Die Lady in Weiß
gedankenverloren über den Griff seines Säbels strich. „Denn wenn Sie es nicht tun, wird es schwer für Sie werden. Sehr schwer.“
Ohne sie aus den Augen zu lassen, zog er den Dolch aus der Schärpe und wirbelte ihn mit einer einzigen eleganten Bewegung über den Handrücken.
„Und wenn Sie sich nicht sehr viel Mühe geben, Mylady“, fuhr er fort, und seine Augen glitzerten in freudiger Erwartung, „dann wird Sparhawk mein Missfallen zu spüren bekommen.“
„Sie haben Wort gehalten, Mylady“, sagte Bella am nächsten Morgen, als sie sich unter der Palme bei der Zisterne trafen. „Sie haben in der vergangenen Nacht nicht bei Hamil gelegen.“
Caro erstarrte und fragte sich, woher die junge Frau das wissen konnte. Bella rekelte sich in den Kissen auf der Bank und lächelte weise.
„Als er von Ihnen wegging, kam er zu mir“, sagte sie träumerisch, „und er ist erst im Morgengrauen gegangen. Er war so leidenschaftlich, dass ich wusste, er konnte vorher bei keiner anderen Frau gewesen sein. Countess hin oder her, in der vergangenen Nacht wollte er nur seine Bella.“
Sie setzte sich auf und beugte sich ein Stück weit zu Caro hinüber. „Sie haben Ihr Versprechen gehalten, und jetzt wird es Zeit für Leilah und mich, unseres einzulösen und Ihren Gemahl zu befreien.“
Caro holte tief Luft. Es stand viel für sie auf dem Spiel. „Meinen Gemahl, und außerdem noch zwei Amerikaner.“ „Drei Männer?“ Bella senkte den Kopf. „Die Vereinbarung galt nur für Ihren Gemahl.“
„In der letzten Nacht wollte Hamil mich lieben“, entgegnete Caro gleichmütig. „Ich habe Ihn weggeschickt. Aber er ist so fasziniert, dass ein Wort von mir genügen würde, damit er in mein Zimmer kommt.“
„Die Amerikaner erschweren die Sache erheblich“, sagte
Bella widerstrebend. Sie nahm eines der Polster und drückte es an sich. „Es ist Krieg. Die amerikanischen Gefangenen, die von dem Kriegsschiff im Hafen kommen, sind widerspenstig und bösartig, ein Fluch für den Pascha und seine Männer.“
Caros Gesicht blieb ausdruckslos. „Ich weiß nicht, wie lange ich Hamil noch hinhalten kann. Er ist es nicht gewohnt, abgewiesen zu werden.“
„Das ist wahr.“ Bella seufzte und schmiegte die Wange auf das Kissen in ihren Armen. „Dann nennen Sie mir die drei Namen. Ich werde sehen, was ich tun kann.“
Jeremiah stolperte, und wieder fühlte er den Schlag eines Knüppels gegen seine Rippen, der ihn vorantreiben sollte. Der Mann hinter ihm lachte spöttisch. Noch ehe Hamils Boot außer Sicht gewesen war, hatten seine Männer schon Jeremiahs Schuhe gestohlen und jeden Fetzen seiner Kleidung bis auf die Hosen. Vielleicht hatte man es ihnen befohlen, Jeremiah traute Hamil alles zu. Doch sogar diese diebischen Bastarde waren vor der Narbe auf seinem Körper erschrocken. Sie hatten mit ihren schmutzigen Fingern daraufgezeigt und miteinander geflüstert. Vielleicht erinnerten sie sich daran, wie er sie bekommen hatte.
Jeremiah stolperte wieder und fluchte über seine eigene Hilflosigkeit. Es war schon schwer genug, barfuß durch die heißen, schmutzigen Straßen von Tripolis zu laufen, wenn die schwere Eisenkette bei jedem Schritt an seinen Beinen zerrte und seine Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren. Noch schlimmer aber war es, mit verbundenen Augen laufen zu müssen, wie ein Tier an einem Strick geführt und von jedem, der vorbeikam und die Lust dazu verspürte, angespuckt und beschimpft zu werden.
Wohin mögen sie mich wohl bringen? fragte er sich und verwünschte seine Unwissenheit. Ein wenig tröstete ihn das Tuch über seinen Augen, denn das bedeutete, dass sie ihn für gefährlich genug hielten, um ihre Pläne vor ihm zu verbergen. Wenn sie ihn für die Steinbrüche vorgesehen hätten, wo so mancher Gefangener sein Leben beschloss, hätten sie sich diese Mühe nicht gemacht.
Das Beste, worauf er hoffen durfte, war, dass sie ihn ins Gefängnis zu den anderen Amerikanern von der Philadel-phia brachten. Dort würde man ihn besser behandeln, als wenn er allein wäre, und es wäre ein Trost, unter Leuten zu sein, die seine Sprache verstanden. Vielleicht könnte er im Gefängnis auch etwas über David erfahren. Jeremiahs größte Hoffnung war, David gesund und wohlbehalten wiederzufinden. Gemeinsam, das wusste er genau, könnten sie fliehen und Caro aus den Fängen von Hamil Al-Ameer befreien.
Caro. Er dachte an ihr Lächeln, ihr Lachen, daran, wie sie immer darauf vertraut hatte, dass sich durch ihn
Weitere Kostenlose Bücher