Die Landkarte des Himmels
dieses Lob gestatten … Sie scheinen von unerklärlichen Kräften beschützt zu werden.»
«Möglicherweise liegt es daran, dass meine Feinde nicht so furchtbar sind, wie Sie denken», entgegnete Shackleton knapp.
«Vielleicht sollten wir diesen heilsamen Meinungsaustausch auf später verschieben, meine Herren, meinen Sie nicht?», bemerkte Wells gereizt und deutete auf die zerstörte Stadt zu ihren Füßen. «Ich fürchte, wir haben Wichtigeres zu tun.»
«Sie haben vollkommen recht, Mister Wells», erwiderte Shackleton. «Ich jedenfalls habe entschieden Wichtigeres zu tun, als mit Mister Murray zu diskutieren. Meine Frau Claire, für die ich durch die Zeit gereist bin, ist da unten in Queen’s Gate, und ich möchte jetzt zu ihr.» Dann wandte er sich an den Schriftsteller, den er mit einem übertrieben bedeutungsvollen Blick anschaute, der mir in dieser Situation unangebracht erschien, und murmelte: «Sie vertraut mir. Um nichts in der Welt möchte ich sie enttäuschen … Können Sie das verstehen?»
«Selbstverständlich kann ich das, Hauptmann. Wir alle verstehen Sie …», antwortete der Schriftsteller gedehnt, die Hand seiner Gemahlin ergreifend, «und ich glaube, ich kann im Namen aller sprechen, wenn ich vorschlage, uns so schnell wie möglich auf den Weg zu machen. So wie die Dinge stehen, sollten wir danach allerdings die Stadt auch so schnell wie möglich verlassen. Wir könnten versuchen, den Hafen von Liverpool zu erreichen und von dort aus zum Beispiel ein Schiff nach Frankreich zu bekommen.»
Überflüssig zu sagen, dass dieser Plan nicht meine Zustimmung fand. Wie sollten wir die Invasion niederschlagen, wenn wir aus London flohen? War Hauptmann Shackleton etwa durch die Zeit gereist, um wie eine verschreckte Jungfrau vor den Marsmenschen davonzulaufen?
«Ich fürchte, dass ich mich mit diesem Plan nicht einverstanden erklären kann, Gentlemen», erklärte ich. «Natürlich danke ich Ihnen, dass Sie alle uns nach Queen’s Gate begleiten wollen. Ich bin mir auch bewusst, dass es, so wie die Dinge sich entwickeln, das Vernünftigste zu sein scheint, London zu verlassen. Aber ich glaube nicht, dass wir das tun sollten.»
«Ach nein?», rief der Schriftsteller erstaunt. «Und warum nicht?»
«Ich habe es bereits angedeutet, Mister Wells, als ich Ihnen den Hauptmann vorstellte. Wie wir mit eigenen Augen gesehen haben, sind im Jahr 2000 nur noch die Maschinenmenschen unser Problem, nicht die Eindringlinge vom Mars», erklärte ich zum zigsten Mal in dem Gefühl, einen Witz zu erzählen, über den partout keiner lachen wollte. «Das kann nur heißen, dass diese Invasion zum Scheitern verurteilt ist. Irgendjemand wird eine Möglichkeit finden, die Marsmenschen zu vernichten, und ich neige zu der Annahme, dass Hauptmann Shackleton dies sein wird. Ich bin überzeugt, dass der größte Held aller Zeiten etwas unternehmen wird, um die gegenwärtige Lage zu ändern, und es ist ganz klar, dass er Erfolg haben wird, da er es im Grund ja bereits getan hat.»
Murray und Wells wechselten einen ungläubigen Blick und schauten dann den Hauptmann an, der ein missmutiges Gesicht zog und die Achseln zuckte. Schließlich wanderten ihre Blicke zu mir, und der Ausdruck darin war noch zweifelnder als der meiner Gattin, was mich verwunderte, war ich doch überzeugt gewesen, dass einem Mann mit der Intelligenz eines Wells meine Argumentation absolut folgerichtig erscheinen musste.
«Sollte Ihre Theorie richtig sein, Mister Winslow», antwortete der Schriftsteller, «und die Ereignisse des Jahres 2000 , so wie wir sie kennen, unveränderlich sein, da sie ja, wie Sie richtig bemerken, schon stattgefunden haben, dann kann dieser Invasion auf tausenderlei Art Einhalt geboten werden, sogar ohne unser Eingreifen. Mehr noch: Sollten wir wirklich dazu bestimmt sein, werden wir es auf jeden Fall tun, egal, ob wir in London bleiben oder die Stadt verlassen. Deshalb möchte ich darauf drängen, an unserem Fluchtplan festzuhalten, wenn wir in Queen’s Gate fertig sind.»
«Wie können Sie dessen so sicher sein, Mister Wells? Und wenn Flucht genau das ist, was wir nicht tun sollten? Wenn wir damit die Zukunft verändern würden?» Ich schaute hilfesuchend zu Shackleton. «Was meinen Sie, Hauptmann? Sie sind ein Held. Glauben Sie nicht, dass es vorrangig ist, die Menschheit zu retten?»
«Ja, Mister Winslow, ich bin ein Held», erwiderte Shackleton mit einem Blick zu Murray, der verdrossen schnaufte. «Darüber hinaus aber
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