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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Saltarella. Verliebt wie ein junges Mädchen strahlte sie ihn an. Sein Haupt mochte ergraut sein, aber Sprünge bekam er noch hin, um die ihn jeder junge Mann beneidete. Er legte seine Hände um ihre Hüften und hob sie hoch, drehte sie im Kreise und setzte sie wieder ab.
    »Nicht so wild, Antonio«, rief sie ganz außer Atem.
    »Wild?«, lachte er. »Wild? Noch bin ich zahm. Warte erst, bis ich wild werde!« Dann ließ er sich auf die Knie fallen. Unverzüglich bildete sich ein Kreis um sie. Antonio breitete die Arme aus. »Ich bin immer noch wild nach dieser jungen Frau dort. Es ist nur schade, dass ich sie nicht vom Fleck weg heiraten kann, da wir leider schon verheiratet sind.« Dann sprang er auf, vollführte zwei Sprünge. »He«, rief er den Männern zu. »Wollt ihr euch wohl um eure eigenen Frauen kümmern! Diese hier ist schon vergeben, und wer anderes denkt, bekommt meine Faust zu schmecken!«
    Alle lachten über Antonios Späße und tanzten weiter. Lucrezia dankte im Stillen Gott, bevor sie sich dem wilden Rhythmus der Musik hingab. Als sie wieder zu Antonio schaute, sank er erneut in die Knie.
    »Antonio, es reicht«, schalt sie ihn, denn allmählich begann er zu übertreiben. Aber er antwortete nicht, sondern schlug mit dem ganzen Körper auf. Kalt griff die Angst nach ihr. »Antonio! Hör auf mit diesen Scherzen!« Sie beugte sich zu ihm. Seine Augen starrten sie an. Die Freude über die Schönheit der Welt hatte sich in der Kälte des Todes erhalten und ihn besiegt, denn Antonio da Sangallo war im wahrsten Sinne des Wortes im Glück gestorben.
    »Hört auf und helft mir!«, schrie Lucrezia wie von Sinnen, als gäbe es noch ein Mittel, ihn wieder zurückzuholen, wenn man nur schnell handelte. Die Gäste hielten nach und nach im Tanzen inne, die Musik brach ab. Antonios ältester Sohn trug den toten Vater auf seinen Armen ins Haus.
    Lucrezia konnte es nicht fassen. Fast ihr ganzes Leben hatte sie mit ihm verbracht, in guten wie in schlechten Zeiten. Wie konnte er gehen und sie allein zurücklassen, der Verräter? Da drang ein hohes Krähen an ihr Ohr. Sie blickte in die Wiege. Da lag sie, ihre Enkelin Isabella.
    »Was ist mit dir? Beschwerst du dich, weil man dir zu wenig Beachtung schenkt?«, sagte Lucrezia in einer Mischung aus Missbilligung und Rührung. Die Welt hört nicht mit uns auf, dachte sie, sie geht mit jedem Kind, das geboren wird, weiter. Wenn wir wollen, dass die Welt besser wird, müssen wir es für die Kinder gut machen. Lucrezia nahm ihre Enkelin aus der Wiege und ging mit ihr ins Haus. Bartolomeo trat zu ihr.
    »So klein warst du auch mal«, sagte sie schluchzend und übergab die Kleine ihrer Mutter Esmeralda, weil sie spürte, dass ihre Knie nachgaben. Sie sank auf einen Stuhl und versuchte sich zu fassen. Sie hatte Angst davor, das Zimmer zu betreten, in dem man Antonio aufgebahrt hatte. Das Leben bestand aus Endgültigkeiten, an denen man vorbeiging. Es gab keinen Weg zurück. Jemand bot ihr seinen Arm. Sie schaute nicht, wer es war, sondern begab sich in ihr Zimmer und zog sich um. Schwarz gekleidet und mit einem dunklen Schleier vor dem Gesicht, nahm sie Abschied von ihrem Mann.
    Sie war nun eine Witwe.
    Zwei Monate später zog sie nach Florenz, in die Nähe des Tores von San Gallo, wo die Familie da Sangallo ihren Ausgang genommen hatte, zu ihrem zweitältesten Sohn, der in der Arnostadt ein erfolgreicher Architekt geworden war. Die Zeit ihrer Ehe mit Antonio, die Zeit in Rom lag hinter ihr. Nun würde sie die Jahre, die Gott ihr noch gewährte, in Florenz verbringen, der Stadt, die sie als Ort ihrer Witwenschaft erkoren hatte. Sie hätte es nicht ertragen, in Rom zu bleiben, das sich mit einem Schlage für sie zu einer einzigen, sie täglich verletzenden Ansammlung von Erinnerungen verwandelt hatte.
    Sie sollte ihren Mann zehn Jahre überleben, Rom sah sie nicht mehr wieder. Ihr Leichnam jedoch wurde in die Ewige Stadt überführt, um ihn neben Antonio beizusetzen.
    Rom, Anno Domini 1546, im Januar
    Der Winter hatte Rom im nasskalten Griff. Die Arbeiten auf der Baustelle beschränkten sich seit dem Tod des Baumeisters Antonio da Sangallo auf die Fortsetzung der verteilten Arbeiten. Neues wurde nicht in Angriff genommen. Gian Pietro Carafa hatte vergeblich versucht, Antonios jüngsten Sohn Bartolomeo als neuen leitenden Architekten der Fabbrica di San Pietro durchzusetzen.
    Michelangelo bekam von all den Vorgängen herzlich wenig mit, denn er lag schwer krank danieder und wurde

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