Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
Vom Netzwerk:
dachte, er begleitet Euch nach Tyddewi zu Eurer Enkeltochter.«
    Valas Gesicht wurde so weiß wie ihr Haar. »Ihr müsst vergessen, dass ich dieses Wort wählte.«
    »Warum? Es ist nichts Unrühmliches, wenn ein Fürstenspross ein Ziel verfolgt.« Sie wünschte, sie hätte nicht so sarkastisch geklungen, als die alte Frau noch bleicher wurde. Da Vala nicht Ursache ihres Zorns war, setzte sie sanfter hinzu: »Schon gar, wenn das Ziel einem ehrenhaften Grund dient.«
    »Das ist der Fall«, sagte Tarran hinter ihr.
    Sie drehte sich um und entdeckte, dass er so dicht hinter ihr stand, dass sie nur seine durchnässte Tunika sehen konnte. Der Stoff klebte an seiner Brust und betonte jede Fläche und Wölbung. Es reizte sie, seine Muskelstränge mit ihren Fingern nachzuzeichnen. Sie hätte zurücktreten sollen, konnte sich aber nicht rühren. Ihr Atem stockte, und sie fragte sich, ob er ihr Herz hören konnte, das wie ein Schmiedehammer in ihrer Brust pochte.
    Wohl wissend, dass sie etwas sagen musste, ehe er merkte, wie überwältigt sie von seiner unverhüllten Kraft war, fragte sie: »Und welches ehrenhafte Ziel verfolgt Ihr?«
    »Wir suchen einen Mörder. Er heißt Bradwr ap Glew.«
    »Wer wurde ermordet?«
    Sein Ton blieb ruhig, als er sagte: »Meine Frau Addfwyn.«

4
    Tarran wartete, dass Elspeth die Fragen stellte, die er schon so oft gehört hatte. Wie war seine Frau ermordet worden? Wo? Warum? Was gedachte er zu unternehmen, um ihren Tod zu rächen? Er war mit diesen Fragen so oft bestürmt worden, dass er sie der Reihe nach ohne zu überlegen beantworten konnte. Und immer wurden sie auf die gleiche Weise gestellt.
    Wie?
    Wo?
    Warum?
    Was wollt Ihr tun, um ihren Tod zu rächen?
    Auf die ersten drei antwortete Tarran kurz und bündig, die letzte überhörte er geflissentlich. Nur seine Gefährten kannten die Antwort. Sonst niemand. Seine Rachepläne durften Addfwyns Mörder nicht zu Ohren kommen, ehe sich Tarran nicht die Gelegenheit bot, das Blut dieses Schurken zu vergießen, wie ihres vergossen worden war, als man sie erstach und sterben ließ.
    »Es tut mir leid«, sagte Elspeth leise.
    Er wartete. Die Fragen kamen immer als Nächstes.
    »Ihr müsst sie sehr geliebt haben, weil Ihr ohne Rücksicht auf Eure Verpflichtungen den Menschen sucht, der ihr das Leben raubte«, fuhr sie fort. »Hoffentlich habt Ihr trotz Eures Grams Erinnerungen, die Euch trösten.«
    Er wartete. Nun würde sie sicher die Fragen stellen.
    »Euer Ziel ist ein ehrenhaftes«, fuhr sie fort. »Ich wünsche Euch, dass Ihr es erreicht.« Sie wandte sich an Vala. »Ihr seht sehr müde aus. Ihr solltet Euch hinsetzen. Lasst Euch von mir helfen.«
    Tarran starrte sie an, als Elspeth ihre Hand unter Valas Ellbogen schob und sie zu einer Bank führte. War es das? Er sah, wie sie ihr half, sich hinzusetzen, und staunte, dass Hände, die den Stock so kraftvoll geführt hatten, auch sanft sein konnten. Sein Blick streifte Elspeths Profil. Ihre Nase wies am Ende ein wenig nach oben, ein Zeichen, das unweigerlich auf koboldartige Spitzbüberei schließen ließ, wie seine Mutter ihn gelehrt hatte. Ihr Mund hatte einen ähnlichen Schwung, und er schätzte, dass sie trotz der vielen finsteren Blicke, die sie in seine Richtung geworfen hatte, oft und gern lächelte.
    Immer wieder aber wurde sein Blick von den üppigen roten Locken angezogen, die die Schultern ihres dunkelgrauen Kleides umgaben und bis zu ihrer Taille fielen - ein Anblick, der jeden Mann, der ein wenig Leben in sich spürte, erregen musste.
    Er blickte weg. In ihm war kein Leben mehr. Sein Leben hatte mit jenem Addfwyns geendet. In ihm war nur die dunkle, dumpfe Kälte unerfüllter Rache. Fast zwei Jahre hatte es gedauert, bis er alles in Erfahrung gebracht hatte, was er brauchte, um Vergeltung zu erlangen. Und von dieser würde er sich nicht abbringen lassen, auch nicht für die Chance, selbst zu entdecken, ob Elspeth Braybrooke so köstlich war, wie sie aussah.
    Verzeih mir, Addfwyn . Er durfte nicht an eine andere Frau denken, während der Mörder seiner geliebten Ehefrau noch lebte. Während der langen Monate, seitdem er an Addfwyns Grab gestanden und mitangesehen hatte, wie Erde hineingeworfen wurde, hatte er keiner Frau mehr als nur einen flüchtigen Blick geschenkt … bis er Elspeth Braybrooke begegnete.
    »Was ist Euch auf Eurer Reise zu Ohren gekommen?«, fragte Lord de la Rochelle hinter ihm. Dankbar für den Vorwand, den Blick von Elspeth losreißen zu können, drehte Tarran

Weitere Kostenlose Bücher