Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
Vom Netzwerk:
einzufordern. Mia war am Vortag bei der Bank gewesen und hatte zu ihrem Entsetzen erfahren, dass ihr Überziehungskredit bereits am Limit war. Als sie sich das Ticket nach Bali gekauft hatte, war ihr bewusst gewesen, dass es knapp würde, aber wie schlimm es wirklich um ihre Finanzen stand, hatte sie fröhlich ignoriert. Als sie das Reisebudget aufgestellt hatten, hatten sie und Finn drei Monate Arbeit in Neuseeland eingeplant. Dieser Betrag entfiel nun, und Mia hatte keine Ahnung, wie sie über die Runden kommen sollte.
    Sie stellte ihre Tasche auf den Tisch und öffnete die Fenster.
    Â»Du hast ein bisschen Sonne abbekommen«, sagte Jez. Er lehnte sich wie ein gelangweilter Teenager an die Wand und schob die Hände in die Taschen. Seine Sonnenbrille hatte er auf den Kopf geschoben, auf den Gläsern waren Salzschlieren.
    Â»Ach ja?«
    Â»Auf den Schultern.«
    Mia bog eine Schulter vor und tastete über ihre Haut. Ein weißer Abdruck blieb zurück.
    Â»Warst du am Strand?«
    Â»Nein, ich komm gerade von den Klippen.«
    Er musste wissen, weshalb sie dort gewesen war, doch er fragte nicht nach seinem Bruder. Stattdessen sagte er: »Ich wollt dir nur sagen, dass heute Abend eine Reggae-Band im Loko’s spielt. Ich will mit ein paar Leuten hin. Hast du Lust?«
    Diese simple, freundliche Geste brachte Mia völlig aus dem Konzept. Ihr war absolut nicht nach lauter Musik und Bintang-Bier, aber sie wollte auch die ausgestreckte Hand nicht gleich zurückweisen. »Klingt gut. Mal sehen, wie ich nachher drauf bin.«
    Â»Klopf einfach an, wenn du mitgehen willst. Die Band spielt ab elf.«
    Mia hatte nicht mit Besuch gerechnet, und entsprechend sah es in ihrem Zimmer aus. Auf dem Bett lag ihre Unterwäsche, die Pillenpackung neben dem Kulturbeutel. Jez beobachtete sie. Er lächelte flüchtig, dann schaute er weg. War das Einbildung, oder war er nervös?
    Â»Noah hatte heute den Termin im Krankenhaus.«
    Â»Aha«, sagte er und fuhr geistesabwesend mit dem Absatz über den Boden.
    Â»Die Wunde am Rücken hat sich entzündet. Die Ärzte glauben, dass er mindestens drei Monate nicht ins Wasser kann.«
    Jez nickte.
    Â»Ich mach mir Sorgen um ihn. Er wirkt, ich weiß nicht, irgendwie wirkt er deprimiert.«
    Â»Aha.«
    Â»Ich wollte es dir nur sagen – vielleicht willst du ja mal mit ihm reden oder so.«
    Jez lachte höhnisch. »Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber Noah und ich gehör’n nicht zu der Sorte Brüder, die ihren seelischen Müll beim anderen abladen.«
    Â»Warum tust du das?«
    Â»Was?«
    Â»Dich benehmen, als wäre er dir scheißegal. Ich hab dich doch am Strand gesehen, Jez. Du hast dein Leben für ihn riskiert.«
    Er sah sie mit Noahs durchdringendem, dunklem Blick an. »Ich hätt’s mir sparen sollen.«
    Â»Das meinst du nicht ernst.«
    Â»Ach nein?«
    Â»Er ist dein Bruder.«
    Â»Hast du eine Schwester?«
    Â»Ja.«
    Â»Na, dann verstehst du ja was von Liebe, und sicher auch von Hass.«
    Mias Mund öffnete und schloss sich wieder. Jez hatte recht: Manchmal war der Grat so schmal, dass sich schwer sagen ließ, auf welcher Seite man gerade stand.
    Â»Er spielt mit dem Gedanken, abzureisen«, sagte sie schließlich.
    Â»Logisch tut er das. Das tut Noah immer. Wenn er mit irgendwas nicht klarkommt, läuft er weg.«
    Â»Wovor läuft er weg?«
    Â»Hast du das noch immer nicht kapiert?«
    Sie hielt seinem Blick stand und wartete.
    Aber Jez gab keine Antwort. »Dann willst du sicher deinen Ausweis wiederhaben, damit du Noah folgen kannst. Hast du das Geld?«
    Â»Noch nicht.«
    Â»Es sind jetzt zwei Wochen.«
    Â»Ist mir klar.«
    Â»Ich bin kein reicher Mann, und auch kein sehr geduldiger. Ich brauch das Geld.«
    Mia hatte nicht genau erkennen können, welche Summe Jez dem Polizisten in die Hand gedrückt hatte. Ein nagender Zweifel ließ sie fragen: »Wie viel war es ganz genau?«
    Der Zug um seinen Mund wurde hart. »Das weißt du doch. Zehn Millionen Rupiah.«
    Â»Um so viel abzuheben, brauche ich meinen Ausweis.«
    Jez stieß sich von der Wand ab und kam auf sie zu. Wenige Zentimeter vor ihr blieb er stehen. Seine Augen waren schmaler als Noahs, seine Wimpern von der Sonne gebleicht. »Behandle mich nicht wie einen Idioten, Mia«, stieß er hervor. »Dafür brauchst du deinen Ausweis

Weitere Kostenlose Bücher