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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
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Stunden an Cornwalls Stränden verbracht, um zu erkennen, wie talentiert er war. Sein Stil war lässig, fließend, und er hielt sich immer ein wenig von den anderen Surfern fern, die beim Warten wie die Seehunde auf den Wellen auf und ab hüpften. Und anders als die anderen stieg Noah immer erst am höchsten Punkt in einen Brecher ein oder entschied sich für Wellen, die so hoch waren, dass die anderen Surfer sie lieber vorbeirollen ließen. Mia wusste, welchen Risiken er sich aussetzte, aber er trainierte hart für die Hold Downs. Das Speer­fischen, hatte er ihr versichert, sei ein gutes Training für die Momente, in denen er unter Wasser gedrückt wurde. Außerdem machte er noch andere Übungen. Er trug unter Wasser schwere Steine, zur Steigerung seiner Kraft und Lungenkapazität. In Mias Fantasie glitt er mit einem großen Stein in den Händen durch das Wasser, und aus seinem Mund drang ein Strom silberner Luftbläschen.
    Während Noah durch die Brandung paddelte, stand Mia die vergangene Nacht vor Augen, Noah über ihr, die Fäuste in die weißen Laken gestemmt. An seinen Unterarmen hatten sich die Adern abgezeichnet. Mia hatte den Kopf zur Seite gedreht und war mit der Zunge über die zarte Haut gefahren. Bei ihrer Berührung hatten seine Arme nachgegeben, und er war sanft der Länge nach auf sie gesunken.
    Ein Schatten fiel über sie. Mia schaute auf. Jez stand vor ihr und musterte sie, eine Augenbraue fragend hochgezogen. »Alles klar?«
    Sie errötete, als ob ihre Gedanken auf ihrem Gesicht zu lesen gewesen wären.
    Jez ließ sich ein Stück von ihr entfernt auf dem Felsen nieder. Mia hatte das Gefühl, auf dem ungünstigeren Platz zu sitzen, weil sie sich mehr verdrehen musste, um Jez anschauen zu können.
    Seine Haut war wettergegerbt, in seine Stirn hatten sich für sein Alter viel zu tiefe Falten eingegraben, und die Nase war vernarbt von Sonnenbrand. Jez war drahtiger als Noah, doch beinah gleich groß. Seit Mia ihm zum ersten Mal begegnet war, waren sie sich nur gelegentlich im Hostel über den Weg gelaufen. Mia lächelte ihn immer freundlich an, war aber sehr erleichtert, wenn er weiterging. Sein Blick war ihr nicht geheuer. Sie fühlte sich belauert.
    Â»Na, hat das Christkind all deine Wünsche erfüllt?«, fragte er.
    Â»Es hatte meine Adresse nicht. Was ist mit dir?«
    Â»Was ich mir wünsche, gibt es nicht geschenkt.« Er zog ein Päckchen Tabak aus der Tasche und drehte sich eine Zigarette. Dreck war unter seinen Nägeln, seine Knöchel waren voller Narben. »Und, wohin geht’s als Nächstes?«
    Â»Neuseeland. In vierzehn Tagen. Warst du schon mal dort?«, fragte Mia.
    Â»Ich bin so weit gereist wie ein Papierflieger. Noah ist der Jet­setter.« Jez zündete sich seine Selbstgedrehte an. Süßlicher Rauch zog in Mias Richtung.
    Dann schwiegen sie und schauten hinaus aufs Meer. Noah stieg in eine Welle ein, die sich hoch über ihm aufrichtete, und glitt schnittig hin und her.
    Â»Ziemlich cool, was?«
    Â»Ja, allerdings«, sagte Mia, den Blick aufs Wasser gerichtet. »Macht er eigentlich bei Wettkämpfen mit?«
    Jez sah sie an. »Er war fünf Jahre lang auf Profi-Tour und hat für Geld an den besten Stränden der Welt gesurft.«
    Â»Das hat er nie erzählt …«
    Â»Es gibt vieles, was er nicht erzählt.«
    Â»Dann hatte er einen Sponsor?«
    Â»Ja. Quiksilver. War ’n hübscher Deal. Bis er damit aufgehört hat.«
    Â»Warum?«
    Â»Das musst du ihn selbst fragen.«
    Mia spähte verunsichert zu Jez hinüber. Noah hatte ihr erzählt, dass sie als Kinder fast immer zusammen gesurft und in jeder freien Minute in den Wellen gewesen waren. »Hätte dich das Profi-Surfen nicht gereizt?«
    Er lachte, Rauch blubberte aus seinem Mund. »Sagen wir mal so, es hat sich nie ergeben.«
    Â»Dann ist es doch sicher schön, dass ihr jetzt zusammen reisen könnt.«
    Â»Es ist schön, ohne Verpflichtungen zu leben. Wir können jederzeit weiterziehen. Und Noah liebt dieses Leben«, sagte er und sah sie direkt an. »Frei und ungebunden.«
    Er ließ den Satz in der Luft hängen. Dann stand er auf. »Man sieht sich, Mia.« Jez warf den Zigarettenstummel in eine Felsspalte. Er zog eine Rauchfahne hinter sich her.
    So hatte sich Mia Weihnachten am Strand nicht vorgestellt. Eine Welle der

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