Die Lady auf den Klippen
Blick an. „Ich habe Ihnen, glaube ich, noch nicht richtig dafür gedankt, dass Sie mich heute gerettet haben.“ Selbst ihre Stimme klang anders. Glücklicher.
Er wurde ernst. „Da gibt es nichts zu danken – und Sie haben es schon getan.“
„Es gibt allen Grund zu danken.“
Wieder sah er sie an. „Haben Sie etwa erwartet, dass ich Sie bewusstlos auf der Straße liegen lasse?“ Doch er wirkte fröhlich, als er das sagte.
Sie lachte. „Vielleicht sollte ich heimfahren und die Klatschbasen zurechtweisen.“
Er zögerte, dann lachte auch er. „Ja, Sie hätten den Mut und die Kühnheit, das zu tun.“
Blanche verstummte. Die Sandwiches waren vergessen. Noch nie hatte sie Sir Rex so lachen hören. Es klang herzlich und schön.
Dann verschwand sein Lächeln. „Ist mir ein zweiter Kopf gewachsen?“
Sie bemerkte, dass sie kaum zu atmen wagte. „Ich bin die am wenigsten mutige Frau auf der ganzen Welt.“
Sein Grübchen erschien wieder. „Sie unterschätzen sich. Aber Sie müssen mich nicht im ton verteidigen, Lady Blanche. Was man dort denkt, interessiert mich schon seit Langem nicht mehr.“
Aber Blanche interessierte es. Sie verachtete die bösen Klatschbasen. Und die erste, der sie ihre Meinung sagen würde, war ihre liebe Freundin Felicia.
Schweigen breitete sich aus, es lastete schwer auf ihnen. Schließlich meinte er: „Sie haben nichts angerührt.“
Sie aß das Sandwich auf. „Ich hatte noch nie großen Appetit.“
„Das ist offensichtlich. Reiten Sie?“
Diese Frage überraschte sie. „Ich reite ziemlich gut, wenn auch natürlich nicht so gut wie Sie.“
Auf seinem Gesicht erschien ein verführerisches Schmunzeln. „Dann kommen Sie morgen mit mir. Wir reiten über das Moor. Ich zeige Ihnen die Ruine eines normannischen Schlosses. Wenn wir zurückkehren“, fügte er hinzu, „werden Sie ausgehungert sein.“
Ihr wurde warm, und ihr Herz schlug schneller. Sie mochte diesen Mann. Sie mochte ihn sehr. Und sobald sie allein war, wollte sie an Bess schreiben und sie um Rat bitten. Wenn Bess einst geplant hatte, sie beide zusammenzubringen, dann würde sie das unter den gegebenen Umständen vielleicht immer noch für eine gute Idee halten.
„Sie starren mich an.“
Blanche errötete. „Sie müssen daran gewöhnt sein, dass die Frauen Sie anstarren.“
Als er nicht antwortete, sah Blanche auf – sein Blick ruhte ruhig und unerschütterlich auf ihr.
„Ist das ein Kompliment?“
„Natürlich ist es das!“ Glaubte er, sie wollte ihn beleidigen? Ihr kam der Gedanke, dass Fremde ihn vielleicht wegen seines Beines anstarrten. „Gewiss halten die Damen Sie für einen gut aussehenden Mann und starren Sie an. Ich weiß, dass Felicia Sie bewundert hat, und hörte, dass es auch anderen Damen so ging.“
„Wirklich.“
Sie war verunsichert. „Ich wollte Ihnen schmeicheln, Sir Rex.“
Er verzog den Mund. „Es ist mir egal, was die Damen des ton denken.“
„Die meisten Männer würden sich freuen …“, begann sie achselzuckend.
„Ich bin nicht wie die meisten Männer. Mich interessiert, was Sie denken. Was denken Sie?“
Ungläubig sah sie zu ihm auf. Fragte er sie jetzt, ob sie selbst ihn gut aussehend fand? Und sollte das der Fall sein, was konnte sie dann antworten?
Er ließ sie nicht aus den Augen, wobei ein Lächeln seine Lippen umspielte.
„Sie fischen nach Komplimenten, Sir Rex“, sagte sie nervös.
„Das stimmt.“ Er lehnte sich zurück. „Und das ist nicht sehr galant von mir, oder?“
„Nein, das ist es nicht.“
Er lächelte.
Sie lächelte zurück. Sie schienen eine neue Ebene erreicht zu haben. „Ich würde gern über das Moor reiten“, meinte sie leise. „Mit Ihnen.“
„Gut. Dann ist das beschlossen. Natürlich nur, wenn das Wetter es zulässt.“
Beide blickten zum Fenster und zum Himmel, der sich rasch verdunkelte. Blanche betete, dass es am nächsten Morgen sonnig sein würde. „Ich habe übrigens Ihre Nachbarn kennengelernt.“
Sein Lächeln verschwand.
„Oder vielmehr – ich habe Mrs Farrow kennengelernt, von Torrence Hall.“ Ihr Wohlgefühl verschwand. Seine Miene wirkte jetzt undurchdringlich. Schlimmer noch – er sagte nichts mehr.
„Sie ist eine sehr freundliche junge Dame. Wir haben uns nett unterhalten. Mir war nicht bewusst, dass Sie Nachbarn haben, die kaum eine halbe
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