Die Lanze Gottes (German Edition)
Glaubt ihr im Ernst, ich würde Euch die Heilige Lanze einfach so übergeben? Wie kommt Ihr dazu? Haltet Ihr mich für einen Narren?«
Wilfried stand langsam auf und legte seine Hand an das Heft seines Schwertes. »Ich könnte Euch jetzt und hier töten, Mönch!«
Adam zeigte sich davon unbeeindruckt. »Versucht es!«
»Wer sollte mich daran hindern?«
Der Mönch klatschte in die Hände und sogleich ging die zweite Tür auf und vier bewaffnete Männer betraten die Kemenate. »Ihr seht, von Breyde, mein Vertrauen in Euch hat Grenzen. Glaubt ihr wirklich, ich wäre ohne Schutz gekommen? Ihr wollt die Heilige Lanze? Nun gut, ich gebe sie Euch, im Tausch für das Leben von Janus.«
Wilfried spürte den durchdringenden Blick des Mönches. Dieser Mann wusste genau, was er tat. Das machte ihn zu einem mächtigen Gegner, auch wenn er als Mönch keine Waffen trug. Die Augen des Domscholasters funkelten in wilder Entschlossenheit.
Wilfried nickte beschwichtigend. »Wie soll es nun weitergehen? Was schlagt ihr vor?«
Adam ging langsam durch die Kemenate, verschränkte die Arme auf dem Rücken und erklärte mit ruhiger Stimme: »Ihr reitet zurück nach Arnesberge und bringt mir Janus von Esken. In einem Stück. Unversehrt. In zwei Wochen bei Vollmond. Denn wir brauchen das Licht ebenso wie die Dunkelheit für den Austausch. Kommt mit zum Fenster.« Von hier aus konnten sie über die Klostermauer blicken. Adam von Bremen deutete auf die kleine Lichtung außerhalb. »Ich habe zwei ganz hervorragende Bogenschützen unter meinen Männern, deren Pfeile Euch notfalls durchbohren werden, falls Ihr Euch nicht an die Abmachung haltet. Ihr werdet zusammen mit Janus auf diese Lichtung gehen. Dort wird die Lanze liegen. Seid Euch gewiss, dass meine Männer ihr Ziel nicht verfehlen werden. Ihr betretet die Lichtung allein mit Janus von Esken, lasst ihn frei und er wird dann zur Klosterpforte gehen. Ihr nehmt die Lanze und gehabt Euch wohl. Sollte Graf von Esken etwas zustoßen oder Ihr nicht allein kommen, so werde ich es erfahren. Meine Männer sehen Euch, wenn Ihr durch die Ebene reitet, falls Ihr beabsichtigen solltet, Eure Waffenknechte mitzubringen. Versucht Ihr mich zu betrügen, werden sie die Lanze sofort zurückbringen. Hinter den Klostermauern werdet ihr sie niemals finden, dafür werde ich sorgen, selbst wenn ihr mit einer ganzen Armee kommen solltet. In zwei Wochen also. Jetzt geht! Es ist nicht so, dass ich Eure Anwesenheit sonderlich genieße.«
An der Klosterpforte traf Wilfried Konstanze, die auf ihn wartete. Er trat zu ihr, nahm ihre Hand und spürte erneut diesen Stich ins Herz. Sie ließ ihn gewähren. Er wusste nicht, was er sagen sollte, die Worte kamen schwer über seine Lippen. »Nun, mir scheint, ich bin Euch zu Dank verpflichtet, Ihr habt Euer Versprechen gehalten«, sagte er.
Sie blickte ihn müde und traurig an. »So haltet auch das Eure.«
Er blickte in ihre Augen und wusste, dass er sie niemals wiedersehen würde. Ein nie gekanntes Gefühl der Trauer und Verzweiflung durchfuhr seinen Körper. Er wollte noch etwas sagen, doch Konstanze hielt ihren Finger auf seine Lippen. Dann strich sie eine der Haarsträhnen aus seinem Gesicht und flüsterte: »Vielleicht in einem anderen Leben, Wilfried von Breyde.«
XLVI
Janus hatte Hartwin seit zwei Tagen nicht mehr gesehen und befürchtete schon, ihm und seiner Mutter sei etwas zugestoßen. Am dritten Tag öffnete sich die Kerkertür schließlich und herein trat Wilfried von Breyde. Janus spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Die Angst kroch seinen Nacken hinauf und er war sich sicher, dass sein Tod bevorstand. Er schloss die Augen und dachte an Adela. Wie gerne hätte er sie noch einmal in seinen Armen gehalten.
»Steht auf!« Wilfried trat auf ihn zu und Janus sah hinter ihm zwei weitere Männer. Er tat wie ihm geheißen. Durch das Essen und die Pflege in den letzten Wochen gestärkt, stand er aufrecht vor seinem Peiniger. Wilfried gab den Männern den Befehl, seine Ketten zu lösen. Dann band man ihm die Hände auf dem Rücken und führte ihn hinaus. Verwundert blickte sich Janus zu Wilfried um, doch der wich seinem Blick aus und schwieg. Würde man ihn nun töten? Janus fühlte, wie sich die Furcht in seinen Eingeweiden ausbreitete. Im Burghof erwarteten sie einige Männer zu Pferden. Es sah nicht so aus, als wolle man ihn einfach umbringen. Man half ihm auf ein Pferd und einer der Waffenknechte befestigte einen großen Sack an dem Tier. Janus erkannte
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