Die Lady in Weiß
sündhaft und schlecht, so feige und ehrlos sein wie Hamil selbst.
Verdammt, er konnte es nicht tun.
Nein, er würde es nicht tun. Fluchend löste er den Gürtel von Hamils Körper, schlang ihn um seine eigene Taille und schob den Dolch hinein. Der eigenartige Ausdruck in Caros Gesicht verwirrte ihn, und er küsste sie.
„Komm schon“, sagte er rau. „Sag mir, wohin wir jetzt gehen müssen.“
18. Kapitel
Mit seinem schwarzen Bart, dem geborgten Turban und der langen Tunika sah Jeremiah wie ein richtiger Orientale aus. Caro klatschte in die Hände und lachte.
„Du wirkst ziemlich finster“, sagte sie, während sie zu der Seitentür eilten, um Morad zu treffen. „Ich wette, nicht einmal Desiree würde dich jetzt erkennen.“
„Und dich auch nicht“, sagte er und sah zu, wie sie das dunkle Tuch fester um sich zog. „Wir sind anscheinend perfekt darin, uns zu verkleiden und für irgendjemand anders auszugeben. “
An der Tür wandte Caro sich um und umarmte Bella und Leilah ein letztes Mal. „Ich danke euch beiden für alles, was ihr getan habt“, sagte sie und legte scheu ihre Hand auf Leilahs Bauch. „Und dir wünsche ich viel Glück.“
Leilah beugte sich zu ihr vor und flüsterte: „Sie werden diesen Mann heiraten, und Sie werden viele Söhne haben. Aber bitte, bringen Sie ihn möglichst weit weg von Tripolis.“ „Komm, Liebes, wir müssen gehen“, sagte Jeremiah, und gemeinsam schlüpften sie durch die Tür auf die Straße. Doch als Morad sie begrüßte, wirkte er besorgt, und obwohl sie sich nicht mit Worten verständigen konnten, bemerkte sogar Caro, dass die Stadt sich in den letzten Tagen verändert hatte. Bewaffnete Männer liefen in den Straßen umher, einige gingen zum Palast, andere entfernten sich von dort, und von überall her waren die klagenden Stimmen von Frauen zu vernehmen. Aus der Ferne hörten sie eine Explosion, und der Boden unter ihren Füßen bebte von der Erschütterung. „Was, zum Teufel, geht hier vor?“, fragte Jeremiah.
Morad schüttelte den Kopf und drängte sie entschlossen
vorwärts. „Americanos“, sagte er hilflos. Das war die einzige Erklärung, die er ihnen geben konnte und die sie vielleicht verstanden. „Americanos!“
„Ich denke, wir werden es bald herausfinden“, sagte Jeremiah grimmig und tastete nach Caros Arm. „Aber ich als Amerikaner kann nicht gerade behaupten, dass mir diese Sache gefällt, vor allem ... “
Seine Finger griffen ins Leere, Caro war verschwunden. Verzweifelt sah er sich in der Menschenmenge um. Die Leute liefen durcheinander, eine wild bewegte Masse aus Turbanen und bärtigen Gesichtern. „Caro! Caro!“
Er merkte es kaum, als ein Mann neben ihm beim Klang seiner Stimme stehen blieb und ihn leidenschaftlich beschimpfte. Morad packte Jeremiah am Arm und versuchte, ihn fortzuziehen, aber er riss sich los. Mit gezogenem Säbel stürzte er sich in die Menge, die Caro verschluckt zu haben schien.
„Caro!“, schrie er, und seine Angst um sie wurde von Sekunde zu Sekunde unerträglicher. „Verdammt, wo bist du? Caro!“
„Jeremiah!“ Ihre Stimme klang verzweifelt, und er entdeckte sie in einiger Entfernung an einem Torweg. Sie presste sich an den Rundbogen, die Arme hielt sie fest an den Körper gedrückt, um sich zu schützen. Der dunkle Schleier war ihr vom Kopf gerutscht, und Jeremiah sah, wie die Männer ihren Schritt verlangsamten und sie betrachteten. Ihr helles Haar und ihr blasses Gesicht kennzeichneten sie als Ausländerin, als Christin, wer weiß, vielleicht war sie sogar eine Amerikanerin ...
Gott im Himmel , sie würden sie deswegen in Stücke reißen! Jeremiah eilte voran und schlug mit dem Säbel nach jedem, der sich ihm in den Weg stellte. Als er sie erreichte, warf sie sich in seine Arme und klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende. Er sah, dass ihr Gesicht und ihr Umhang verschmutzt waren, und er vermutete, dass sie neben ihm gestürzt und dadurch von ihm getrennt worden war. Wie hatte sie es nur geschafft, sich in Sicherheit zu bringen und nicht zertrampelt und getreten zu werden?
Caro wollte etwas sagen, doch er legte den Finger auf die Lippen und bedeutete ihr zu schweigen. Er hatte erkannt, wie gefährlich es war, wenn ihre eigentliche Identität bekannt wurde. Er zog den Schleier fest um ihren Kopf und legte seinen Arm um sie. Was auch geschehen mochte, er würde dafür sorgen, dass sie an seiner Seite blieb.
Dann war Morad wieder bei ihnen. Er sah sehr ängstlich aus, als er sie mit einer
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