Die Lanze Gottes (German Edition)
blickte sich ehrfürchtig um. Kostbare Teppiche hingen an den hohen Wänden und ein riesiger Tisch stand in der Mitte, dahinter eine Art Thron. Furcht überkam ihn. Was, wenn der Papst seinen Zorn auch gegen ihn schleudern würde? Schließlich gehörte er zu den letzten Getreuen des Königs. Andererseits war er nur der Bote.
Seine Gedanken wurden unterbrochen. Die großen Türen zur Audienzhalle öffneten sich und mehrere Geistliche und Bischöfe kamen herein. Ihnen voran schritt ein Mann von hagerer Gestalt, der schließlich vor Janus stehenblieb. Das musste der Heilige Vater sein. Janus fiel der ernste, tiefgründige Blick auf, mit dem er ihn aufmerksam musterte. Der Heilige Vater trug ein rotweißes Gewand, besaß kantige Gesichtszüge und dünnes Haar. Beeindruckt starrte Janus den Papst an. Dann wurde ihm bewusst, dass er immer noch stand. Schnell fiel er auf die Knie und küsste den Ring, den ihm Gregor hinhielt. »Erhebt Euch, edler Herr, man sagte mir, Ihr bringt Nachricht von König Heinrich?«
»Ja, Heiliger Vater«, antwortete Janus und überreichte dem Papst die Nachricht mit dem königlichen Siegel.
Der zerbrach das Wachs, öffnete den Brief und schritt durch die Halle, während er las.
Nach einer Weile rollte der Papst das Pergament wieder zusammen und wandte sich Janus zu. »Nun, Ihr seid ein treuer Diener Eures Königs und habt Euch auf den weiten Weg zur Heiligen Stadt gemacht, um mir diese Nachricht zu überbringen. Wie Gott es will, kommt König Heinrich zur Besinnung und bietet uns ein Treffen an. So sagt Eurem König Folgendes vor mir: Ich breche schon bald mit meinem Gefolge in Richtung Norden auf. Am Tag der Darstellung des Herrn erwarten mich die deutschen Fürsten in Augsburg. Mir wurde kundgetan, das Ultimatum, welches die Fürsten dem König gestellt haben, läuft an diesem Datum ab. Ich werde in Augsburg gemeinsam mit den Fürsten über sein Schicksal beraten. Ein Treffen mit dem König halte ich nicht mehr für notwendig.«
Der Papst beobachtete die Reaktion seines Gegenübers genau.
Janus bemerkte es und senkte schnell sein Haupt. »Ist das alles, Eure Heiligkeit?«
»Das ist alles, mein Sohn. Es sei denn, der König tut Buße. Nur Gott allein kann ihm jetzt noch helfen. Ich habe kein Interesse daran, mich in die Angelegenheiten des Reiches zu mischen, und wache einzig und allein über das Wohl der Kirche. Prägt Euch meine Worte gut ein, junger Ritter.«
Janus verbeugte sich vor dem Heiligen Vater und verließ Rom noch zur selben Stunde.
Als er einige Wochen später in Speyer eintraf, wurde er sogleich zum König vorgelassen. Vor der Halle trug man ihm zu, der König warte schon seit Tagen ungeduldig auf seine Rückkehr. Die Bischöfe und Fürsten blickten erwartungsvoll auf Janus, als er den Thronsaal betrat. Der König wirkte rastlos. Ehrerbietig sank Janus auf ein Knie.
»Erhebt Euch, Graf von Esken! Sagt, was bringt ihr für Nachrichten?«
Janus berichtete dem König genau, was der Heilige Vater ihm gesagt hatte. Heinrich lief rot an vor Zorn und schlug mit der rechten Faust auf die Armlehne seines Throns. Dann erhob er sich und stapfte wie ein wütender Löwe durch die Halle. Janus beobachtete die Betroffenheit der getreuen Bischöfe und Fürsten.
Der König tobte und schrie: »Dieser verdammte Mönch! Er glaubt tatsächlich, er könne mich in Augsburg meinen Fürsten vorführen wie ein Bauerntölpel, der seinen Zehnten nicht abgegeben hat! Was bildet er sich ein? Mein Vater hat Päpste auf den Stuhl Petri gesetzt und sie wieder hinuntergeworfen, wann immer es ihm beliebte. Ich bin der von Gott gewollte König! Ich bin Heinrich, der mächtigste Herrscher des Erdenkreises! Ich werde ihm mit meiner Armee entgegen ziehen. Er soll wissen, was es bedeutet, mich zu fordern!« Der König wurde plötzlich der Stille im Saal gewahr und hielt inne. Alle Augen im Raume waren starr auf ihn gerichtet.
Bischof Liemar nutzte die Pause und ergriff das Wort. »Verzeiht, mein König, aber Ihr habt keine Armee, nur wenige Fürsten stehen noch auf Eurer Seite.« Dabei legte er beruhigend seine Hand auf den Arm des Königs.
Der blickte verzweifelt zuerst zum Bischof und dann zu Hermann, der zustimmend nickte. Der König ließ sich wieder auf seinen Thron sinken und fasste sich an die Stirn: »Dann meint ihr, mein Reich ist verloren? Meine Krone dahin? Es gibt keinen Ausweg mehr?«, sagte er mit einem Zittern in der Stimme.
Hermann trat einen Schritt vor. »Es gibt vielleicht noch einen
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