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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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das für atemberaubende Jahre, als wir nach Rom kamen und es Agostino gelang, vom Heiligen Vater das Monopol für den Alaunabbau zu erhalten.« Sie schlug sanft die Hände zusammen. »Und dabei beteten wir damals jeden Abend, dass es gelingen möge. Wir hatten unser ganzes Geld investiert und Schulden angehäuft, um alle an der Kurie, einschließlich des Papstes und Cesare Borgia, davon zu überzeugen, dass das Monopol bei uns in den besten Händen wäre. Und Gott hat es gut mit uns gemeint. Wir erhielten es, und von da an ging es immer bergauf. Beängstigend, immer nur bergauf. Es gibt keine größere Stadt, in der unser Bankhaus nicht eine Filiale unterhält, in Venedig, in Paris, in London, sogar in Konstantinopel. Es hieße Gott zu beleidigen, wenn ich klagen würde. Er hat mir ein gutes Leben und einen großartigen Mann geschenkt, grazie, Dio mio! «
    Bramante schaute zu Imperia und Agostino hinüber, die eine ausgelassene Gaillarde tanzten. Wie ungerecht, dachte er. Sie folgte seinen Blicken und fühlte wohl, was in ihm vorging.
    »Mein Mann hat mich nie betrogen, mich immer mit Liebe behandelt. Ich will, dass er glücklich ist.« Dann lächelte sie verschmitzt. »Ihr werdet es nicht glauben, Messèr Donato. Ich war es. Ich habe sie ihm doch ausgesucht. Ich wollte, dass es die Beste ist, die ihn trösten wird«, sagte sie in einem Ton, als würde sie ihm einen kleinen Streich beichten. »Darf ich Euch um einen Gefallen bitten, mein Freund?« Er nickte. »Leiht mir Euren Arm, und bringt mich zu meinen Gemächern. Ich spüre, dass die Krankheit wiederkommt, und ich möchte nicht, dass es jemandem auffällt.«
    Bramante erhob sich und reichte ihr nach einer sehr tiefen Verbeugung formvollendet wie ein Kavalier den Arm. Sie umfasste ihn und zog sich entschlossen hoch. An ihrem festen Griff erkannte er, dass sie Schmerzen hatte, die sie unter-drückte. Ihr Gesicht strahlte Freundlichkeit und Souveränität aus. Langsam, als ob sie tanzten, schritten sie zum Ausgang, der in die Küche und von dort zu einer kleinen Treppe führte, über die man das Obergeschoss erreichte. Dort lagen die Schlafräume der Familie. Unmöglich hätte sie sich von einem Diener bringen lassen können, das wäre aufgefallen.
    »Ich danke Euch, mein Freund.«
    »Es ist an mir, Euch zu danken, Madonna. Ihr seid die tapferste Frau, die ich kenne.«
    »Teurer Donato, Ihr müsst jetzt nicht feierlich werden, noch bin ich nicht tot.«
    Sie hatten den Saal verlassen und standen nun vor der kleinen, steilen Treppe. Margarita sah hinauf, und ihr Gesicht wurde immer mutloser.
    »Darf ich Euch auf den Arm nehmen?«, fragte Bramante.
    »Es wäre mir eine Ehre, von Euch auf den Arm genommen zu werden.«
    Er fasste beherzt zu und trug sie in die obere Etage. Wie leicht sie war, dachte er. Oben nahm sie ihre Kammerzofe in Empfang.
    »Ich danke Euch, cavaliere mio! «, flüsterte sie ihm zu.
    Bramante verbeugte sich und kehrte er in den Saal zurück. In seiner Brust tobten die Gefühle. Sie hatte ihrem Mann die Geliebte ausgesucht. Und solange sie lebte, würde Agostino die Angelegenheit diskret behandeln – falls Imperia ihn erhörte. Was für eine Frage!
    Er blickte sich suchend um, aber er sah beide nicht mehr. Da fühlte er, dass jemand leicht von hinten seinen Unterarm berührte, und wandte sich um.
    »Warte nicht auf mich«, sagte Imperia leise. Dann war sie verschwunden. Wie in einem Zaubermärchen oder verwandelt wie in den »Metamorphosen« des Ovid, nur dass nicht er, sondern Chigi in diesem Fall den Zeus gab. Selten hatte sich Bramante so einsam gefühlt. Zeilen aus einem Sonett kamen ihm in den Sinn, das er vor vielen Jahren in Mailand gedichtet hatte:
    »So trüg den Schiffer Nebel, der der Sterne
    Geleit ihm raubt auf See, wie mich getrogen
    Die Maske, die ihr Antlitz mir entzogen …«
    An den Anlass für seine poetische Regung konnte er sich nicht erinnern, doch nie hätte er geglaubt, dass sich die Zeilen für ihn in einer solch schmerzhaften Weise erfüllen sollten. Er trat auf die Straße hinaus.
    Von fern zeigte sich schmal wie ein Schlitz im Schmutzgrau des Dämmers ein Lichtstreif über Rom. Bramante hatte keine Hoffnung, dass die Sonne die Gespenster der Nacht vertreiben würde – im Gegenteil, der Verlust der Dunkelheit würde sie nur heftiger gegen ihn wüten lassen. Ruhelos, blicklos, ja auch ohne Gedanken rannte er durch die Straßen der tagenden Stadt.
    Ihm graute davor, nach Hause zu gehen, doch verspürte er auch wenig

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