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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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hin.
     
    Martha trat mit den gefüllten Cognacschwenkern hinzu. Harald hatte erneut seine kalbsledernde Brieftasche gezogen und legte zwei Fünfhunderter neben die Kasse: „Als Anzahlung!“
     
    Wie mit Zauberhand ließ Costas die Scheine in der Brusttasche seines Hemds verschwinden und stieß gleichzeitig mit seinem Cognacschwenker in der anderen Hand an. Als Harald ausgetrunken hatte, knöpfte er sein Jackett zu, deutete ein zackiges Nicken zum Abschied an und schritt federnden Schrittes zur Tür.
     
    Als sich die Tür mit den Butzenscheiben hinter ihm geschlossen hatte, meinte Costas seufzend: „Ich sage dir, Martha, wenn Scheiße was wird...!“

Ein Mönch fragte: „Wenn ich überhaupt nichts verstehe, was dann?
    Joshu meinte: „Ich verstehe sogar noch weniger.“
    Der Mönch fragte: „Meister, wisst Ihr nicht, was ist?“
    Joshu antwortete: „Ich bin kein Holzklotz. Warum sollte ich es nicht wissen?“
    Der Mönch bemerkte: „Was für ein feiner Mangel an Verständnis!“
    Joshu klatschte in die Hände und lachte.
                                                                          Zen-Meister Joshin Joshu

Die Feier oder wie sich jede Hoffnung in ihre eigene Ekstase wiegt.
    Hauptabteilungsleiter Egon Maltzahn und seine Gattin Elvira waren mit die letzten. Fast wäre Egon noch draußen Bei Costas über die dort angekettete Gehhilfe von Käthchen gestürzt. Er war in ein scharfes Dunstgemisch aus Salmiakpastillen und Magenbitter eingehüllt, wobei der Magenbitter gerade wieder die Oberhand gewann. Selbst die hart gesottene Martha schreckte an der Kasse vor ihrer üblichen Umklammerung zurück, nicht zuletzt, da Herr Maltzahn ein Haarteil trug, das schon in bedenklicher Weise seinen angestammten Platz zu verlassen drohte. Hanif hatte sich bei seiner Begrüßung gar nicht mehr aus Marthas Umarmung lösen wollen, bis Melinda ihn anherrschte: „Hanif, mach' hier nicht den Bodenturner!“
     
    Genau wie Harald trug Egon Maltzahn einen dunkelblauen Nadelstreifen, ein stahlblaues Oberhemd mit Manschettenknöpfen und eine rote Krawatte. Seine Gemahlin Elvira trug zierliche, güldene Sandalen und einen langen, indianischen Umhang, der ihre schlanke und lichte Gestalt betonte - nicht unähnlich dem Gewand von Costas. Lange, blond gefärbte Haare fielen ihr bis weit über die Schultern. Dazu trug sie einen Stirnreif, auf dem bunte Steine funkelten. Als erfahrener Gastwirt und Frauenkenner begnügte sich Costas in ihrem Falle vorerst nur mit einem Handkuss. Später, wusste er, würde sie ihm nach mehreren Ouzos am Ende der Feier wie eine reife Frucht an den behaarten Brustkorb fallen.
     
    Wiegend wie ein Tanzbär schritt Costas voran, winkte dabei huldvoll den Gästen an den Tischen zu beiden Seiten zu und geleitete die Maltzahns durch die tunnelartige Taverne, deren Wände mit historischen Gebäuden aus der Stadt bemalt waren. Als Harald sie schon von weitem erblickte, erhob er sich in seinem dunkelblauen Nadelstreifen mit roter Krawatte und breitete für Egon Maltzahn wie für einen Logenbruder die Arme weit zum Willkommen aus. Elvira hatte ihrer indianischen Umhängetasche schon ein Pendel entnommen und ließ es bereits im Stehen schwingen.
     
    „Das wird aber auch langsam Zeit, mein Jung“, meinte Käthchen in die Richtung von Egon Maltzahn. Sie hatte aus Verzweiflung schon mehrere Brote mit Ajioli vertilgt, die man den Gästen vorweg auf den Tisch stellte, während sie auf das Essen warteten. „Ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn es mit dem Essen nicht losgeht! Und ich sage es dir gleich, falls du die Absicht hast, mein Jung, für Harald hier eine Rede zu halten, auf keinen Fall VOR dem Essen!“
     
    Sie waren alle gekommen. Marlies saß neben ihrem Harald in der Mitte der Tischreihe. Vera linksaußen in ihrem ältesten, selbst gestrickten Pullover über der Kordhose. Jojo und Hanif saßen neben der strahlenden Jutta und ihrem Giaccomo, dazwischen Melinda in einem schlichten, schwarzen Kostüm wie eine Madonna. Sie zog den Blick der männlichen Gäste auf dem Weg zur Herren-Toilette auf sich. Lissy und Gerhard waren in ungewohnt bürgerlicher Aufmachung gekommen. Lissy trug ein Kleid und Gerhard sogar einen Schlips.
     
    Harald stellte nun weltmännisch den Maltzahns alle Anwesenden vor. Als er zu einem kleinen, fast knabenhaft wirkenden Mann mit blondem, welligem Haar neben Vera kam, meinte er: „Und das ist unser Heinzi,

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