Die Lady auf den Klippen
blutend.
Er darf nicht sterben.
Sie hörte, wie die Männer hinausliefen, ehe sie sich an einen Jungen wandte, der neben den Männern gestanden hatte. „Ich möchte, dass du so fest wie möglich auf diesen Stoff drückst, dann kann ich Sir Rex den Puls fühlen.“ Sie war sicher, gesehen zu haben, dass dessen Brust sich hob und senkte.
Der Junge fiel auf die Knie und übernahm es, die Wunde zuzuhalten.
Blanche beugte sich über Sir Rex’ Gesicht, spürte aber nicht seinen Atem. Sie zwang sich zu noch mehr Ruhe und legte eine Fingerspitze auf die Ader an seiner Kehle. Sofort spürte sie seinen Puls. Er war schwächer, als ihr lieb war, und gefährlich schnell. Aber sein Herz strengte sich sehr an, sein Blut zu pumpen, obwohl er doch so viel davon verloren hatte. Sie strich ihm über das Gesicht in der Hoffnung, ihn wissen zu lassen, dass sie da war und sich um ihn kümmerte. „Anne?“
„Ja, Mylady“, hauchte das Hausmädchen und trat vor. Sie war so weiß wie ein Bettlaken.
„Koch Wasser ab und hol Nadel und Faden. Dann brauche ich noch Seife, saubere Tücher und Whiskey. Viel davon.“
Blanche hörte, wie Anne davoneilte, als Meg sich schon mit sauberen Tüchern neben ihr hinkniete. Blanche sah zu den fünf Männern auf. „Was ist geschehen?“, fragte sie heiser.
Alle begannen gleichzeitig zu reden.
„Einer nach dem anderen“, bat sie.
„Er hat mit dem jungen Hengst gearbeitet, Mylady. Das Tier ist gewöhnlich ganz ruhig. Etwas muss es erschreckt haben – es ging so schnell. Der Hengst schlug aus, und Sir Rex konnte gerade noch ausweichen. Aber der Boden ist schlammig, und er fiel hin. Und das Pferd lief davon – ein Pferd trampelt niemals einen Menschen nieder, niemals, Mylady!“
„Verdammt!“, rief Blanche. „Wollen Sie damit sagen, dass er von einem Pferd überrannt worden ist?“
„Getreten“, rief der Pferdeknecht errötend. „Er wurde von einem Huf getroffen.“
Blanche spürte Mordgelüste. Sie rang um Ruhe und lächelte den verängstigten Jungen an. „Wie ist dein Name?“
„Jimmy“, flüsterte er.
„Ich übernehme jetzt. Kannst du Anne suchen gehen und ihr helfen, mir alles zu bringen, was ich brauche?“
Als er eifrig davonlief, hob sie den Saum ihres Unterrocks, der so rot war wie das Hemd von Sir Rex. Sie kämpfte gegen Angst und Verzweiflung an und betrachtete die Wunde. Egal, wie sie entstanden war, es war eine tiefe Wunde in der Brust, die viele Stiche benötigte. Sie war überzeugt, dass der Arzt nicht so bald kommen würde. Sie hatte auch Angst vor einer Infektion. Zweifellos war das Schmutz, was sie dort auf der Wunde sah.
Sie erinnerte sich daran, dass Sir Rex die Hälfte seines Beines in einem Militärhospital in Spanien abgenommen worden war. Er würde einen Tritt überleben – vorausgesetzt, es war wirklich nur ein Tritt gewesen, und er war nicht niedergetrampelt worden.
Er stöhnte.
Mitleid erfüllte sie. „Bitte bringen Sie ihn vorsichtig nach oben.“ Es ließ sich nicht vermeiden, ihn zu bewegen. Er musste ins Bett, und sie musste ihn sofort versorgen. Als vier Männer ihn anhoben, stöhnte er wieder, und ihr traten Tränen in die Augen. Wütend wischte sie sie fort. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um die Fähigkeit zu weinen neu zu entdecken. Verdammt, dachte sie, zornig auf sich selbst. Sir Rex brauchte sie.
„Er ist ein großer, starker Mann, Mylady“, flüsterte Meg. „Er wird sich erholen.“
„Er hat so viel Blut verloren“, sagte Blanche. Dann holte sie tief Luft und fügte energisch hinzu: „Koch auch meine Pinzette aus, für den Fall, dass Schmutz in die Wunde gelangt ist.“ Sie umfasste die Schultern der Zofe. „Ich verlasse mich auf dich, Meg. Hast du einen starken Magen?“
Meg zögerte. „Ich werde mein Bestes tun.“
„Gut. Jetzt brauche ich den Whiskey, Seife und Wasser – und zwar sofort.“ Blanche zog ihre Röcke hoch bis zu den Knien und rannte die Treppe hinauf.
Sir Rex war in sein Bett gelegt worden. Sie nahm sich keine Zeit, um sich in dem Schlafzimmer umzusehen, aber sie sah eine Flasche Brandy auf dem Nachttisch stehen. Sie griff danach, setzte sich hin und nahm das Leinen weg. Mehr Blut floss aus der Wunde. „Halten Sie ihn fest“, sagte sie.
Als die vier Männer ihrem Befehl nachgekommen waren, goss sie den Brandy aus.
Er schrie auf, riss die Augen auf und wehrte sich mit aller Kraft, die
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