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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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wenn ich mich nicht irre. Ein großzügiges Geschenk. Wie viel haben Sie dafür bezahlt? Fünftausend?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.« Sie zog ihre Hand zurück.
    Harry sah missbilligend auf seine Erektion, die sich bereits gegen die Innenseite der geliehenen Hose presste. Er bewegte die Füße.
    »Ich habe die Sohlen im Auto gelassen. Wussten Sie, dass Fußschweiß wunderbar dafür geeignet ist, die DNA zu ermitteln? Bestimmt finden wir auch mikroskopisch kleine Hautschuppen. Im Übrigen wird es kaum viele Läden geben, die Alberto-Fasciani-Schuhe führen. Einen oder zwei, vielleicht. Gleicht man das mit Ihrer Kreditkarte ab, ist das ohnehin ein leichtes Spiel.«
    Isabelle Skøyen hatte sich aufgerichtet. Ihr Blick schweifte über das Land.
    »Sehen Sie die Höfe dort?«, fragte sie. »Sind sie nicht schön? Ich mag dieses Kulturland. Und ich hasse den Wald. Abgesehen von aufgeforstetem Wald. Ich hasse das Chaos.«
    Harry studierte ihr Profil. Ihre Nase sah beinahe gefährlich aus.
    »Erzählen Sie mir von Gusto Hanssen.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Warum? Anscheinend wissen Sie doch schon das meiste.«
    »Es ist Ihre Entscheidung, wer Ihnen diese Fragen stellt. Ich oder die Boulevardblätter.«
    Sie lachte kurz. »Gusto war jung und schön. Einer dieser Hengste, die schön anzuschauen sind, aber zweifelhafte Gene haben. Einen kriminellen Vater und eine drogenabhängige Mutter, jedenfalls laut seines Pflegevaters. So einen Hengst züchtet man nicht weiter, trotzdem macht es Spaß, ihn zu reiten, wenn Sie …« Sie holte tief Luft. »Er ist hierhergekommen, und wir hatten Sex. Manchmal hat er Geld gekriegt. Er hat auch andere getroffen, so besonders war das also nicht.«
    »Hat Sie das nicht eifersüchtig gemacht?«
    »Eifersüchtig?« Isabelle schüttelte den Kopf. »Sex hat mich nie eifersüchtig gemacht. Ich habe ja auch andere getroffen. Und schließlich einen ganz Besonderen, weshalb ich dann auch mit Gusto Schluss gemacht habe. Vielleicht hatte er mich zu diesem Zeitpunkt aber ohnehin schon fallengelassen. Jedenfalls schien er mein Taschengeld nicht mehr zu brauchen. Ganz am Schluss hat er mich dann aber doch noch einmal angerufen und richtig bedrängt. Ich glaube, er hatte Geldsorgen und natürlich auch ein Drogenproblem.«
    »Wie war er?«
    »Wie meinen Sie das? Wie? Er war egoistisch, unzuverlässig, charmant. Ein selbstsicherer Teufel.«
    »War er auf der Suche nach etwas?«
    »Sehe ich aus wie eine Psychologin, Harry?«
    »Nein.«
    »Nein, denn Menschen interessieren mich wirklich nicht sehr.«
    »Nicht?«
    Isabelle Skøyen nickte. Sah in die Ferne. Ihre Augen glitzerten feucht.
    »Gusto war einsam«, sagte sie.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß, was Einsamkeit ist, okay? Und er war voller Selbstverachtung.«
    »Wie kann er selbstsicher gewesen sein und sich verachtet haben?«
    »Das ist kein Widerspruch. Man weiß, dass man etwas kann, sich auf etwas versteht, das heißt aber noch lange nicht, dass man in sich selbst jemanden sieht, der von anderen geliebt werden kann.«
    »Und was könnte der Grund dafür sein?«
    »Hören Sie mal, ich habe doch gesagt, dass ich keine Psychologin bin.«
    »Ja, stimmt.«
    Sie räusperte sich.
    »Seine Eltern hatten ihn abgegeben. Was, glauben Sie, macht das mit einem Kind? Hinter all dem Handeln und der harten Schale steckte jemand, der nicht gerade das Gefühl hatte, viel wert zu sein. Sicher nicht mehr als diejenigen, die ihn aufgegeben haben. Ist diese Logik nicht naheliegend, Sie Fast-Polizist?«
    Harry sah sie an. Nickte. Spürte, wie unangenehm ihr sein Blick war. Aber Harry verkniff sich die Frage, sosehr sie ihm auch auf der Zunge lag. Wie sah ihre persönliche Geschichte aus? Wie einsam, wie selbstverachtend war sie hinter ihrer Fassade?
    »Was ist mit Oleg, haben Sie den mal getroffen?«
    »Den, der ihn ermordet haben soll? Nein, nie. Aber Gusto hat ein paarmal einen Oleg erwähnt, er hat ihn seinen besten Freund genannt. Ich glaube, es war sein einziger.«
    »Und Irene?«
    »Auch von ihr hat er mal gesprochen. Sie war wie eine Schwester für ihn.«
    »Sie war seine Schwester.«
    »Nicht im Blut, und das ist nie dasselbe.«
    »Nicht?«
    »Die Menschen sind naiv. Sie glauben wirklich, wir hätten die Fähigkeit zu selbstloser Liebe. Dabei geht es immer nur darum, Gene weiterzugeben, die mit den eigenen möglichst identisch sind. Ich sehe das jeden Tag bei der Zucht, glauben Sie mir. Und ja, Menschen sind wie Pferde, wir sind

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