Die Lanze Gottes (German Edition)
zeigen.«
Wilfried war zufrieden, doch so ganz im Dunkeln wollte er nicht über die Pläne seines Herrn bleiben. »Werdet ihr die Heilige Lanze dem Papst übergeben?«
Rudolf lachte auf, trat einen Schritt auf seinen Vasallen zu und schlug ihm auf die Schulter. »Ich bin ein gottesfürchtiger Mann, Wilfried. Die Lanze wird mein Geschenk an den Papst sein, wenn er meinen Anspruch auf die Krone anerkennt.«
XLVIII
Janus erholte sich schnell. Er saß im Garten des Klosters und genoss die untergehende Sonne über den Bergen Sachsens. Er musste an die Heilige Lanze denken. Er hatte alles getan sie zu finden, um sie dann an seinen größten Feind zu verlieren. Wilfried von Breyde würde sie Rheinfelden aushändigen und der konnte sie nur verstecken, wenn er nicht riskieren wollte, die Mauritiusbruderschaft zu verraten. Rudolf konnte die Reliquie nicht austauschen, da Original und Fälschung sich nicht im Geringsten ähnelten.
Janus blickte in den Himmel und plötzlich schien das alles nicht mehr so wichtig, er war froh, dass er noch lebte. Adam betrat den Klostergarten. Er setzte sich neben ihn und lächelte ihn an. »Gott schenkt uns einen weiteren wunderschönen Abend und offenbart uns seine Herrlichkeit.«
»Ja, das tut er, und ich weiß es zu würdigen wie selten zuvor in meinem Leben, Adam.«
Sie saßen eine ganze Weile schweigend nebeneinander, dann fragte Adam: »Was wirst du nun tun, Janus?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
»Warum gehst du nicht zurück nach Gleiberg, zu deiner Familie, und lässt den Dingen ihren Lauf. Gottes Wege sind unergründlich, aber er wird wissen, was er tut. Die Heilige Lanze ist verloren und was sich in naher Zukunft im Reich verändern wird, liegt allein in seiner Hand.«
Janus blickte in den Sonnenuntergang und dachte an Adela. Wie sehr er sich nach ihr sehnte.
»Was bedrückt deine Seele, Janus?«, fragte Adam, als hätte er seine Gedanken gelesen.
Er senkte den Kopf, dann erzählte er Adam stockend von seinem Ehebruch.
»Ehebruch ist vor Gott, dem Herrn, eine schwere Sünde!«, tadelte Adam mit ernstem Blick.
Janus richtete sich auf schwere Vorhaltungen ein. Er wusste, dass Adam damit nicht sparte, wenn etwas gegen die Gebote Gottes ging. Doch sein Freund schwieg, stand auf, legte ihm die Hand auf den Kopf und sagte leise: »Deine Sünden sind dir vergeben, Janus von Esken.«
Janus blickte Adam an und fühlte unendliche Erleichterung.
»Gott hat dir vergeben«, fuhr der Mönch fort. »Nun vergib dir auch selbst!«
»Ich weiß nicht, ob mir Adela jemals vergeben wird.«
»Vielleicht liebt dich deine Gemahlin mehr als du denkst, Janus. Sie zu betrügen war nicht recht. Die Ehe ist heilig vor Gott, das weißt du und hast es trotzdem getan. Aber ebenso ist es nicht Recht, deine Familie im Stich zu lassen. Wie lange willst du noch vor dir selbst davonlaufen, Janus? Du musst dich den Dingen stellen!«
»Du weißt von meiner Flucht in die Einsamkeit des Waldes?« Janus war überrascht.
»Ja, Konstanze hat mir davon erzählt.«
Janus schwieg und starrte vor sich hin. Er musste an Uhlmann, den Vaganten, zurückdenken, und an Asbirg. Auch sie hatten ihn seinerzeit gefragt, wie lange er vor sich selbst davonlaufen wolle. Gottes Plan erschien ihm seltsam.
»Vielleicht hast du recht!« Entschlossen erhob sich Janus.
Adam umarmte ihn kurz, dann zwinkerte er ihm zu. »Wir haben die Heilige Lanze verloren. Doch auch wenn wir einmal verlieren, werden wir uns nicht vor der Verantwortung gegenüber unseren geliebten Menschen und dem Herrn Jesus Christus drücken!«
Janus dachte plötzlich an Konstanze, der er sein Leben verdankte. »Wo ist meine Schwester?«
»Sie ist nach Gleiberg gereist und hat gesagt, ich solle dir Grüße ausrichten.«
»Warum hat sie sich nicht von mir verabschiedet?«
Adam legte seine Stirn in Falten. »Ich glaube, etwas lastet auf der Seele deiner Schwester. Sie wollte nicht darüber reden. Und sie befand sich ebenso in der Gewalt von Wilfried wie du, vergiss das nicht. Nach dem Wiedersehen mit ihm hier im Kloster kam sie mir sehr verändert vor. Gib ihr Zeit, Janus!«
In den darauf folgenden zwei Wochen erholte Janus sich vollständig und wollte so bald wie möglich nach Gleiberg aufbrechen. Eines Morgens verspürte er das Bedürfnis in die Kapelle des Klosters zu gehen, um zu beten. Er öffnete die Tür. Im Inneren war es dunkel, nur einige Kerzen spendeten dämmriges Licht. Es roch nach Weihrauch und Kerzenwachs. Janus kniete
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