sanfter, aber unwiderstehlicher Gewalt immer stärker in ihren Bann. In einer Eruption aus Farben spie er seine Ratlosigkeit in die Welt. Im Mittelpunkt stand ein jugendlicher Christus, der eher an den heidnischen Apollon als an den christlichen Jesus erinnerte. So kraftvoll führte Michelangelo die Geste der Verdammung aus, die in ihrer halbkreisförmigen Bewegung alle Figuren in Aktivität versetzte, dass sich selbst Maria, die Gottesmutter, von ihrem Sohn abwandte, weil sie das Leid und den Schmerz der Verurteilten nicht mit ansehen konnte.
    All die Menschen, die Michelangelo malte – Gerechte und Sünder –, versuchten sich so schnell in den Himmel wie in eine sichere Burg zu flüchten, als nahe eine feindliche Streitmacht. Ja, wenn man sie nur ließe, konnten sie gerettet werden! Aber viele ließ man eben nicht. Teufel packten sie und schleppten sie in die Hölle. Und als ob das nicht an sich schon genügte, schlugen die Engel mit den Fäusten auf sie ein und traten mit ihren kräftigen Füßen nach ihnen, um ihnen unter Einsatz der rohesten Gewalt den Eintritt zu verwehren. Er war nicht Raffael, von seinen Engeln ging keine Sanftheit aus, weil er die Lieblichkeit nicht kannte, nur den Ausdruck der geschundenen Welt, wie er sich in der Bewegung der Körper und der wilden Kontraktion der Muskeln offenbarte.
    Wenn er in den späten Nachtstunden, vor Müdigkeit beinahe zusammenbrechend, sein Tagwerk betrachtete, erkannte er immer mehr, dass es Dante war, der ihm den Pinsel führte. Wie im Rausch malte sich Michelangelo die Bilder von der Seele, die ihn schreckten und bedrückten. Schmerz, Zorn und Angst überwogen, Freude gab es auch im Himmel nicht. Das ganze Bild handelte von Spannungen, Ruhe fand man nicht einmal im Paradies. Auch dort

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