Die Lady in Weiß
mit schnellen Bewegungen ihr Haar kämmte, damit es schneller trocknete. Sie hatte in parfümiertem Wasser gebadet, der Schmutz der langen Reise war abgewaschen, und statt der einfachen Kleidung des neapolitanischen Dienstmädchens trug sie jetzt ein lockeres Gewand aus blaugestreifter Seide, das von einem goldenen Band gehalten wurde.
Doch statt sich bei Abidzus Aufmerksamkeiten zu entspannen, hatte Caro nur daran gedacht, was Hamil von ihr als Gegenleistung erwartete. Sie konnte nicht glauben, dass alle seine Gäste so zuvorkommend behandelt wurden, auch wenn er es behauptete. Als Abidzu ihr Haar fertig geflochten
hatte, wurde sie noch besorgter.
Vielleicht war dies ihr erster Schritt in die Freiheit. Zum ersten Mal musste sie sich ganz allein verteidigen. Hamils Männer hatten ihr zwar die Pistole weggenommen, die Jeremiah ihr gegeben hatte, aber sicher gab es beim Abendessen ein Messer, das sie bei passender Gelegenheit in ihrem Kleid verbergen konnte. Sie klammerte sich an die geschnitzten Lehnen ihres Stuhls, als sie daran dachte, wie begehrlich Hamil sie auf dem Schiff angesehen hatte.
„Abidzu“, sagte eine Frauenstimme in akzentuiertem Englisch, „lass uns allein.“
Caro drehte sich überrascht um; während Abidzu sich tief vor den beiden Schönen jungen Frauen verbeugte, die im Eingang standen, und eilig das Zimmer verließ. Die größere war beinahe so blond wie Caro selbst. Ihre dunklen Augen, die feurig blitzten, bildeten einen reizvollen Kontrast zu ihrem hellen Haar, und ihre üppige Figur war unter einem Gewand verborgen, das dem von Caro genau glich. Die andere hatte schwarzes, glänzendes Haar, das aufgesteckt war und von einem silbernen Band gehalten wurde, damit die Ohrringe besser zur Geltung kamen. Sie hatte die Hände anmutig über ihrem Bauch gefaltet, der die ersten Rundungen einer frühen Schwangerschaft zeigte, und sah Caro schüchtern mit großen Augen an. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.
Ohne den Blick von Caro abzuwenden, hob die Blonde die Hand, um sich das Haar zurückzustreichen, und ihre Armreife fielen klirrend zurück. „Sind Sie die englische Adlige, die heute mit Hamil Al-Ameer ankam?“
„Natürlich ist sie das, Bella“, flüsterte die andere so laut, dass Caro jedes Wort verstand. „Wer sollte sie sonst sein? Aber sieh sie dir an! Was hat Hamil sich dabei gedacht? Sie muss so alt sein wie meine Mutter! “
Langsam stand Caro auf und ging um den Stuhl herum, damit sie den Frauen gegenüberstehen konnte. Sie unterdrückte eine Erwiderung auf die Bemerkung über ihr Alter. Die beiden waren fast noch Kinder, und ihnen musste sie wie eine uralte Matrone erscheinen.
„Ich bin die Countess of Byfield, das ist richtig“, erklärte sie. „Und wer sind Sie?“
Die kleinere der Frauen seufzte. „Hat Hamil es Ihnen nicht gesagt?“
„Hamil ist ein vielbeschäftigter Mann, Leilah“, sagte Bella ungeduldig. „Er kann sich nicht um alles kümmern.“
„Aber Bella ...“
„Still! “ Bella straffte die Schultern wie ein Soldat vor dem Kampf und blickte Caro an. „Wir sind Hamil Al-Ameers Ehefrauen“, sagte sie. „Und wenn Sie seine Konkubine werden wollen, dann müssen Sie mit uns reden.“
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16. Kapitel
Seine Konkubine?“ Caro schüttelte ungläubig den Kopf und sah von einem der Mädchen zum anderen. Beinahe hätte sie gelacht, so absonderlich erschien ihr die Situation. „Ist es hier üblich, dass die Ehefrau - oder die Ehefrauen - die Mätresse ihres Mannes ausfragen?“
Leilah wurde rot und sah zu Boden, aber Bella wich Caros Blick nicht aus. „Sie werden nicht ausgefragt, Countess. Wenn Hamil Sie behalten will, dann ist das seine Entscheidung. “ „Glauben Sie mir“, erwiderte Caro trocken, „das wird Hamil nicht allein entscheiden. Und bitte, nennen Sie mich Caro. Sie heißen Bella?“
„Isabella, aber Hamil bevorzugt Bella. Dies ist Leilah. Und wir müssen ,Mylady“ zu Ihnen sagen, denn Hamil wünscht es so.“ Sie war entschlossen, sich nicht ablenken zu lassen. „Wir wollen Ihnen sagen, dass nur wir Ehefrauen und unsere Kinder voll erbberechtigt sind, wenn unser Gemahl eines Tages stirbt. Sie als Konkubine werden mit Ihren Kindern nur einen Anteil bekommen. “
„Obwohl es Ihnen natürlich noch lieber wäre, wenn Sie gar nicht mit mir teilen müssten.“ Caro seufzte. Ob in Portsmouth oder in Tripolis, stets schien sie im Mittelpunkt irgendwelcher Erbstreitigkeiten zu stehen. „Sie müssen sich keine
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