Die Lanze Gottes (German Edition)
in eine große Kemenate geführt, in der ein blonder Mönch mit spitzem Bart saß. Man ließ sie allein.
Wilfried verschränkte seine Arme vor der Brust, stand regungslos im Raum und blickte sich um. Der Spitzbärtige stand auf und kam auf ihn zu. »Seid Ihr der Bote von Mathilde von Arnesberge, den ich erwarte?«, fragte er und blickte seinem Gast fest in die Augen.
»Der bin ich. Mein Name ist Wilfried von Breyde.«
Der Mönch musterte ihn. »Wahrlich, ihr seht genauso aus, wie Konstanze von Esken Euch beschrieben hat.«
Wilfried lächelte. Bei dem Mönch musste es sich um Adam von Bremen handeln, da gab es keinen Zweifel. Er ließ seinen Blick abermals durch die Kemenate wandern und ihm fiel auf, dass der Raum über eine zweite Tür an der gegenüberliegenden Wand verfügte. Zweifellos hatte der Mönch Vorsorge getroffen. Wilfried trat einen Schritt auf ihn zu.
»Adam von Bremen. Um ein Haar hätte ich Euch und Euren Freund Janus von Esken damals in Dänemark getötet, doch leider wart ihr in dem armseligen Heidendorf nicht zu finden.« Wilfried setzte sich ohne Aufforderung auf einen Schemel. Er zog seine Handschuhe aus, legte sie vor sich auf den Tisch und musterte den Mönch erwartungsvoll. Adam von Bremen war für seinen Scharfsinn berüchtigt, daher musste er wachsam bleiben.
Der Mönch nahm ihm gegenüber Platz, ohne eine Miene zu verziehen. »Ihr und Mathilde von Northeim. Es ist doch erstaunlich, wie sehr sich das Böse gegenseitig anzieht!«
Wilfried lächelte. »Was böse ist, hängt immer davon ab, auf welcher Seite man steht. Ich wusste nicht, zu wem Konstanze von Esken gehen würde, doch eigentlich hätte ich auch selbst auf Euch kommen können!«
Adam stand auf, öffnete die zweite Tür der Kemenate und sagte: »Tretet ein, mein Kind!«
Wilfrieds Blick fiel auf Konstanze und er spürte sogleich einen Stich im Herzen. Ohne es zu wollen, wurde er nervös. Eine Mischung aus Freude und Furcht überkam ihn. Er zwang sich dazu, die Kontrolle zu behalten und fragte sich, warum ihm das in Konstanzes Gegenwart einfach nicht gelang. Schließlich stand er auf und verbeugte sich vor ihr. »Ich bin Euch zu Dank verpflichtet, Konstanze von Esken, und ein wenig überrascht, wie sich die Dinge zusammenfinden. Ich hatte eigentlich geglaubt, Euer Bruder habe die Lanze in Gleiberg versteckt.« Er streifte Adam mit einem Seitenblick, dann wandte er sich erneut Konstanze zu. »Habt ihr Euch selbst auf den weiten Weg nach Bremen gemacht?«
»Nun, um ehrlich zu sein, wusste ich nicht sicher, dass Adam tatsächlich im Besitz der Reliquie ist, die Ihr so begehrt. Mir war zwar bekannt, dass mein Bruder sie gefunden hatte, jedoch kannte ich nicht das Versteck. Bei seiner Gefangennahme sagte mir mein Bruder, ich solle Adam um Hilfe bitten, das tat ich.«
Adam mischte sich ein: »Ein schneller Bote des Grafen von Gleiberg braucht nicht lange bis Bremen. Janus von Esken eingekerkert auf der Rüdenburg!« Der Mönch schenkte Wilfried ein überlegenes Lächeln. »Da mir die Zusammenhänge durchaus klar sind, ist mir bewusst, dass Mathilde von Arnesberge keinerlei Interesse an der Reliquie hat, es sei denn, sie eröffnet ihr neue Wege zu Geld und Macht, oder lässt sie in der Gunst ihres Vaters steigen. Und Graf Konrad? Aus welchem Grund sollte er Janus gefangen nehmen? Aus Eifersucht? Alle Welt weiß, dass sein Weib eine Hure ist. Euer Name fiel und wo der auftaucht, steckt meistens Rudolf von Rheinfelden dahinter. Seit Jahren versucht Ihr, die Heilige Lanze in Euren Besitz zu bekommen. Das heißt also, ich bin nicht annähernd so überrascht, wie Ihr es seid, Graf von Breyde. Meine Nachricht an die Gräfin von Arnesberge hat also ihren eigentlichen Empfänger
erreicht.«
Wilfried schaute zu Konstanze, die zuerst Adam und dann ihn anblickte. Ihre wunderschönen Augen wirkten seltsam abwesend.
»Ich werde nun gehen. Habt Dank, Adam von Bremen! Lebt wohl, Wilfried von Breyde!« Sie verbeugte sich kurz und verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen, das Gemach. Wilfried sah ihr gedankenverloren nach.
»Nun?«, riss ihn der Mönch aus seiner Starre und zog misstrauisch die Augenbrauen hoch.
»Gebt mir die Lanze und ich werde Janus von Esken freilassen«, sagte Wilfried immer noch zur Tür blickend. Konstanze war fort, schoss es ihm durch den Kopf, dann versuchte er sich erneut zu konzentrieren und wandte sich wieder Adam zu. »Ihr habt mein Wort darauf!«
Adam von Bremen lachte laut auf. »Ihr beleidigt meine Klugheit.
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