Die Landkarte der Liebe
nicht.«
Jez wandte sich zum Gehen, doch dann blieb er plötzlich vor dem Tisch stehen. Sein Blick war auf Mias Tasche gefallen. Jez holte ihr Portemonnaie heraus.
»Hey, was machst du denn da?«
Er griff sich ein Bündel Scheine und zählte nach. »Zwei MillioÂnen Rupiah.« Er steckte es sich in die Tasche. »Bleiben nur noch acht.«
»Du kannst mich doch nicht bestehlen!«
»Tu ich auch nicht. Ich treibe Schulden ein.«
»Ich habe dir gesagt, ich geb es dir zurück. Du kannst doch nicht einfach an ein fremdes Portemonnaie gehen.«
»Danke für die Lektion in Sachen Moral. Ich hab auch eine für dich: Wenn man andere wie ein Arschloch behandelt, muss man damit rechnen, dass sie sich auch so benehmen.« Dann zog er mit einem lauten Knall die Tür zu.
Mia sah auf ihr Portemonnaie, das offen auf dem Tisch lag. Schlagartig wurde ihr ihre Situation bewusst: Sie hatte weder Geld noch Ausweis. Sie saà in der Falle â und Noah würde schon bald abreisen.
Sie drückte die Hände an die Schläfen und versuchte nachzudenken. Sie konnte Jez das Geld nicht zurückzahlen, und bei den balinesischen Löhnen würde es Monate dauern, bis sie genügend erarbeitet hätte. Sie konnte es aber auch nicht riskieren, ihren Ausweis als gestohlen oder verloren zu melden, weil die Polizei ihre Daten notiert hatte. Wenn sie mit Noah darüber sprechen würde, müsste sie ihm erklären, warum sie ihm nicht gleich von dem Schmiergeld erzählt hatte, und auÃerdem schämte sie sich für den Vorfall. Mia war vollkommen ratlos.
Sie nahm das Tagebuch und sank auf ihr Bett. Sie blätterte zu einer leeren Seite. Der Anblick beruhigte sie ein wenig. Mit den Zähnen zog sie die Kappe vom Kugelschreiber â¦
Noah will abreisen. Der Gedanke, ihn zu verlieren, ist unerträglich, wortwörtlich unerträglich. Ich sehe, dass er leidet, doch ich weià nicht, wie ich ihm helfen soll. Er lässt mich nicht an sich heran. Er lässt mich am ausgestreckten Arm verhungern.
Wenn er fort ist, hält mich hier auch nichts mehr. Doch ich sitze fest. In meinem Rucksack sind noch fünfzig Pfund, und das warâs. Ich habâs verbockt. Ich hab alles verbockt.
Kapitel 25
Katie
Bali, August
Katie schob das Tagebuch beiseite und stand auf. Ihre Knie waren steif, ihr Nacken schmerzte von der gebeugten Haltung. Sie schaute zum Balkon. Aus der Dämmerung war Nacht geworden. Katie bewegte langsam den Kopf hin und her, um die Muskeln zu lockern, und lieà sich das, was sie gerade gelesen hatte, noch einmal durch den Kopf gehen: Mias Ankunft im Nyang Palace, Jezâ seltsame Bemerkungen auf der dunklen Treppe, Mia im strömenden Regen, während Noah verletzt aus dem Wasser stolperte, die Angst, als sie im Polizeiauto festgesessen hatte. Als Katie zu dem Absatz mit dem Bestechungsgeld gekommen war, hatte sie begriffen, warum Mia sie damals angerufen und um Geld gebeten hatte. Beim Gedanken an ihre letzte Unterredung war ihr vor Scham heià geworden.
Katie hatte sich auch anhand von Mias Eintrag eingeprägt, wie man auf die Klippen kam. Sie zog die Karte, die sie von Richard Hastings bekommen hatte, aus der Handtasche und schob sie in ihr Kleid. Sie legte eine Hand darauf und hörte das Rascheln des Papiers. Ich geh hin, Mia. Schon sehr bald. Versprochen.
Es klopfte. Katie lief über die gebohnerten Dielen und öffnete. Finn stand vor der Tür, mit einem Tablett und einer Flasche Rotwein. »Du hast doch sicher Hunger.«
Der Duft von dampfendem Reis und frischen Gewürzen zog ihr in die Nase. »Ich falle um vor Hunger.« Sie machte auf der Kommode Platz und stellte das Tablett ab.
Finn schenkte ein â der Wein gluckerte â und reichte Katie ein Glas. »Und, wie kommst du mit dem Tagebuch voran?«
»Ich hab fast ununterbrochen gelesen.«
»Was hat Mia zu Bali gesagt?«
»Sie fand es schön hier. Hat von den Stränden, den Leuten, dem Essen geschwärmt.«
»Sie wollte immer schon nach Indonesien.«
Wirklich? Sie wusste so vieles von ihrer Schwester nicht. Und würde auch nie mehr etwas erfahren.
»Hat sich Noah wenigstens gefreut?«
»Er war ziemlich überrascht. Und ich glaube, es war ihm anfangs nicht geheuer, dass sie seinetwegen da war. Aber, doch, er hat sich gefreut.«
»Glaubst du, sie war glücklich?«
Katie dachte nach. Es gab
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