Die Lady in Weiß
Pfeife und versuchte, sie zu entzünden. Die Flamme beleuchtete für einen Augenblick sein rundes Gesicht. „Ziemlich spät für einen Spaziergang.“
„Aber es ist eine schöne Nacht.“ Jeremiah war über die Gesellschaft des anderen nicht gerade erfreut, er konnte Captain Bertie jedoch nicht gut verbieten, auf seinem eigenen Achterdeck umherzugehen.
„Richtig, richtig.“ Bertie sog an seiner Pfeife und betrachtete den Himmel. „Sie fahren auch zur See, nicht wahr, Mr Sparhawk?“
„Das war einmal“, entgegnete Jeremiah zögernd. „Jetzt nicht mehr. “
„Vielleicht zurzeit gerade nicht, aber Sie kommen nie davon los. Es liegt einem im Blut. Sie können diese komische Kleidung anziehen, die man an Land trägt, und so tun, als seien Sie einer von denen, aber einen Seemann können Sie nicht täuschen.“
Jeremiah antwortete nicht. Er wollte Bertie nicht ermuntern weiterzusprechen.
„Sie sind ein Yankee, nicht wahr, Mr Sparhawk?“
„Und Sie stellen ziemlich viele Fragen, Captain Bertie.“
Bertie zuckte die Schultern. „Man muss Fragen stellen, Mr Sparhawk. Wie soll man sonst etwas über jemanden erfahren, der von sich aus nichts erzählt?“
„Sie können fragen, was Sie wollen, Captain Bertie, aber Sie werden nicht viel erfahren.“
Bertie sah ihn über seine Pfeife hinweg an. „Sie sind also immer noch ein bisschen gereizt nach Ihrer Auseinandersetzung mit der Frau, was? Ich dachte mir schon, dass da nicht alles in Ordnung ist, als ich Sie noch hier stehen sah. “ Jeremiah runzelte warnend die Stirn. „Meine Frau geht Sie nichts an. Und auch sonst niemanden hier an Bord.“ „Und dabei soll es auch bleiben, Mr Sparhawk. Wenn sie ihren Schleier lüftet, wird sich die Hälfte meiner Mannschaft auf der Stelle in sie verlieben.“ Bertie spuckte über die Reling. „Sie ist eine hübsche Frau. Und gut erzogen, nicht wahr? Besser, als man es von der Frau eines Yankees erwarten sollte.“
„Wissen Sie, Bertie“, sagte Jeremiah so ruhig, dass nur ein Narr die Drohung in seiner Stimme nicht bemerkt hätte, „ich könnte Sie jetzt über Bord werfen, und niemand würde sich etwas dabei denken. Man wird schließlich müde während der Wache. Das Schiff schwankt ein bisschen, man stolpert und fällt ins Wasser. Das passiert auf See jeden Tag. Aber Sie sind ja ein Seemann, Sie werden das ja wissen. Oder nicht?“ „Wollen Sie mir drohen?“
„Wollen Sie mir noch weitere Fragen stellen?“
„Zum Teufel mit Ihnen!“ Wütend nahm Bertie die Pfeife aus dem Mund. „Sie können einem englischen Kapitän nicht drohen und dann noch damit prahlen. Wenn das noch einmal vorkommt, Sir, lasse ich Sie in Eisen legen und unter Deck bringen. Haben wir uns verstanden?“
„Versuchen Sie das lieber nicht“, sagte Jeremiah. „Oder haben Sie die Absicht, nach Gibraltar zu schwimmen? Gute Nacht, Captain Bertie.“
Caro hatte ihre Kabinentür nicht verschlossen, und Jeremiah legte kopfschüttelnd von innen den Riegel vor. Er musste ihr sagen, dass das nicht ging, vor allem wenn Bertie und die anderen Männer sie weiterhin beäugten wie Haie ihre Beute. Es gab, so vermutete er, nur einen Grund, warum noch niemand versucht hatte, ihre Tür zu öffnen: Niemand glaubte, dass sie so sorglos sein könnte.
Sie hatte die Laterne brennen lassen, so, wie sie es versprochen hatte. Die Flamme der kleinen Kerze flackerte mit jeder Bewegung des Schiffes hin und her. Zu seiner Überraschung hatte sie die obere Koje gewählt. Beinahe hätte er laut auf gestöhnt. Er würde jedes Mal zur Wand sehen müssen, wenn sie sich bewegte. Gott helfe ihm, er brauchte die Geduld - und die Reinheit - eines Heiligen, um diese Reise zu überstehen.
Sie hatte sich im Schlaf auf die Seite gedreht und lag mit angezogenen Beinen unter der Bettdecke, eine Hand unter die Wange geschoben. Ihr Haar lag in sanften Wellen um ihre Schultern, und ihre Lippen waren leicht geöffnet. Sie lag ganz entspannt da und sah sehr verletzlich aus.
Er fragte sich, wie sie es nur geschafft hatte, sich bei dem Leben, das sie führte, diesen unschuldigen Ausdruck zu bewahren. Er wusste, wie lange sie schon mit Frederick verheiratet war, und demzufolge müsste sie fast dreißig Jahre alt sein. Doch im schwachen Licht der Kerze wirkte sie mindestens zehn Jahre jünger. Bei ihm war es genau das Gegenteil. Sein schweres Leben und seine Erfahrungen hatten ihn früh geprägt, und wenn er morgens in den Spiegel blickte, glaubte er manchmal, einen alten Mann zu sehen,
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