Die Lady mit der Feder - Roman
geschüttelt wie ein Fieberkranker.
Als sie in die Vorhalle trat, umfasste er ihre Schultern und drehte sie zu sich um. Sein Mund bewegte sich, doch konnte sie nicht hören, was er sagte. Sie blickte an ihm vorüber und sah, dass einer der Haltebolzen des Kerzenreifens aus der Deckenwölbung zu brechen drohte. Der Metallreif schwang aus und traf die Mauer. Glas brach aus einem Fenster und fiel als gefährlicher Schauer herunter.
»Raus hier!« Da sie nicht sicher war, dass er ihren Schrei hörte, zog sie ihn an seinem Arm mit sich. »Jetzt, Jordan!«
Sie wollte zu der Tür zwischen den zwei hohen Türmen. Plötzlich geriet der Boden unter ihnen wieder ins Schwanken, diesmal viel heftiger. Sie wurde von Jordan weggerissen. Gegen den Boden kämpfend, der sich wie eine sich windende Schlange bewegte, sprang sie vor, um wieder nach seinem Arm zu fassen. Sie hörte Steine ächzen, die darum kämpften, an ihrem Platz zu bleiben.
»Wir müssen hinaus!«, schrie sie, um festen Stand kämpfend.
Er zog sie an sich und stieß sie zu Boden. Als sie wieder schrie, schüttelte er den Kopf. Das Portal war aufgesprungen. Riesige Steinbrocken prasselten auf den Hof. Ein Mönch versuchte rennend dem Stein zu entgehen und verschwand in einer dichten Staubwolke.
Sie stieß ein verzweifeltes Gebet aus, als sie hinter sich blickte und Jordan ihr winkte, mit ihm in die Kathedrale zu flüchten. Der riesige Metallreif fiel mit einem Teil des Daches zu Boden. Stühle und etliche Menschen wurden unter einem Steinregen erdrückt.
Sich auf die Knie aufrichtend, da der Boden zu unsicher war, um aufzustehen, packte sie wild um sich schlagende Hände und zog fliehende Priester, Mönche und Gläubige zu sich in Sicherheit. Ein Schauer von Mörtel und Spinnweben kam von oben. Im Mittelgang warf der Boden Wellen, als hätte sich der Stein in Wasser verwandelt.
Die Bogen, die das Dach trugen, brachen zusammen. Wieder krachten Steine auf den Boden oder trafen die Mauer. Fensterglas barst. Das Taufbecken stürzte um und rollte auf eine Frau zu, die darum kämpfte, ins Freie zu entkommen.
Isabella riss die Peitsche aus dem Gürtel. Sie holte aus und zielte auf die Frau. Diese versuchte, den Lederriemen zu fangen. Isabella zog ihn zurück und holte abermals aus. Diesmal schlang sich das Leder um den Arm der Frau. Mit einem Ruck gab Isabella ihr das Zeichen, die Peitsche als Führung durch den erstickenden Staub zu benutzen.
Die Frau taumelte vor, und Jordan stürzte an ihre Seite, um ihr die letzten Schritte zu erleichtern. Isabella zog die Peitsche ein und führte sie alle in Sicherheit. Als die Frau hysterisch schluchzend zu Boden sank, holte Isabella wieder mit der Peitsche aus und schickte sie in das Durcheinander von Stein, Glas und Splittern.
»Nein!«, rief sie aus und hörte ihre eigene Stimme nicht, als der Rest des Daches einstürzte. Der Boden erbebte unter den riesigen Steinbrocken. Staub traf sie mit unzähligen kleinen Schlägen.
Wieder holte sie mit der Peitsche aus, konnte jedoch nicht sehen, wohin das Leder traf, da Schmutz und Schutt in alle Richtungen aufsprühten. Sie zog leicht daran, in der Hoffnung,
jemand würde es sehen, sich an dem Leder festhalten und aus dem Chaos herausfinden.
»Isabella! Wo bist du?«
Sie schnappte nach Luft, als ihr klar wurde, dass sie Jordans Stimme hörte. Der Boden unter ihren Füßen hatte sich beruhigt. Über ihr erklangen im Turm die Glocken, von den Erdstößen in Bewegung gesetzt.
Sie warf sich in seine Arme. »Bist du verletzt?«
»Nein. Und du?«
»Auch nicht.«
»Was ist geschehen?«
Sie rückte so weit ab, dass sie sein mit Staub bedecktes Gesicht streicheln konnte. »Man nennt es Erdbeben.«
»Es war wie der Zorn Gottes.«
Sie wollte beipflichten, als sie einen Schrei hörte. Sie lief zu der Stelle, wo eine Frau auf Hände zeigte, die sich aus dem Schutt emporreckten. Ihr Magen krampfte sich vor Entsetzen zusammen, und sie wollte sich schon umdrehen. Da sah sie, dass die Finger sich bewegten. Sie kniete nieder und versuchte unter den Steinblock zu spähen. War es denn möglich, dass darunter jemand am Leben geblieben war?
Sie griff nach einer Hand und rief: »Drückt meine Finger ganz fest, wenn Ihr könnt.«
Die Hand umfasste sie so fest, dass sie vor Erregung und Schmerz fast aufgeschrien hätte. Dumpfes Gemurmel drang unter dem Stein hervor. »Verlasst mich nicht.«
»Ich werde Euch herausziehen. Wenn Ihr Euch abstoßen könnt, dann tut es.«
Sie vernahm keine
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