Die Lady in Weiß
würde mich nicht wundern, wenn schon Steckbriefe mit Ihrer Personenbeschreibung gedruckt wären. Natürlich wird der Lakai, den Sie - wie nannten Sie es doch gleich? - niedergeschlagen haben, aussagen, dass derselbe Mann hier war und mich entführt hat, und dann, ehe Sie sich’s versehen, hängen Sie am Galgen.“
Jeremiah starrte sie an. „Das ist ja wohl der größte Unfug, den ich jemals gehört habe! Sie haben mich schließlich dazu genötigt, den Straßenräuber zu spielen, und es war Stanhope und nicht ich, der Sie entführt hat. Kein Gericht der Welt kann mir daraus einen Strick drehen.“
„Hier in Hampshire aber vielleicht doch“, gab Caro zu bedenken. „George hat hier so viele Freunde, dass er es möglicherweise schaffen könnte. Und ich möchte nicht, dass Sie meinetwegen gehängt werden. “
„Das möchte ich allerdings auch nicht. “ Er streckte ihr gebieterisch die Hand entgegen. „Also lassen Sie uns von hier verschwinden, solange wir noch können. “
Sie zögerte. Zwar hatte sie ihn gebeten, Frederick zu helfen, aber sie wollte nur ungern um ihrer selbst willen in seiner Schuld stehen. „Ich habe bei dieser Mrs Warren einige Fortschritte gemacht, wissen Sie. Ich denke, eines Morgens, wenn ich ihr genug dafür zahle, wird sie mich laufen lassen. George ist nicht der Einzige, der Dienstboten bestechen kann.“
Jeremiah fluchte. „Kommen Sie jetzt freiwillig mit, oder muss ich Sie tragen?“
„Das wird nicht nötig sein.“ Hocherhobenen Hauptes rauschte sie an ihm vorbei, die Bettdecke wie eine Schleppe hinter sich herziehend.
„Verdammt, ich vergaß ganz, dass Sie ja nichts anzuziehen haben.“
Sie ließ die Bettdecke ein wenig hinabgleiten und lächelte ihn über die bloße Schulter hinweg an. „George hat meine Kleider irgendwo versteckt, aber ich glaube nicht, dass er sie uns wiedergibt, wenn wir ihn danach fragen. “
„Damit werden wir uns später beschäftigen“, entgegnete Jeremiah. „Jetzt schnell!“
Sie eilte ihm voraus und huschte auf ihren bloßen Füßen lautlos die Treppe hinunter.
Er war nahe genug hinter ihr, um ihren Duft wahrzunehmen. Er konnte sehen, wie die Umrisse ihres Körpers sich unter der Decke abzeichneten, und er dachte daran, wie süß ihre Küsse waren ...
Verdammt, warum reizte sie ihn nur immer wieder so? Sie hatte klar zu verstehen gegeben, dass sie ihren Ehemann liebte, und Jeremiah würde das respektieren. Er hatte noch nie begehrt, was einem anderen gehörte. Aber Caro machte es ihm schwer. Sie schien entschlossen, die Kokette zu spielen, sogar jetzt, wo er sich doch darauf konzentrieren sollte, sie sicher aus dem Haus zu schaffen. Jede andere Frau wäre verängstigt gewesen und hätte sich aus purer Dankbarkeit an ihn geklammert, aber Caro schien die ganze Sache von der heiteren Seite zu nehmen. Ihm zu sagen, dass er am Strang enden würde, weil er sie entführt hatte! Seine Schwester hatte recht gehabt: Je früher er sich von Lady Byfield zurückzog, desto besser wäre es für ihn.
Und dann stand sie vor dem Haus, drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein so atemberaubendes Lächeln, dass er beinahe alles andere vergessen und sie geküsst hätte. „Nicht wahr, Captain Sparhawk, Sie haben mich aus der Höhle des Löwen befreit?“
„Noch nicht ganz. Der Löwe kann immer noch erwachen und Sie verspeisen.“ Er packte sie am Ellbogen und schob sie über die Straße in den kleinen Park. Irgendwie erschien sie ihm kleiner als sonst. Dann fiel ihm ein, dass sie keine Schuhe trug. „Verdammt, können Sie überhaupt gehen?“ „Natürlich kann ich das. Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich gern barfuß laufe. “ Sie betrachtete die Bäume mit der Neugier eines Kindes. „Wie weit ist es bis zu Ihrer Kutsche?“
„Hier gibt es keine verdammte Kutsche.“ Er schob die Pistole zurück in den Gurt. „Mietdroschken sind leicht zu verfolgen. Ich dachte, wir gehen hinunter ans Wasser und mieten dort eine Chaise, die Sie zu Ihren Freunden bringen wird.“
„Dann sollten wir jetzt gehen, oder?“ Sie zog sich die Decke bis über die Schultern hoch und marschierte resolut in die falsche Richtung. Er packte sie am Arm und drehte sie herum. Sie lachte fröhlich über ihren Irrtum.
„Seien Sie still“, sagte er und runzelte die Stirn. „Wir sollten kein Aufsehen erregen.“
Sie hielt sich die Hand vor den Mund und senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. „Verzeihen Sie, Captain. Ich vergaß, dass es noch nicht
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