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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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erinnern von jenem Tag, an dem ihre Mutter gestorben war. Wenn der Mob tatsächlich Forken geschwenkt hatte, dann wollte sie das nicht wissen. Die Ungeheuer, die in den Tiefen ihres Verstandes wohnten, sollten für immer dort bleiben. Sie verstand nicht, warum sie derart die Fassung verloren hatte, in Panik geraten und in Ohnmacht gefallen war. Aber jetzt hatte sie wieder alles unter Kontrolle.
      Und Sir Rex schien wegen dieser dummen Episode nicht schlechter von ihr zu denken. Sie war immer stolz gewesen auf ihr vornehm-zurückhaltendes Wesen. Deshalb würde es ihr gar nicht gefallen, wenn er sie für hysterisch oder frivol halten würde.
      Die schwarzen Klippen, feucht und glänzend, erhoben sich in beachtliche Höhen, während die Schaumkronen der Wellen an den Strand schlugen, über den tiefen, gefährlichen Strömungen. In gewisser Weise gehört Sir Rex hierher, dachte sie. Er war so machtvoll wie der Ozean, so stark wie die Felsen, und in seinem Charakter lauerten dieselben Tiefen. Wer hätte gedacht, dass er so sanft und fürsorglich sein könnte?
      So viel ist geschehen, seit ich vorgestern hier angekommen bin, überlegte sie. Ihr Herz fühlte sich nicht mehr so glatt und kühl wie Glas an, es stockte und hüpfte im nächsten Moment vor Erwartung, Verwirrung, Furcht, Ärger und auch Glück und Verlangen. Blanche lächelte und schlang die Arme um ihre Taille. Es war ein wenig beängstigend, so aus dem Gleichgewicht gebracht worden zu sein, so viele verschiedene Gefühle zu erleben, aber sie wollte nicht an den sicheren Ort zurückkehren, an dem sie sich gewöhnlich aufzuhalten pflegte. Ihr war nicht einmal genau klar, wie dieses Wunder hatte geschehen können, doch allmählich glaubte sie, dass sie dieses Wunder Sir Rex verdankte.
      Es klopfte.
      Blanche wusste sofort, wer es war. Lächelnd drehte sie sich um. „Bitte kommen Sie herein.“
      Sir Rex blieb an der Türschwelle stehen, als Meg mit einem silbernen Tablett eintrat. Sie sahen einander an, und er lächelte. Trotzdem entdeckte sie Besorgnis in seinem Blick.
      „Ich habe gehört, dass Sie nur eine einzige Scheibe Toast zum Frühstück gegessen haben. Anne hat ein paar Erfrischungen zusammengestellt. Wenn Sie etwas gegessen haben, werden Sie sich besser fühlen.“
      Sie lächelte ihn an, und ihr Herz fühlte sich dabei so leicht an, dass es sie nicht gewundert hätte, wenn es aus ihrer Brust heraus und zur Decke geschwebt wäre, wie ein Ballon. „Ich bin kein kleines Kind, das zum Essen überredet werden müsste.“ Aber in der Kutsche hatte er ihre Hand gehalten, als wäre sie genau das.
      Und seltsamerweise gab ihr die Erinnerung daran das Gefühl, jünger zu sein, als sie es tatsächlich war.
      Nachdem Meg das Tablett auf den Tisch neben den Sessel gestellt hatte, lächelte er Blanche an und zeigte dabei ein Grübchen. „Sie sind kein kleines Kind, aber Sie essen wie ein Vögelchen – wie ein Spatz.“ Sein Lächeln verschwand. „Lady Blanche, ich mache mir Sorgen um Sie. Bitte tun Sie etwas dagegen.“
      „Leisten Sie mir Gesellschaft?“, fragte sie und zog eine Braue hoch, in der Hoffnung, er würde die Einladung annehmen.
      Er erschrak – und sah dann langsam zur Seite.
      Blanche fühlte, wie ihr Puls raste. Sie war niemals kokett gewesen, noch nie in ihrem Leben. Aber diese Einladung war einfach so über ihre Lippen gekommen. Vielleicht, weil sie sich so sehr nach seiner Gesellschaft sehnte. Dann hörte sie, wie ein Stuhl über den Boden gezogen wurde, und sie sah, wie sich Sir Rex den Stuhl des Schreibtischs neben den Sessel zog.
      „Natürlich“, murmelte er. „Niemand will allein essen.“ Er deutete auf den Sessel.
      Jetzt schlug ihr Herz wir rasend. Er aß allein. Immer. Zumindest während der letzten zehn Jahre. Sie nahm in dem Sessel Platz, dankte Meg für das Essen, während Sir Rex sich auf dem Stuhl niederließ. Als sie versonnen an einem Gurkensandwich knabberte, dachte sie daran, wie sie vor ein paar Stunden in seinen Armen gelegen hatte. In der vergangenen Nacht war seine Umarmung fest und beinahe beängstigend männlich gewesen. Heute dagegen unglaublich sanft. Er war ein so guter Mann und verdiente so viel mehr als das Leben, das er jetzt führte. Er verdiente es nicht, allein zu sein.
      Aber das würde sie jetzt ändern – in gewisser Weise wenigstens. Noch nie war ihr etwas so klar gewesen.
      Sie bemerkte, dass er sie beobachtete und sah ihn mit aufrichtigem

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