Die langen Schatten der Erleuchtung
kokettierten gerne noch mit einem vermeintlichen Übergewicht und gaben so den fülligen Frauen, die nur von 5 kg Gewichtsverlust hoffnungslos träumten, endgültig den Rest.
„Und einen Früchtetee!“, setzte Elvira hinzu.
„Costas, habt ihr mal ein großes Glas Bier für einen Chorleiter!“, rief Heinzi.
Die Teller mit den Hummern und den Austern begannen sich langsam zu leeren, als Egon Maltzahn sich nach einem weiteren Glas Magenbitter erhob, sein Jackett zuknöpfte und an sein Glas klingelte.
„Echt Klasse der Mampf, Harald! So elegant wollte ich immer schon mal fressen!“, rief Lissy mit vollem Mund dazwischen.
„Wie unser liebes Käthchen völlig richtig bemerkt hat - ich darf Sie doch so nennen, meine Liebe“, begann Egon mit sonorer Stimme, die in unzähligen, völlig überflüssigen Sitzungen bei der Deutschen Assekuranz geschult und zur Meisterschaft herangereift war, „ist die Zeit vor dem Essen wahrlich nicht der richtige Moment für eine Rede. Aber vielleicht währenddessen. Man ist so auf die angenehmste Art abgelenkt und braucht dem Redner kein Wohlgefallen zu heucheln. So nutze ich denn diese günstige Gelegenheit und ergreife bei diesem exquisiten Mahle kurz das Wort:
Unser lieber Harald! Im CCH bist du ja von höchster Stelle zu Recht ausgezeichnet und befördert worden. Und ich will an dieser Stelle nicht versuchen, die Lobrede unseres verehrten Vorstandsvorsitzenden Herrn Sauter noch einmal zu überbieten. Nur ganz kurz: du hast diese Beförderung, weiß Gott, verdient und wir freuen uns alle mit dir. Doch auch ich bin beschenkt, denn es gibt wohl nicht viele Hauptabteilungsleiter wie mich in unserer Firma, die auf so tüchtige Mitarbeiter wie dich, lieber Harald, vertrauen können. Wir alle freuen uns auch mit deiner Frau Marlies. Und wir danken dir für diese grandiose Feier, auf der du ja das Beste aus Küche und Keller hast auffahren lassen, wie wir alle bestätigen können. Und es wäre mir eine Freude und Ehre, mein lieber Harald, wenn auch du mich ab sofort bei meinem Vornamen nennst: Egon!“
Unter lautstarkem Beifall und dem Geklatsche und Gejohle von Lissy erhob sich Harald strahlend, knöpfte sein Jackett zu und stieß mit Egon an.
„Mein lieber Egon! Meine Lieben! Meine liebste Marlies! Natürlich konnte einer so überragenden Führungskraft wie dir, Egon, mein Einsatzwille und meine Zuverlässigkeit nicht verborgen bleiben. Ich danke dir in dieser Runde nochmals für meine Beförderung, die du ja in die Wege geleitet hast. Doch ich hätte diese Leistung nie über all die Jahre ohne meine von mir vergötterte Marlies bringen können! Wie sagt man so schön: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. So ist es auch bei mir. Und so nutze ich diese gute Gelegenheit in dieser Runde für mich, einmal meiner Marlies meinen Dank zu sagen!“
„Mir kommen die Tränen!“, murmelte Vera vor sich hin und knackte eine weitere Hummerschere.
Harald griff bei seinen letzten Worten in die Seitentasche seines Jacketts und hielt einen Schlüssel in der Hand. „Für dich, meine liebste Marlies!“ Es war der Schlüssel für einen Polo. Marlies lachte, dann brach sie in Tränen aus und verbarg ihr Gesicht in einer Serviette. Sie verbrauchte sämtliche Servietten am Tisch, ehe sie sich wieder halbwegs gefangen hatte.
„So bitte ich euch alle, meine Lieben“, beendete Harald seine Rede, „mit uns anzustoßen!“
Noch einmal brandete Beifall auf, als man die Gläser leerte. Nur Käthchen hantierte immer noch hilflos mit den Zangen und den Hummerscheren herum: „Da brauchst du ja eine Fechtmaske beim Essen! Costas, mein Jung, bring' mir bitte mal ´nen Teller Giros mit ´ner doppelten Portion Pommes. Ja, und mit Mayo! Und nimm mal die Zangen mit, sonst verletze ich mich noch!“
„Also, dieser Reis ist ganz wunderbar“, entzückte sich Elvira, „ich kann mich kaum beherrschen. So etwas Köstliches habe ich lange nicht gegessen!“
„Darf ich auch einmal kurz um Gehör bitten“, klingelte nun Giaccomo an sein Glas, „ich möchte nur ankündigen, die nächste Runde Ouzo geht auf Juttas und meine Kosten!“ Jutta und Giaccomo hoben beide ihre linke beringte Hand empor. „Wir haben uns gestern verlobt!“
Für eine Weile waren alle sprachlos, ehe der Tumult losbrach. „Und für wie lange?“, hörte man zum Glück nur sehr undeutlich Vera fragen. Man umarmte und küsste die Glücklichen, während
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