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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Sir Rex. Aber mir war nicht bewusst, dass es immer noch da ist. Ich bin nicht mehr in Ohnmacht gefallen, seit ich neun Jahre alt war.“
      Er wurde aufmerksam. Was war hier los?
      Verunsichert sah sie ihn an. „Sie werden mich für verrückt halten.“
      „Ich weiß, dass Sie nicht verrückt sind.“ Er hatte nicht die geringste Vorstellung, was sie zu erzählen hatte.
      „Ich mag keine Menschenmengen, weil meine Mutter in einer solchen Menge starb, als ich sechs Jahre alt war.“
      „Das habe ich nicht gewusst.“ Er setzte sich auf. „Es tut mir leid.“
      „Ein Ball macht mir nichts aus – alle sind so freundlich dort.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Ich war bei ihr. Es war am Wahltag.“
      Er war überrascht – und entsetzt. Denn Wahltage waren oft voller Gewalt und Unruhe. Sie boten einen Grund für die Zornigen, sich zusammenzurotten und jene anzugreifen, denen es besser ging. Am Wahltag verriegelte man in Harmon House, dem Londoner Stadthaus der Familie de Warenne, die Fenster, so wie es auch die Nachbarn taten. An Wahltagen konnten Unschuldige verprügelt, zu Tode getrampelt oder aufgehängt werden. Und der Mob unterschied nicht zwischen jenen aus den eigenen Reihen und den Reichen und Privilegierten. Oft waren ihre Opfer auch unter den Ärmsten zu finden.
      Blanche lächelte traurig. „Natürlich erinnere ich mich nicht daran. Ich erinnere mich an überhaupt nichts von jenem Tag oder dem Ereignis.“
      „Es ist ein Segen, dass Sie den Tod Ihrer Mutter nicht mehr gegenwärtig haben.“
      Plötzlich sah sie ihm direkt in die Augen. „Als ich dreizehn Jahre alt wurde, fragte ich Vater nach der Wahrheit. Er sagte, meine Mutter stürzte, fiel hin und verletzte sich dabei so schwer am Kopf, dass sie sofort starb.“ Sie zuckte die Achseln. „An dem Tag gab es viele Unruhen, das weiß ich.“
      Ihm war sofort klar, dass ihr Vater sie belogen hatte. Er wusste, dass auch Blanche sich dessen bewusst war. Er beugte sich vor und griff nach ihrer Hand. Das war kühn und ungehörig, aber verdammt, es war ihm egal.
      Aus großen Augen sah sie ihn an, als er ihre Hand nahm. „Was tun Sie da?“
      Er lächelte. „Ich wünschte, ich hätte darum gewusst. Aber dass Sie keine Menschenmengen mögen, ist verständlich.“ Er sprach leichthin. „Lassen Sie die Vergangenheit ruhen, denn Sie können nichts daran ändern. Und haben Sie keine Angst vor den Minenarbeitern, Blanche. Es sind gute, respektable Männer. Ich schwöre es. Sie wollen weder Ihnen noch mir oder sonst irgendjemandem schaden.“
      Endlich lächelte sie.
      Ernsthaft fügte er hinzu: „Ich würde nie zulassen, dass jemand Ihnen ein Leid antut.“
      Ihre Blicke begegneten sich.
      „Ich glaube Ihnen“, sagte sie leise.
      Er spürte, dass sich zwischen ihnen etwas verändert hatte. Sie hatte ihm sehr Persönliches aus ihrem Leben gestanden und ihm erlaubt, einen Blick auf etwas zu erhaschen, das nur wenige wussten, so wie er es in der vergangenen Nacht und an dem Nachmittag ihrer Ankunft getan hatte. Ein neues, ein anderes Band war zwischen ihnen gewachsen, und jetzt wurde es spürbar. Es war nicht nur ein Band des Respekts, der Bewunderung oder der Freundschaft. Und er war sicher, dass sie ihn als Mann sah, so wie er sie als Frau sah.
      Daraus konnte nichts Gutes werden.
      Er ließ ihre Hand los.
      
    Blanche war erleichtert, als Meg endlich ging, denn Sir Rex hatte ihr von der Ohnmacht erzählt, und die Zofe war ständig um sie herum. Allein, mit einem Feuer, das ihr Zimmer wärmte, ging sie zum Fenster und blickte aufs Meer hinaus. Der Himmel war dunkel und schwer, und sie war sicher, dass es bald regnen würde.
      Sie fühlte sich unbehaglich. Inzwischen war sie nicht mehr sicher, ob es richtig gewesen war, Sir Rex von dem Aufstand zu erzählen, der ihrer Mutter das Leben geraubt hatte, aber er hatte sie nicht für ein hysterisches Frauenzimmer halten sollen. Seine Bewunderung war ihr wichtig geworden. Und warum war sie in Ohnmacht gefallen? Das war ihr doch nicht mehr passiert, seit sie neun Jahre alt gewesen war? Hatte sie wirklich das Gefühl gehabt, sich an den Aufstand damals erinnern zu können, wenn sie sich nur genügend anstrengte?
      Der Zwischenfall in der Kirche verwirrte sie zutiefst. Wieso war sie so in Panik geraten? Und einen Moment lang, kurz bevor ihr die Sinne schwanden, hatte sie tatsächlich die Forken vor sich gesehen.
      Sie wollte sich an nichts

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