Die Lanze Gottes (German Edition)
wollte er sich nicht durchringen. Nach endlosen Diskussionen setzte sich Heinrich schließlich erschöpft auf seinen Thron und gab mit einer Handbewegung zu verstehen, allein sein zu wollen.
Am nächsten Tag ließ der König Janus und Hermann zu sich rufen. Sie betraten den Saal und knieten nieder. Heinrich erhob sich von seinem Thron. »Erhebt Euch, Hermann von Gleiberg, und auch Ihr, Janus von Esken. Ich habe Euch rufen lassen, weil ich eine Entscheidung getroffen habe.«
Ein Diener trat herein, der dem König eine Pergamentrolle übergab. Bedeutungsvoll erhob Heinrich die Stimme. »Ich habe beschlossen, mich mit dem Papst zu treffen. Doch ich kann nicht auf den Handelswegen nach Italien reisen. Die Fürsten halten die Alpenpässe besetzt. Es gibt nur den Weg über Burgund, den dortigen Pass kontrolliert meine Schwiegermutter Adelheid von Turin. Graf von Gleiberg, ich bitte Euch, bereitet alles für die Reise vor.«
Hermann senkte ehrerbietig den Kopf. »Ja, mein König.«
Dann wandte sich Heinrich an Janus. »Nun zu Euch, Graf von Esken! Ich möchte, dass Ihr diese Nachricht dem Heiligen Vater persönlich überreicht. Überquert mit Eurem Pferd die Alpen und erweist mir die Treue. Ich will mich mit dem Papst treffen. In dem Schreiben steht alles Weitere. Überbringt es ihm und macht Euch mit seiner Antwort sogleich auf die Rückreise. Gott schütze Euch!«
Janus war entsetzt. Welche Rolle wurde ihm in diesem größten Spiel der weltlichen und kirchlichen Macht zugewiesen? Seine Gedanken überschlugen sich. Er sollte nach Rom reiten? Zum Heiligen Vater? Verwirrt verbeugte er sich vor dem König, nahm das Pergament an sich und verließ mit Hermann den Thronsaal. Vor der Tür blieb Hermann stehen und blickte ihn ernst an. »Von dir hängt jetzt viel ab. Wenn deine Mission scheitert, ist der König verloren!«
Janus nickte, überwältigt von der Größe seiner Aufgabe.
Am nächsten Morgen machte er sich auf den Weg und ritt wie der Teufel, schonte weder sich noch sein Pferd. Nach einer Woche erreichte er die Alpen. Die Wachen an der alten römischen Passstraße fragten nicht weiter nach. Sie ließen ihn passieren, denn sie glaubten, er sei ein einfacher Ritter auf dem Weg nach Italien. Janus blickt hinauf zu dem riesigen Bergmassiv. Die Gipfel waren bereits schneebedeckt. Bald würde der Winter einbrechen, was eine Überquerung der meisten Pässe unmöglich machen würde. Dieser Weg an der Via Raetia war der Einzige, der im Winter begehbar war, wenn auch nur unter größten Gefahren. Nach einer weiteren Woche hatte Janus das Gebirge hinter sich gelassen. Der Rest der Reise war weitaus weniger beschwerlich und er beschloss, seinem Pferd und auch sich selbst nun öfter Pausen zu gönnen. Der Zelter war ihm ans Herz gewachsen und er brauchte das Tier noch für den Rückweg.
Schließlich erreichte er Rom. Die Stadtmauer erschien Janus unendlich lang. Er überquerte den Tiber und ritt langsam in die Stadt. Ehrfurcht übermannte ihn auf seinem Weg hindurch zwischen hohen Gebäuden und Ruinen. Hier waren die Gesetze und Symbole des Christentums versammelt. Dies war die Stadt des Apostels Petrus. Jede Macht, ob geistlich oder weltlich, empfing hier ihre Weihe. Bistümer und Klöster wurden von Rom aus gegründet und Mönche zogen von hier aus, um die Menschen zum Glauben zu bekehren. Alles hatte hier seinen Ursprung. Jeder kannte Rom und unterwarf sich der Autorität dieser Stadt und seines obersten, kirchlichen Fürsten, bis auf König Heinrich, und Papst Gregors Strafe traf ihn daraufhin wie ein Blitz. Der Heilige Vater besaß die Macht, Menschen zu segnen oder zu verfluchen, und niemand stellte sich seinen Kirchenstrafen entgegen.
Die Kunde vom Bann gegen den König sorgte für großes Aufsehen in der ganzen Welt. Janus wurde, während er durch die Stadt ritt, immer klarer, dass Heinrich selbst mit dem Schwert in der Hand machtlos war gegen diesen Papst. Der Heilige Vater allein verfügte über das Recht, Gesetze zu erlassen und neue Gemeinden zu gründen. Sein Name wurde überall in den Kirchen angerufen. Der Einfluss des Papstes war einzigartig in der Welt und er wusste die Menschen hinter sich. Nein, König Heinrichs Macht war dem nicht gewachsen, auch wenn er glaubte, der größte Herrscher unter der Sonne zu sein.
Janus erreichte schließlich den päpstlichen Palas. Die Wache sah das königliche Siegel und ließ ihn sogleich hinein. Wenig später stand er in der Audienzhalle des Heiligen Vaters. Janus
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