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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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schlechte Idee wäre, wieder nach Hause zurückzukehren.
    Sie hob das Wechsler-Kästchen vom Boden auf. Es haftete immer noch Staub von der Spurensicherung darauf. Der Schalter war wieder auf AUS zurückgesprungen. Beklommen nahm sie ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, schloss die Augen, zählte bis drei und legte ihn auf OST um.
    Schon stand sie wieder in Linsays Haus. Auf dem ruinierten Teppich vor ihren Füßen lag etwas, das wie die metallenen Bestandteile ihrer Pistole aussahen. Auch ihre Dienstmarke, ihr Namensschild und sogar ihre Krawattenklammer lagen dort. Dazu einige andere Metallteile, die sie bis jetzt noch gar nicht vermisst hatte.
    Clancy wartete draußen im Wagen. Sie überlegte bereits ernsthaft, wie sie ihm das alles erklären sollte.
    Als sie wieder im Revier eintrafen, blinkte auf der Anzeigetafel von Dienststellenleiter Dodd eine Flut von Vermisstenanzeigen auf, eine oder zwei pro Stadtviertel. Es dauerte nicht lange, bis die ganze Tafel leuchtete.
    Dann kamen Alarmsignale aus dem ganzen Land herein.
    »Überall auf der Welt dasselbe«, sagte Dodd verwundert, nachdem er CNN angeschaltet hatte. »Die reinste Vermisstenseuche. Sogar in China. Seht euch das an.«
    Der Abend sollte noch wesentlich komplizierter werden, und zwar für sie alle. Eine Flut von Einbrüchen wurde gemeldet, sogar einer aus dem Tresor des Kapitols. Die Polizei hatte Schwierigkeiten, die vielen Hilferufe auch nur aufzunehmen. Das war, noch ehe die Anweisungen vom Heimatschutz und vom FBI kamen.
    Jansson packte den diensthabenden Sergeant am Kragen. »Was ist hier los, Sarge?«
    Harris drehte sich mit grauem Gesicht zu ihr um. »Das fragst du mich? Keine Ahnung. Terroristen? Die vom Heimatschutz springen wegen dieser Möglichkeit schon im Dreieck. Außerirdische? Das behauptet jedenfalls der Typ mit einer Kappe aus Stanniolpapier auf dem Kopf draußen im Foyer.«
    »Was soll ich tun, Sarge?«
    »Am besten das, was gerade nötig ist«, antwortete er und ging eilig weiter.
    Sie dachte darüber nach. Wenn sie einer der Bürger da draußen wäre, worum würde sie sich zuerst kümmern? Genau – um die verschwundenen Kinder. Sie verließ das Revier und machte sich an die Arbeit.
    Sie fand die Kinder und redete mit ihnen, mit einigen auch im Krankenhaus, und jedes zweite sprach von einem besonderen Jungen, der ganz ruhig gewesen sei, einem Helden, der sie in Sicherheit gebracht hatte, wie Moses – nur dass er Joshua hieß, nicht Moses.
    Beim Anblick der Polizistin wich Joshua zurück.
    »Du bist Joshua, stimmt’s? Ich sehe es dir an. Du bist der Einzige, dem kein Erbrochenes vom Mund tropft.«
    Er gab keine Antwort.
    »Sie haben mir erzählt, Joshua habe sie gerettet. Sie haben mir erzählt, er hätte sie eingesammelt und wieder nach Hause gebracht. Du bist ein richtiger Fänger im Roggen. Hast du das Buch gelesen? Kann ich dir nur empfehlen. Aber vielleicht ist es im Heim ja verboten. Ja, ich weiß Bescheid über das Heim. Aber wie hast du’s angestellt, Joshua?«
    »Ich habe nichts angestellt. Ich bin kein Problem«, sagte er und wich noch weiter zurück.
    »Ich weiß, dass du kein Problem bist. Aber du hast etwas anders gemacht. Ich möchte nur wissen, was du getan hast. Sag’s mir, Joshua.«
    Joshua konnte es nicht leiden, wenn die Leute ständig seinen Namen wiederholten. Das machten sie immer, wenn sie einen beruhigen wollten, weil sie einen für ein Problem hielten. »Ich habe die Anweisungen befolgt. Mehr nicht. Die Leute kapieren es einfach nicht. Man muss nur die Anweisungen befolgen.«
    »Ich möchte es verstehen«, sagte sie. »Erklär’s mir einfach. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.«
    »Also«, sagte Joshua, »auch wenn man nur eine einfache Holzkiste baut, muss man sie lackieren, sonst wird sie feucht, und alles quillt auf, und dann bricht womöglich alles wieder auseinander. Egal was man macht, man muss es richtig machen. Man muss die Anleitung befolgen. Dafür ist sie da.« Er redete zu viel und zu schnell. Er verstummte. Den Mund zu halten funktionierte fast immer. Was hätte er sonst noch sagen sollen?
    Joshua verblüffte Jansson. Offensichtlich hatten alle in der Dunkelheit die Krise gekriegt, die jungen Leute hatten geschrien und sich übergeben, waren gestolpert, hatten sich in die Hose gemacht, waren von Mücken zerstochen worden und gegen Bäume gelaufen. Joshua nicht. Joshua war ganz ruhig geblieben. Sie sah ihn an. Er war schlank, groß für sein Alter, mit blassem Gesicht, aber südländisch

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