Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
genoss, berichtete Chigi Imperia vom Fortgang der Umbauarbeiten an dem kleinen Palazzo, den er unweit des Tibers, zwischen Trastevere und dem Borgo gelegen, erworben hatte. »Ein junger Mann aus meiner Heimat, aus Siena, baut ihn für mich aus. Baldassare Peruzzi. Was sagst du dazu?«
»Ich kenne ihn.«
Er warf ihr einen misstrauischen Blick zu, bevor er die aufkeimende Eifersucht überspielte. »Du kennst ihn?«
Sie blitzte ihn an. »Ich habe dir gesagt, dass es keinen anderen Mann in meinem Leben mehr gibt. Ich halte mein Wort.« Dann fügte sie ruhiger hinzu: »Ja, Donato hat ihn mir einmal vorgestellt.« Sie nahm ihm den Kelch aus der Hand und trank. »Warum hast du nicht Donato beauftragt?«
Er erklärte ihr, dass Bramante genug zu tun habe und man auch jungen Talenten, zumal wenn es sich um Landsleute handele, eine Chance geben müsse.
Sie hatte ihn durchschaut, natürlich war er eifersüchtig, rasend eifersüchtig. Wenn Agostino Chigi eines nicht konnte auf der Welt, dann teilen, ganz gleich, worum es sich handelte. Imperias Fingerspitzen fuhren über seinen Nacken, dann drückte sie mit Daumen und Zeigefinger zu. Wohlig schloss er die Augen.
»Unterstütze Donatos Ideen zum Ausbau der Peterskirche.«
Er riss die Augen auf. Sein Instinkt riet ihm, wachsam zu sein, denn sie hatte ihn nicht gebeten, sondern eine Forderung aufgestellt.
»Ich habe dir versprochen, das Auskommen deiner Tochter zu sichern.«
Sie nickte. »Und dafür bin ich dir dankbar. Aber hilf Donato. Der Papst muss den Ausbau der ersten Kirche der Christenheit vorantreiben. Sie darf nicht zu klein ausfallen.«
»Warum?«
»Weil eine neue Zeit angebrochen ist, und die Peterskirche ist so eine Art Arche Noah. Sie muss seetüchtig sein, Agostino.«
Innerlich verneigte sich der Bankier vor der Klugheit der Kurtisane. Aber er schätzte es ohnehin, wenn eine Frau Verstand besaß. Seine Gemahlin hat ihm in allen Geschäften mit ihrem scharfen Urteilsvermögen beigestanden. Und so schön Imperia war, die Sinnlichkeit ihres Körpers hätte ihm kaum den Verstand geraubt, wenn sie nicht einen ebenso faszinierenden Geist besessen hätte.
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
»Herr, es ist Zeit«, rief sein Diener durch die geschlossene Tür. Bittend und auch ein wenig verzweifelt sah er Imperia an. Er wollte sie nur ungern verlassen.
»Geh, wir sind es deiner Frau schuldig.«
Über ihre Treffen hatten sie Diskretion vereinbart und vor allem, dass er weiterhin zu Hause schlief. Damit sie nicht die Zeit vergaßen, war der Diener angewiesen, zur festgesetzten Stunde anzuklopfen.
Chigi leerte den Kelch, dann zog er sich an.
»Hilf Donato, es wird sich für dich lohnen. Sankt Peter kann für uns alle eine Arche werden«, mahnte sie ihn.
Er eilte durch die römische Nacht zu seinem Haus auf die andere Seite des Tibers hinüber. Lange lag er wach und dachte darüber nach, was ihm Imperia über den Petersdom gesagt hatte. Er spürte, dass sie nicht alles gesagt hatte, was sie wusste. Er nahm sich vor, mit seiner Frau darüber zu reden. Über eine Frau befragt man am besten eine Frau. Doch dazu sollte es nicht kommen, denn eher als gedacht enthüllte ihm Imperia Bramantes ganzen Plan.
Chigi war kaum eingeschlafen, da vernahm er ein heftiges Pochen an der Haustür. Als er die Augen aufschlug, hörte das Hämmern auf und ein anderer Lärm, der an einen Überfall erinnerte, drang ins Haus. Ohne anzuklopfen, stürzte der Diener in sein Schlafzimmer.
»Herr, der Heilige Vater«, stammelte er aufgeregt.
Agostino Chigi richtete sich auf. »Was ist mit dem Papst?« Er konnte nicht glauben, was er vermutete.
»Er wartet in Eurem Kontor auf Euch!«
»Warum hast du ihn nicht in die salà grande geführt, du Schwachkopf?«
»Er hat darauf bestanden. Er sagte, er sei nicht zum Essen, sondern in Geschäften gekommen.«
Chigis Frau regte sich neben ihm. »Soll ich mitkommen?«
»Nein, schlaf, Liebes, schlaf dich gesund!« Er wusste, dass sie unheilbar erkrankt war, und sie wusste es, auch wusste er, dass sie wusste, dass er es wusste. Trotz der Dunkelheit spürte er ihr dankbares Lächeln, denn sie hatten sich geschworen, nie die Hoffnung aufzugeben. Wenn es einen Gott gab, dann war jederzeit ein Wunder möglich. Zärtlich küsste er ihr Ohrläppchen, dann stand er auf und kleidete sich an.
Mitten in Chigis Kontor saß Julius II. ungeduldig auf einem alten Lehnstuhl, dessen Lederbezug schon ein wenig abgeschabt wirkte. Für ein
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