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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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Quellen des Nils gesucht, und gefunden hatte er einen Geheimgang ins
     Jahr 2000.   Aber so war das mit den großen Entdeckungen. War die
Beagle
nicht aus vorgeblich wirtschaftlichen und strategischen Interessen in See gestochen? Ihre Entdeckungen wären sehr viel bescheidener |159| ausgefallen, hätte sich nicht ein junger Naturforscher an Bord befunden, der aufmerksam genug war, sich die Unterschiede bei
     den Finkenschnäbeln nicht entgehen zu lassen. So konnte die Geschichte der natürlichen Auslese die Welt revolutionieren. Und
     genauso zufällig hatte er, Gilliam, die vierte Dimension entdeckt.
    Doch was nützte ihm die Entdeckung, wenn er sie der Welt nicht zugänglich machen konnte? Gilliam wollte die Bewohner der Hauptstadt
     ins Jahr 2000 führen, damit sie mit eigenen Augen sehen konnten, was die Zukunft für sie bereithielt. Die Frage war nur, wie?
     Er konnte die Bevölkerung Londons nicht auf Schiffe verfrachten und in ein Dorf im Herzen Afrikas bringen, in dem derzeit
     die Lianesen lebten. Die einzige Möglichkeit bestand darin, das Zeitloch nach London zu bringen. Ließe sich das machen? Er
     wusste es nicht, aber ein Versuch konnte nicht schaden. Er ließ Kauffman und Austin bei den Lianesen zurück und fuhr nach
     London, wo er einen schmiedeeisernen Kasten von der Größe eines Zimmers bauen ließ. Damit und mit tausend Litern Whisky kehrte
     er ins Dorf der Lianesen zurück, um dort das Tauschgeschäft abzuschließen, das die Vorstellung von der Welt, wie man sie kannte,
     gründlich umkrempeln würde. Sturzbetrunken kamen die Lianesen seiner Laune nach, ihren befremdlichen Gesang in der dunklen
     Kiste anzustimmen. Als das Zeitloch sich aufzutun begann, scheuchte er die schmächtigen Kerle hinaus und verschloss das schwere
     Tor. Er wartete, bis der Whisky auch den letzten Lianesen zu Boden gestreckt hatte, dann begann er den Rückzug. Es wurde eine
     beschwerliche Reise, und Gilliam atmete erst auf, als sie den riesigen Kasten in Sansibar an Bord eines Schiffes gebracht |160| hatten. Während der Überfahrt tat er kaum ein Auge zu. Fast Tag und Nacht verbrachte er an Deck, betrachtete zärtlich den
     finsteren Kasten, der die restlichen Passagiere eher verstörte, und fragte sich, ob er am Ende nicht leer sein würde. Konnte
     man das Zeitloch stehlen? Die Antwort auf diese Frage ließ ihm keine Ruhe, die Ungeduld nagte an ihm und ließ die Überfahrt
     endlos erscheinen. Als sie schließlich doch in Liverpool anlegten, konnte er es gar nicht glauben. Und kaum hatten sie die
     Kiste nach London in die Firma gebracht, schloss er sie, größte Geheimhaltung wahrend, auf. Das Zeitloch war noch da! Der
     Diebstahl hatte geklappt! Der nächste Schritt bestand darin, es seinem Vater zu zeigen.
    «Was, zum Teufel, ist das?», rief Sebastian Murray, als er das Zeitloch in dem Kasten zittern sah.
    «Es ist das, was Oliver Tremanquai in den Wahnsinn getrieben hat», antwortete Gilliam. «Also Vorsicht, Vater.»
    Sein Vater erbleichte. Dessen ungeachtet durchstieg er mit seinem Sohn das Zeitloch und reiste in die Zukunft jenes verwüsteten
     London, in dessen Ruinen sich die überlebenden Menschen wie Ratten verbargen. Nachdem der Vater sich von seiner Überraschung
     erholt hatte, kamen die beiden überein, dass man den Fund der Welt zeigen müsse und man dies am besten tat, indem man das
     Zeitloch zu einem Geschäft machte. Die Menschen das Jahr 2000 sehen zu lassen würde ihnen genügend Geld für weitere Reisen
     und die Erforschung der vierten Dimension einbringen. Als Erstes arbeiteten sie eine sichere Route aus, beseitigten alle Gefahrenstellen,
     richteten Beobachtungsposten ein und ebneten den Weg, sodass eine Straßenbahn mit dreißig Plätzen die Besucher problemlos
     an ihr Ziel |161| bringen konnte. Leider lebte Sebastian Murray nicht lange genug, um der Welt die Eröffnung des Unternehmens ZEITREISEN MURRAY
     verkünden zu können. Gilliam tröstete sich jedoch mit dem Gedanken, dass sein Vater wenigstens die Zukunft kennengelernt hatte,
     die jenseits des eigenen Todes lag.

|162| IX
    Als der Unternehmer seinen Bericht beendet hatte, schwieg er und schaute seine beiden Besucher erwartungsvoll an. Andrew nahm
     an, dass irgendeine Reaktion von ihm erwartet wurde, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Er war verwirrt. Er konnte nicht
     glauben, dass das, was Murray ihnen soeben erzählt hatte, etwas anderes als die Geschichte eines Abenteuerromans war. Die
     rosafarbene Ebene wollte ihm

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