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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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draußen. »Ihr Schnaps, Señor.«
    »Später.«
    Ich werde sie fragen, ob sie mich begleitet, überlegte er. Ich werde sie jetzt fragen, ob sie bei mir bleibt, das habe ich schon so lange tun wollen …
    Blanca war noch einmal zu der kleinen Hütte zurückgekehrt, die sie während der letzten zwei Jahre mit ihrer Mutter geteilt hatte. Wie durch ein Wunder war das kleine adobe-Ha u s unversehrt geblieben. Blanca holte eine Decke und begann, so viele Habseligkeiten darin zu verpacken, wie sie tragen konnte, vor allem Nahrungsmittel und Wasser. Auf der Flucht hatte sie fast alles verloren, nur einen Teil hatte sie in ihrem Versteck unter der Veranda wiedergefunden. Wenigstens hatte sie das Geld noch in der Tasche.
    Einen Moment lang verharrte sie reglos und sah an sich hinunter. Ihr Rock war schmutzig und blutverschmiert. Das Blut ihrer Mutter? Sie wusste es nicht.
    Ein Gedanke war in ihr aufgekeimt in dem Schankraum, in dem sie mit den anderen Frauen hatte warten sollen. Sie würde das Grenzgebiet verlassen, und sie würde sich dazu als Junge verkleiden. Irgendwo, auf dem Weg zurück zum Haus hatte sie eine Hose von einer Wäscheleine genommen, die niemand mehr brauchte, denn ihr Besitzer war sicherlich tot. Sie würde ihre Brust einschnüren, ein einfaches Leinenhemd anziehen. Auch einen hellen, breitkrempigen Hut nannte sie bereits ihr Eigen. Blanca war sich sicher, dass niemand die Diebstähle im allgemeinen Durcheinander bemerken würde. Sie hatte geplant, sich Señor Jensens Pferd auszuleihen.
    Noch einmal schaute sie sich in dem kleinen Raum um, dann trat sie entschlossen vor die Tür. Wenig später hatte sie die pulpería erreicht. Wie erwartet, achtete niemand auf sie, als sie Jensens Pferd aus dem danebenliegenden Stall führte. Man hatte sie schon oft gemeinsam gesehen. Sie waren oft zusammen ausgeritten.
    Blanca führte das Tier in die nächste schmale Seitengasse und saß auf. Sie würde sich später umziehen. Etwas unschlüssig war sie sich noch hinsichtlich des Zettels, den sie geschrieben hatte. Dann rief sie einen Jungen herbei, der am Straßenrand auf irgendetwas zu warten schien. Viele warteten heute hier. Sie gab dem Jungen einen Silber-Peso.
    »Du gibst das Señor Jensen, ja?«
    Der Junge nickte.
    Wenig später hatte Blanca den Fluss erreicht. Sie sah nicht mehr zurück.
    Sie ist fort. Mit meinem Pferd.
    Das erste Gefühl, das Jensen überwältigte, war Wut, gefolgt von Resignation. Warum war sie nicht geblieben? War Blanca etwa vor ihm davongelaufen? Er wollte schreien, zwang sich dann aber, ruhig zu bleiben, und holte nur aus, um gegen die Hauswand zu treten.
    »Verdammt«, quetschte er zwischen den Zähnen hervor, »dieses verdammte Luder.«
    »Señor?«
    Er hörte die leise Stimme in seinem Rücken zuerst nicht, drehte sich dann um und sah den schmalen Burschen missmutig an.
    »Was ist?«, fragte er ungehalten.
    Der Bursche hatte seinen Hut vom Kopf genommen und drehte ihn in den Händen. Angst flackerte in seinem Blick auf. Jensen bekam ein schlechtes Gewissen. Dann fummelte der Bursche etwas aus seinem Hosenbund hervor, ein kleines, schmutziges Stück Papier.
    »Die Señorita hat gesagt, ich soll Ihnen das hier geben.«
    Er hielt Jensen das Papier hin, der nahm es entgegen.
    Ich wusste gar nicht, dass sie schreiben kann, fuhr es ihm als Erstes durch den Kopf. Er atmete tief durch, dann begann er zu lesen.

Fünftes Kapitel
    »Komm mit uns mit, Arthur, du wirst Olga nicht mehr finden. Sicherlich ist sie nicht mehr in Buenos Aires. Vielleicht …« Casimir zögerte einen Moment, bevor er vorsichtig weitersprach. »Vielleicht musst du dich an den Gedanken gewöhnen, dass sie nicht mehr lebt.«
    Arthur antwortete nicht, sondern blickte starr auf den Flusshafen von La Boca mit seinen auf Pfählen gebauten Häusern. Dieser Hafen lag an der Mündung des Riachuelo, eines Flusses, der sich ein gutes Stück vom Stadtzentrum entfernt in den Río de la Plata ergoss. Der junge Mann verschränkte die Arme vor der Brust. Wenige Wochen zuvor noch hätte er jeden niedergeschlagen, der von Olgas Tod sprach, doch heute … Womöglich hatte Casimir Recht.
    Gemeinsam mit über tausend anderen Wolgadeutschen, die teils aus Brasilien und teils aus Europa kamen, war der Mann wie er selbst nach Buenos Aires gekommen. Auf verschlungenen Wegen hatten sie einander kennengelernt, Arthur wusste schon längst nicht mehr, wie und wo. Die meisten seiner täglichen Gedanken drehten sich ohnehin um Olga und die Frage, wie er

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