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Die Landkarte des Himmels

Die Landkarte des Himmels

Titel: Die Landkarte des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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dem heraus die Invasion offenbar gelenkt wurde und das etwas bieder Bürokratisches ausstrahlte. Meine Gelassenheit hatte also eher mit mangelndem Vorstellungsvermögen zu tun als mit übermäßiger Tapferkeit. Ich wollte unbedingt wissen, wie so eine Kreatur in Wirklichkeit aussah, so merkwürdig Ihnen das vorkommen mag: Ich brauchte die Furcht vor ihnen.
    «Hier verbergen sich also die Schläfer von denen, die oben den Angriff führen», sagte Wells. «Deshalb konnte das Monster, das vom Scotland-Yard-Gebäude auf die Straße fiel, auch spurlos verschwinden.»
    «Ja, es ist einfach durch den nächsten Gully abgehauen», knurrte Murray.
    «Na, jedenfalls sind wir jetzt da, wo wir eigentlich hinwollten!», verkündete Clayton, der, während Wells und Murray ihren für mich unverständlichen Dialog führten, wie besessen im Zimmer auf und ab gelaufen war. «Einen besseren Ort für unseren Plan könnte es gar nicht geben.»
    «Plan?», rief Murray. «Was für einen Plan? Soweit ich mich erinnere, wollten wir aus London fliehen, Agent Clayton.»
    «Ja, das wollten wir, Mr. Murray, das wollten wir», entgegnete der junge Mann mit dem Finger auf den Unternehmer deutend, offenbar zufrieden darüber, dass er aufgepasst hatte. «Aber die Wege führen nun einmal nicht immer dahin, wohin wir wollen. Manchmal führen sie dahin, wohin wir
sollen

    «Agent Clayton, könnten Sie sich verständlich ausdrücken?», sagte Wells, bevor wir Übrigen die Geduld verlieren konnten.
    Clayton nickte verdrießlich, als würde unser dauerndes Fordern von Erklärungen ihn allmählich ermüden.
    «Es dürfte ja wohl klar sein, dass es sich um einen Plan handelt, den ich mir ausgedacht habe, während uns die lieben Kleinen hierher geführt haben», erklärte er, und bedeutete uns mit einem argwöhnischen Seitenblick zur Tür, näher zu ihm zu treten. Als wir einen Kreis von Neugierigen um ihn bildeten, hob Clayton seine Metallhand, während er sich mit der anderen Hand den Jackenärmel hochschob wie ein Zauberer, der uns zeigen wollte, dass er kein Ass im Ärmel versteckte. «Sehen Sie her. In dieser Hand befindet sich eine außergewöhnlich starke Sprengladung. Ich brauche bloß einen kleinen Zünder zu betätigen, und der ganze Raum hier versinkt in Schutt und Asche.»
    Wir wechselten verblüffte Blicke, weil wir unsicher waren, ob der Agent uns vorschlug, die Bombe jetzt gleich hochgehen zu lassen, um uns mutmaßliche Qualen zu ersparen.
    «Nein, keine Angst. Mein Plan besteht nicht darin, Sie alle umzubringen», sagte er beschwichtigend. «Im Zeigefinger dieser Hand befindet sich zudem eine kleine Rauchbombe. Wenn der Gesandte erscheint, werde ich den Finger abschrauben und so eine Rauchwolke erzeugen, die das ganze Zimmer in Sekundenschnelle ausfüllt. In dem Moment rennen Sie hinaus. Erst wenn ich überzeugt bin, dass alle draußen sind, werde ich den Sprengsatz hochgehen lassen …»
    Im Zimmer wurde es totenstill. Murray war es, der die Stille schließlich brach, indem er die wirren Gedanken von uns allen in eine einzige Frage fasste:
    «Haben Sie den Verstand verloren, Clayton?»
    «Nicht im Geringsten, Mr. Murray», antwortete der Agent ungerührt.
    Nun waren die Schleusen geöffnet, und alle redeten auf einmal:
    «Um Himmels willen …»
    «Das meint er doch nicht im Ernst, nicht wahr, Bertie?»
    «Haben Sie gesagt, Sie wollen eine … Rauchbombe zünden?»
    «Natürlich nicht, Jane … Ich glaube nicht, Clayton, dass dies für Scherze der rechte Augenblick ist!»
    «Ich fürchte, genau das hat er gesagt, Mister. Obwohl meiner bescheidenen Meinung nach …»
    «Sie wollen sich opfern, um dieses Marsmonster fertigzumachen?»
    «… der Qualm in unsere Augen dringen und …»
    Clayton riss die Arme hoch.
    «Halten Sie endlich den Mund! Sie haben gehört, was ich gesagt habe. Ich werde die Sprengung auslösen, und der Gesandte und ich werden auf der Stelle tot sein.» Der Agent sprach mit einer solchen Gleichgültigkeit dem eigenen Leben gegenüber, dass uns fröstelte.
    «Und was machen wir mit den Wachen vor der Tür?», fragte Murray, den das Schicksal des Agenten nicht allzu sehr zu berühren schien.
    Clayton wandte sich an Shackleton.
    «Das können Sie übernehmen, nicht wahr, Hauptmann?», fragte er. Shackleton öffnete den Mund, brachte ob dieses überwältigenden Vertrauensbeweises jedoch kein Wort heraus. «Wenn Sie schnell genug sind, fallen Sie über sie her, bevor sie sich verwandeln können. Dann werden Sie

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