Die Lady in Weiß
lächelte zufrieden. „Heute Nachmittag haben Sie meine Mädchen getroffen, nicht wahr? Die beiden haben keinen
Grund zur Klage.“
Caro zuckte die Schultern und schlug die Knie übereinander, sodass die Seide verführerisch über ihre langen Beine glitt. Hamil konnte den Blick nicht von ihr abwenden. „Es sind reizende Mädchen, aber sie haben noch nichts von der Welt gesehen und können noch keine Vergleiche ziehen.“ Sein Lächeln verschwand. „Aber Sie haben doch sicher viel gesehen, Mylady?“
„Ich bin kein Kind mehr, Hamil Al-Ameer.“ Sie strich die Seide über ihren Schenkeln glatt und hoffte, dass ihre Worte für Hamil überzeugender klangen als für sie selbst. „Ich dachte, das hätten Sie inzwischen selbst bemerkt.“
Hamil antwortete nicht. Das war auch nicht nötig. Der Ausdruck in seinen Augen war deutlich genug. Er sah sie an wie ein hungriger Wolf seine Beute, und Caro fühlte sich wie ein unschuldiges Lamm, das darauf wartete, verschlungen zu werden. Nein, noch schlimmer. Sie fühlte sich wieder wie ein dreizehnjähriges Kind.
„Nein, Caroline, nein!“, rief ihre Mutter wütend und gab ihr eine Ohrfeige, während ihr Freund, der ehemalige Schauspieler, der sich Sir Harry nannte, die Gelegenheit nutzte, um Caro noch einmal zu tätscheln. „Du darfst nicht zusammenzucken, wenn der Gentleman dich anfasst! Der Gentleman hat etwas, das du haben willst - sein Geld -, und dafür musst du ihm geben, was er begehrt, und das ist dein Körper. Verstehst du das?“
„Aber Mama ..."
Ihre Mutter schlug sie noch einmal, diesmal härter. „ Verstehst du das, Tochter?“
Sie presste die Hand auf die Wange und versuchte, die Tränen zurückzudrängen, die ihr noch einen Schlag einbringen würden. „Ja, Mama“, flüsterte sie unglücklich, „ich habe verstanden. “
Plötzlich stieß Caro ihren Stuhl zurück und trat ans Fenster. Sie wandte Hamil den Rücken zu und versuchte, ihre Fassung wiederzugewinnen. Sie war nicht mehr dreizehn, und sie war ihrer Mutter keine Rechenschaft mehr schuldig.
Ruhig bleiben, sagte sie zu sich selbst und atmete den Duft der Orangenblüten, der von unten aus dem Garten zu ihr drang, tief ein. Hamil darf von deiner Aufregung und deiner
Angst nichts merken. Sei huldvoll und vornehm. Sei Lady Caroline Moncrief, Countess of Byfield, denn das bist du wirklich.
„Es ist ein weiter Weg von Edinburgh hierher“, sagte sie, um von sich selbst abzulenken. Er sollte von sich erzählen. Welcher Mann tat das nicht gern? „Warum sind Sie dort weggegangen?“
Er antwortete nicht gleich, und als sie sich umdrehte, stellte sie fest, dass er kaum einen Schritt hinter ihr stand. Wie hatte er sich so leise bewegen können?
„Was sollte mich in Schottland halten?“, fragte er mit einer Bitterkeit, die Caro nicht erwartet hatte. „Was hätte dort aus mir werden sollen? Ein Fischer, so wie mein Vater, der sich Tag für Tag für nichts abquält, ein kleiner Mann, der Angst hat, dass ihn ein englischer Anwerbetrupp wieder zwingt, gegen die Franzosen zu kämpfen?“
„Sie kämpfen lieber gegen Ihre eigenen Landsleute?“
„Ja.“ Sein Gesichtsausdruck blieb kalt, gnadenlos, und Caro musste ihre ganze Kraft aufbringen, um nicht vor ihm zurückzuweichen. Sie bemerkte, dass er sogar jetzt seinen Säbel trug, und außerdem steckte ein Dolch in seiner Schärpe. Hatte er mit dieser Waffe Jeremiah verwundet? Wie viele andere waren wohl schon durch diese Klinge gestorben? Vielleicht sogar der arme Frederick.
„Ich töte alle, die mich töten wollen, Mylady“, sagte er, „und nehme die gefangen, die mein Herr, der Pascha, haben will. Zehn Jahre habe ich in König Georges Marine gedient, und ich habe mein Handwerk beherrscht. Lohn gab es nicht dafür. “
„Nicht? Ich dachte, bei einer Prise bekommt auch der kleinste Schiffsjunge seinen Teil ab.“
„Eine Handvoll Münzen für die Matrosen, Mylady. Und die Offiziere brauchten Wagen, um ihr Gold wegzuschaffen.“ Er schnaufte verächtlich. „Euer König legt Wert darauf, dass ein armer Schotte für ihn kämpft. Aber ohne einen guten englischen Namen oder wenigstens gute Beziehungen gab es für einen wie mich keine Aufstiegsmöglichkeiten. Der Pascha beurteilt einen Mann nach dem, was er kann. Hier habe ich Macht, Geld, meine hübschen kleinen Frauen und meine Söhne, und ich bin nur dem Pascha allein verantwortlich.“ „Sicher ist der Pascha froh, dass Sie auf seiner Seite kämp-fen und nicht gegen ihn.“ Sie wandte sich
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