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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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tröstlich», frotzelte der andere.
    «Also, wollen wir hier den ganzen Tag verplaudern?», fragte Tom und versuchte, den Sonnenschirm hinter seinem Rücken zu verbergen,
     um ihn vergessen zu machen. «Ich darf euch daran erinnern, dass da draußen die Gegenwart auf uns wartet.»
    «Du hast recht, Tom», lachte Jeff. «Kehren wir in unsere wirkliche Welt zurück.»
    «Ohne die vierte Dimension durchqueren zu müssen», sekundierte Martin und klopfte sich vor Lachen auf die Schenkel.
    Die fünfzehn Männer setzten sich in Gang, marschierten in langsamer Prozession aus Rücksicht auf die, die immer noch ihre
     schweren Maschinenmenschenrüstungen trugen. Während sie ihren Weg durch die Ruinen suchten, beobachtete Jeff mit einer gewissen
     Besorgnis den geistesabwesenden Hauptmann Shackleton, den ich fortan bei seinem richtigen Namen, Tom Blunt, nennen werde,
     da es jetzt kein Geheimnis mehr zu wahren gilt.
    «Ich kann immer noch nicht glauben, dass die Leute diese Bühnendekoration aus Trümmern und Geröll für die Zukunft halten»,
     bemerkte Jeff, um seinen Freund dem düsteren Grübeln zu entreißen.
    «Du darfst nicht vergessen, dass sie das Ganze von der anderen Seite sehen», antwortete Tom zerstreut.
    Jeff warf ihm einen forschenden Blick zu. Er war entschlossen, das Gespräch nicht abbrechen zu lassen, damit der andere seine
     Sorgen vergaß, mochte es sich dabei handeln, um was es wollte.
    «Das ist wie bei einer Zaubervorstellung», fühlte sich Tom verpflichtet, hinzuzufügen, obwohl er noch nie eine |358| gesehen hatte. Er war nur ein Mal mit der Welt der Magie in Berührung gekommen, als einmal ein Amateurzauberer mit ihm in
     derselben Pension gewohnt hatte. Vielleicht fühlte er sich deshalb ausreichend befugt, hinzuzufügen: «Wir staunen über die
     Tricks der Zauberer und sind vielleicht sogar geneigt, an die Existenz der Magie zu glauben; aber wenn wir mal herausgefunden
     haben, wie sie es machen, fragen wir uns doch, wie wir auf so einen simplen Trick hereinfallen konnten. Die Zeitreisenden
     aber sehen keinen von Mr.   Murrays Tricks.» Er deutete mit dem Sonnenschirm auf eine Maschine, an der sie vorbeigingen, mit der der Rauch an die Decke
     geblasen wurde, um das Gewölbe und die Dachbalken der riesigen Halle vor den Blicken der Gäste zu verbergen. «Sie haben nicht
     den geringsten Verdacht. Sie sehen nur das Ergebnis; nur das, was sie sehen wollen. Sogar du würdest diese Ruinen für das
     London des Jahres 2000 halten, wenn du dir nichts sehnlicher wünschtest, als das London des Jahres 2000 zu sehen.»
    Genau, wie Claire Haggerty es geglaubt hatte, dachte er mit bitterer Wehmut, als ihm einfiel, wie das Mädchen ihm ihre Hilfe
     beim Wiederaufbau der Welt angeboten hatte.
    «Ja, man muss zugeben, dass der Chef das alles bestens organisiert hat», stimmte Jeff zu und folgte mit den Blicken einem
     vorüberfliegenden Raben. «Würden die Leute entdecken, dass dies alles hier nur Bühnenzauber ist, landete er im Gefängnis,
     oder sie würden ihn auf der Stelle lynchen.»
    «Darum ist es auch so wichtig, dass man unsere Gesichter nicht sieht, stimmt’s, Tom?», ließ Bradley sich vernehmen.
    Tom nickte und bemühte sich, ein Schaudern zu unterdrücken.
    |359| «Das weißt du doch genau, Bradley», antwortete Jeff mit Blick auf das lakonische Nicken seines Kameraden. «Wir müssen uns
     in diese unbequemen Helme quetschen, damit uns die Passagiere nicht wiedererkennen, wenn sie uns zufällig auf der Straße begegnen.
     Das ist eine von Mr.   Murrays Sicherheitsmaßnahmen. Du weißt doch noch, was er am ersten Tag zu uns gesagt hat.»
    «Selbstverständlich», rief Bradley; und deklamierte, die wohlklingende Stimme des Unternehmers nachahmend: «Der Helm ist euer
     Freibrief. Wer ihn während der Vorstellung abnimmt, wird es bitter bereuen. Lasst es nicht darauf ankommen.»
    «Klar, das habe ich auch nicht vor. Denk nur an den armen Perkins.»
    Bei dem Gedanken an ihn stieß Bradley einen entsetzten Pfiff aus, der Tom zusammenfahren ließ. Die Gruppe hielt vor einem
     lächerlichen Panorama von in Flammen stehenden Dächern. Jeff tastete nach dem übermalten Türgriff in der Wand, dann verschwand
     die Gruppe wie im wattigen Bauch wogender Rauchschwaden. Draußen öffnete sich ein langer Gang, der in eine kleine Garderobe
     führte. Als sie eintraten, überraschte sie gemessener Applaus. Gilliam Murray hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht
     und klatschte mit theatralischer

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