Die Lanze Gottes (German Edition)
Erzählungen ihres Bruders. Sie versuchte sich zu konzentrieren und ihre weiteren Schritte zu überdenken. Die Waffenknechte hatten ihr gehörige Furcht eingejagt.
Sie überlegte, wer von ihrem Vorhaben gewusst haben könnte. Johannes? Nein, das konnte nicht sein, sie kannte den Stallmeister, er war immer für sie und Janus dagewesen. Notgar? Der salische Söldner blieb undurchschaubar. Er hatte einmal versucht, sich ihr zu nähern, es jedoch nicht an Respekt oder Anstand mangeln lassen. Hatte er es aus Rache getan, weil sie ihn seinerzeit abwies? Hermann von Gleiberg selbst? Um den Besitz und die Macht zu wahren, traute sie Fürsten wie Hermann vieles zu. Jedermann auf der Gleiburg hätte es sein können. Auch dort besaßen die Wände Ohren. Adela? Vielleicht aus Rache? So sehr sich Konstanze auch bemühte, sie wusste keine Antwort. Wem sollte sie sich offenbaren? Wer würde ihr helfen? Alleine würde sie es kaum bis Bremen schaffen, der Weg war zu weit und zu gefährlich für eine Frau ohne Begleitung. Konstanze beschloss, ihrem Gefühl zu gehorchen. Sie würde Johannes einweihen und versuchen, irgendwie den Bremer Mönch benachrichtigen.
Plötzlich preschte ein Reiter aus dem Gebüsch auf sie zu. Konstanze hob schützend ihre Arme. Kurz vor ihr brachte der Mann sein Pferd zum Stehen und sprang aus dem Sattel.
»Halt! Nicht so schnell, Weib!« Er packte Konstanze grob am Arm und drehte sie zu sich um. Sie funkelte den Fremden wütend an und riss sich von ihm los.
»Was erlaubt Ihr Euch? Wer seid Ihr?« Sie musterte ihn. Es handelte sich um einen kräftigen Mann mittleren Alters. Ihr fielen sofort seine etwas schief stehenden Augen auf. Er musste ihr gefolgt sein. Was hatte er gehört? War er einer von Konrads Männern oder hielt er sich zufällig hier im Wald auf? An seiner Kleidung konnte Konstanze sehen, dass er von Adel sein musste.
Überraschenderweise verbeugte sich der Fremde. »Verzeiht mir bitte, ich bin auf der Durchreise und mein Knappe ist verschwunden. Wir lagerten unten an der Rumia und wurden überfallen. Ich folgte dem Gesindel und hielt Euch für einen von ihnen.«
Konstanze merkte, wie er sie anstarrte.
»Es scheint, als seid Ihr in großer Eile. Werdet Ihr verfolgt? Seid Ihr etwa ebenso überfallen worden?«
Konstanze schaute in die Augen des Fremden. Wie ein Habicht, dachte sie.
»Nein, ich bin niemandem begegnet und Euren Knappen habe ich auch nicht gesehen. Wenn Ihr mich nun gehen lassen wollt, edler Herr!«
Er musterte sie zweifelnd. »Verratet mir Euren Namen!«
Konstanze verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Wie wäre es, wenn Ihr mir zuerst den Euren nennt?«
Der Ritter lächelte, legte eine Hand auf die Brust und erwiderte mit einer Verbeugung: »Mein Name ist Wilfried von Breyde.«
Konstanze erschrak. Sie hatte den Namen in den letzten Jahren mehrfach gehört. War das der Ritter, der seinerzeit ihren Vater töten ließ? Ihr wurde schwindelig und sie hoffte, der Schrecken spiegelte sich nicht auf ihrem Gesicht. Fieberhaft überlegte sie, was sie tun sollte, und versuchte, dem prüfenden Blick Wilfrieds standzuhalten. War er ihr gefolgt? Eigentlich wusste kaum jemand im Reich, dass sie noch lebte. Andererseits hatte ihre Vorsicht in den letzten Jahren nachgelassen. Seit sie in Gleiberg wohnte, wussten zumindest die Menschen dort, dass sie Janus´ Schwester war. Es hatte keinen
Grund gegeben, sich weiter zu verstecken. Die Menschen, die ihr einst nach dem Leben trachteten, waren weit weg. So dachte sie jedenfalls bis heute. Und jetzt stand der Schlimmste von allen vor ihr.
Wilfried sah sie forschend an. »Was macht so ein schönes Weib allein in diesem gottverlassenen Wald?«
»Ich suchte Kräuter, edler Herr«, antwortete Konstanze und senkte ihren Blick.
»So, Kräuter suchen? Seid Ihr Hebamme oder eine Heilerin?«
»Ja«, antwortete sie vorsichtig.
Er zog eine Augenbraue hoch und musterte sie kritisch. »Habt Ihr die Männer des Grafen Konrad gesehen, die auf dem Hügel einen Gesetzlosen mitgenommen haben?«
»Nein, ich habe niemanden gesehen!«
»Seltsam, wo Ihr doch aus derselben Richtung kommt. Ihr müsst sie gesehen haben!«
»Ich sagte doch, ich habe niemanden gesehen und muss nun fort«, platzte Konstanze heraus und wandte sich zum Gehen. Doch Wilfried hielt sie am Arm fest.
»Lasst mich los! Was erlaubt Ihr Euch!«, zischte Konstanze.
»Wie ist Euer Name?«
»Gunhild«, log Konstanze.
Wilfried deutete mit dem Kopf auf Konstanzes Kleidung. »Nun Gunhild,
Weitere Kostenlose Bücher