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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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getan. Und weil er jetzt, mit achtunddreißig und nach einem von Pech und Rückschlägen geprägten Leben, fest daran glaubte, dass er diesmal der Meute um eine Nasenlänge voraus war.
    Die Idee dazu war ihm nicht lange nach dem Wechseltag gekommen. Er hatte sich genau überlegt, wie er vorgehen wollte. Er fuhr direkt in die richtige Ecke von Kalifornien. Er brachte Landkarten und Fotos und dergleichen mit, um genau die Stelle zu finden, an der Marshall vor vielen Jahren seinen ersten Fund gemacht hatte. Er wusste, dass GPS in den neuen Welten nicht funktionierte, weshalb alles auf Papier sein musste. Selbstverständlich brauchte man keine Landkarte, um Sutter’s Mill am Ufer des American River zu finden, jedenfalls nicht auf der Datum-Erde. Die kleine Sägemühle stand in einem historischen Landschaftspark und war längst zu einem Wahrzeichen Kaliforniens geworden. Anstelle der ursprünglichen Mühle befand sich ein Denkmal, das den Besuchern zeigte, wo James Marshall die ersten Goldkrümel im Schusswasser der Mühle gefunden hatte. Man konnte sich also genau dorthin stellen. Und das tat Jim Russo jetzt, und die Zahnrädchen in seinem Hirn ratterten emsig.
    Dann wechselte er nach West 1, und der Nachbau war verschwunden. Die Landschaft ringsum sah so wild und unberührt aus wie zu der Zeit, als Marshall und Sutter und ihre Kumpels hier ihre Sägemühle gebaut hatten. Vielleicht sogar noch wilder, denn bevor das mit dem Wechseln anfing, hatte es hier nicht einmal Indianer gegeben. Natürlich waren heute auch noch andere Leute hier, Touristen von der Datum-Erde, die sich die Gegend anschauten. Es gab sogar ein paar kleine Informationstafeln. Sutter West 1 und Ost 1 waren dem Wahrzeichen bereits hinzugefügt, als eine Art Zusatz zu dem, was es bereits auf der Datum-Erde gab. Jim lächelte über die mit großen Augen staunenden Touristen, über ihren Mangel an Vorstellungskraft.
    Sobald er sich dazu in der Lage fühlte, also sobald die Übelkeit nach zehn oder fünfzehn Minuten nachgelassen hatte, wechselte er erneut. Und wieder. Und wieder.
    In West 5 machte er eine Pause, weil er glaubte, nun weit genug entfernt zu sein. Niemand war zu sehen. Er lachte laut, dann stieß er einen Jubelschrei aus. Keine Antwort. Aus der Ferne hallte ein Echo zurück, irgendwo rief ein Vogel. Er war allein.
    Er wartete nicht, bis die Übelkeit vorüber war. Er ging neben dem Fluss in die Hocke, kramte das Sieb aus dem Rucksack und atmete tief durch, um seinen Magen zu beruhigen. Genau hier war James Marshall am 24. Januar 1848 eine eigenartige Gesteinsformation im Wasser aufgefallen. Innerhalb eines Tages hatte er mehrere Goldflocken aus dem Fluss gewaschen und damit den Startschuss zum Goldrausch von Kalifornien gegeben. Jim träumte davon, genau diese erste Flocke zu finden, die Marshall gefunden hatte und die heute dem Smithsonian Institute gehörte. Das wäre vielleicht ein Ding! Aber hier gab es natürlich keine Sägemühle und deshalb auch keine Rinne für das Schusswasser, und das Flussbett war auch nicht so umgeleitet wie zu Marshalls Zeiten auf der Datum-Erde, weshalb es mehr als unwahrscheinlich war, dass er genau die gleiche Flocke finden würde. Aber wenn er erst mal reich war, würde er das verschmerzen.
    Das war sein großer Plan. Er wusste genau, wo das Gold von Sutter’s Mill lag, denn es war von den Goldsuchern, die nach Marshall gekommen waren, gefunden und den Bergen entrissen worden. Er hatte Kartenmaterial zu den Adern, die noch unberührt vor ihm lagen! Denn in dieser Welt hatte es keinen Sutter gegeben, auch keinen Marshall, keine Sägemühle – und keinen Goldrausch. Der gesamte Reichtum – beziehungsweise eine Kopie davon – schlummerte noch im Erdreich und wartete nur darauf, dass Jim ihn an sich nahm.
    Dann hörte er jemanden lachen. Das Lachen ertönte direkt hinter ihm.
    Jim wirbelte herum, stolperte, versuchte sein Gleichgewicht wiederzufinden und taumelte rückwärts ins Wasser. Seine Füße wurden nass.
    Vor ihm stand ein Mann in Klamotten aus grobem Jeansstoff und mit einem breitrandigen Hut auf dem Kopf. Auf dem Rücken trug er einen schweren orangefarbenen Rucksack und eine Art Spitzhacke. Er lachte Jim an, in seinem schmutzigen Gesicht blitzten weiße Zähne. Dann tauchten um ihn herum weitere Gestalten auf: schmuddelige Männer und Frauen, die ganz ähnlich angezogen waren und ziemlich müde aussahen. Als sie ihn erblickten, grinsten sie, trotz der Übelkeit nach dem Wechseln, die man ihnen noch

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