Die Lady in Weiß
Welcher andere Mann würde seinen Gemahlinnen so viel Liebe, so viel Hingabe entgegenbringen?“ „Jetzt sehe ich, dass Tomaso recht hatte“, sagte Hamil zufrieden. „Sie sind tatsächlich von Adel, genau, wie er es mir geschworen hat.“
Am anderen Ende der Tafel saß Caro und lächelte schwach. Es war eine Sache, Bella und Leilah zu versprechen, ihren Gemahl in Ruhe zu lassen, aber eine andere, mit Hamil allein zu sein. Seit sie das Zimmer betreten hatte, hatte er sie nicht aus den Augen gelassen, und Caro erkannte, dass sein begehrlicher Blick nichts mit den Bergen von Essen zu tun hatte, die sich zwischen ihnen auftürmten. Unter einem großen, gerahmten Glasfenster war ein Durchgang, und Caro konnte dahinter ein Podest mit einer Matratze sehen, ähnlich wie ihr eigenes Bett, nur noch größer, breiter und mit noch mehr seidenen Kissen. Es sollte einladend wirken, doch Caro war fest entschlossen, diese Einladung abzulehnen.
„Eine englische Countess, aus einer der besten englischen Familien“, fuhr Hamil genüsslich fort. „Niemand, der Sie heute Abend hier sieht, kann daran noch zweifeln.“
Sie fragte sich unbehaglich, was er wohl sagen würde, wenn er ihre wahre Herkunft erfuhr, hatte jedoch nicht die Absicht, ihn darüber aufzuklären. „Vielleicht sehe ich wie eine Countess aus“, sagte sie, „aber wohl kaum wie eine Engländerin. Nicht in diesem Kleid.“
„Entspricht diese Kleidung nicht Ihrem Rang?“, fragte er, halb beleidigt und halb besorgt. „Sind Sie in London prächtiger gekleidet?“
„Nicht prächtiger, das nicht“, sagte sie schnell. Sie wollte ihn nicht verärgern. „Es gibt nur wenige Frauen an den Höfen Europas, die so elegante Gewänder tragen. Vielleicht nur General Bonapartes Frau Josephine.“
„Das ist gut. Der General ist ein großer Mann.“ Hamil selbst war an diesem Abend noch sorgfältiger gekleidet als gewöhnlich. Er trug eine Weste, so reichlich mit Gold bestickt, dass die Seide darunter nicht mehr zu sehen war. Zu Caros Überraschung trug er keinen Turban, und im Gegensatz zu den üblichen Gepflogenheiten in Tripolis hatte er sich auch nicht den Kopf rasiert. Rotgoldene Locken umrahmten seine Stirn wie bei einem Engel. Der Gegensatz zu den grausamen Gesichtszügen darunter hätte kaum größer sein können. Caro dachte an den armen Lehrer und schauderte.
„Und Ihre Gemächer, Mylady? Fühlen Sie sich dort wohl?“ „Mein Zimmer ist prächtig, vielen Dank. Genau wie dieses Essen.“ Der Tisch war mit europäischem Silber und Porzellan gedeckt - ohne Zweifel Beutegut -, doch es gab kein Besteck. Hamil aß nach orientalischer Sitte mit einer Hand und schob sich das Essen mit den Fingern in den Mund. So viel, dachte Caro unglücklich, zu dem Versuch, ein Messer zu stehlen.
Hamil räusperte sich. „Ihr Freund Sparhawk würde viel darum geben, heute Nacht solch ein Zimmer zu haben.“
„Wo ist er?“, fragte sie schnell. „Ist er noch an Bord Ihres Schiffes?“
„Auf meinem Schiff?“ Er leckte das Hammelfett von seinem Daumen, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. „Der Laderaum war ein Palast, verglichen mit dem Ort, an dem er jetzt ist.“
„Sie haben ihn in die Steinbrüche geschickt?“
„Ich sagte Ihnen bereits, Mylady, Sie sollten nicht Ihre Zeit damit verschwenden, an einen Feigling wie ihn zu denken“, erwiderte er leichthin und warf den Hammelknochen auf den Boden. „Sie sind eine Lady. Sie verdienen etwas Besseres.“ Obwohl Caro verzweifelt auf weitere Neuigkeiten von Jeremiah hoffte, erkannte sie doch, dass Hamil ihr nicht mehr erzählen würde, jedenfalls nicht jetzt. Er spielte mit ihr und unterzog sie einer Prüfung. Wenn sie jemals etwas von ihm erfahren wollte, musste sie dasselbe mit ihm tun.
Doch während Hamil sie mit Nachrichten von Jeremiah herausfordern konnte, hatte sie nur sich selbst zu bieten. Wenn sie etwas erreichen wollte, musste sie darauf achten, für ihn jederzeit die hochwohlgeborene Countess zu bleiben, für die er sie hielt. Wenn sie nur einen Moment versagte, würde er das Interesse an ihr verlieren. Sie wäre nur noch eine weitere weibliche Gefangene, kaum besser als eine Sklavin, und es würde keine Hoffnung für sie geben. Und schon gar nicht für Frederick und Jeremiah.
Oh ja, dachte sie grimmig, der Einsatz war hoch, und es war das gefährlichste Spiel, das sie jemals gespielt hatte.
„Sie meinen also, ich verdiene etwas Besseres“, sagte sie langsam. „Meinen Sie damit sich selbst?“
Er
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