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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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kräftigen Pobacken schienen das Pferd zu massieren und mit leichten Hüftbewegungen hin und her zu dirigieren. Sie kamen auf eine Lichtung. Die Sonne schien, aber tief unten im Tal hingen noch immer vereinzelte Nebelfetzen.
    »Gönnen wir den Tieren einen Moment Ruhe«, sagte Isabelle Skøyen und saß ab.
    Nachdem sie die Pferde an einen Baum gebunden hatte, legte Isabelle sich ins Gras und winkte Harry zu sich. Er ließ sich neben ihr nieder und setzte die Sonnenbrille auf.
    »Sagen Sie mal, ist das wirklich eine Männersonnenbrille?«, fragte sie neckend.
    »Sie schützt gegen die Sonne«, sagte Harry und holte die Zigaretten heraus.
    »Das gefällt mir.«
    »Was?«
    »Wenn Männer sich ihrer Maskulinität sicher sind.«
    Harry sah sie an. Sie stützte sich auf die Unterarme und hatte den obersten Knopf ihrer Bluse geöffnet. Er hoffte, dass die Gläser seiner Brille dunkel genug waren. Sie lächelte.
    »Also, was können Sie mir über Gusto sagen?«, fragte Harry.
    »Und es gefällt mir, wenn Männer echt sind, freiheraus«, sagte sie. Ihr Lächeln wurde breiter.
    Eine braune Libelle flog auf ihrem letzten Herbstausflug vorbei. Die Vorfreude, die Harry in Isabelles Augen sehen konnte, behagte ihm ganz und gar nicht. Sie war ihm schon bei seinem Kommen aufgefallen. Warum war in ihrem Blick nicht auch nur eine Spur quälender Unruhe zu erkennen, die typisch für Leute war, denen ein bedrohlicher Skandal ins Haus stand?
    »Ich mag es nicht, wenn Männer unecht sind«, sagte sie. »Oder wenn sie bluffen.«
    Ihre blauen, von Mascara umrahmten Augen sahen ihn triumphierend an.
    »Ich habe eine Kontaktperson bei der Polizei angerufen, wissen Sie? Und abgesehen davon, dass diese Person mir einiges über den legendären Ermittler Harry Hole erzählen konnte, hat sie mir auch gesagt, dass im Gusto-Hanssen-Fall nie irgendwelches Blut analysiert worden ist. Die Probe soll zerstört worden sein. Es gibt also gar keine Fingernägel, unter denen mein Blut klebt. Sie haben geblufft, Harry.«
    Harry zündete sich die Zigarette an. Kein Blut für Wangen oder Ohren. Manchmal fragte er sich, ob er zu alt geworden war, um zu erröten.
    »Hm. Wenn Sie mit Gusto bloß ein paar unschuldige Gespräche geführt haben, warum hatten Sie dann so eine Angst davor, dass ich das Blut zur DNA -Analyse schicken könnte?«
    Sie lachte leise. »Wer sagt Ihnen denn, dass ich Angst hatte? Vielleicht wollte ich einfach nur, dass Sie mich hier besuchen? Mit mir die Natur genießen und so.«
    Harry stellte fest, dass er doch noch nicht zu alt war, um rot zu werden. Er ließ sich nach hinten fallen und blies den Rauch in den lächerlich blauen Himmel. Schloss die Augen und suchte nach ein paar guten Gründen, nicht mit Isabelle Skøyen zu schlafen. Es gab mehrere.
    »War das falsch?«, fragte sie. »Ich sage ja nur, dass ich eine erwachsene Frau bin, alleinstehend und mit ganz normalen Bedürfnissen. Das bedeutet noch lange nicht, dass ich unseriös bin. Ich würde mich niemals mit jemandem einlassen, den ich nicht als ebenbürtig einschätzen würde, wie zum Beispiel Gusto.« Er hörte ihre Stimme näher kommen. »Mit einem erwachsenen, großen Mann hingegen …« Sie legte ihre warme Hand auf seinen Bauch.
    »Haben Sie hier mit Gusto geschlafen? Hier, wo wir jetzt sind?«, fragte Harry leise.
    »Was?«
    Er stützte sich auf seinen Ellenbogen und nickte in Richtung der blauen Joggingschuhe. »Ihr Schrank war voll mit exklusiven Herrenschuhen der Größe 42. Diese Latschen hier waren die einzigen in 45.«
    »Ja, und? Ich kann wirklich nicht garantieren, nicht auch mal Männerbesuch mit Schuhgröße 45 gehabt zu haben.« Ihre Hand bewegte sich hin und her.
    »Diese Joggingschuhe wurden eine Zeitlang für das Militär produziert, und als dort dann der Schuhtyp gewechselt wurde, ging der Überschuss an wohltätige Organisationen, die diese Schuhe an Bedürftige ausgeteilt haben. Bei der Polizei nennen wir diese Treter Junkieschuhe, seit sie von der Heilsarmee im Fyrlyset ausgegeben werden. Ich frage mich jetzt natürlich, warum eine Zufallsbekanntschaft mit Schuhgröße 45 ausgerechnet diese Schuhe hier zurücklässt. Eigentlich gibt es dafür nur eine sinnvolle Erklärung. Nämlich, dass er plötzlich ein neues Paar Schuhe bekommen hat.«
    Isabelle Skøyens Hand hörte auf, sich zu bewegen. Also fuhr Harry fort.
    »Ein Kollege hat mir Fotos vom Tatort gezeigt. Als Gusto starb, trug er eine billige Hose, aber ein Paar superteure Schuhe. Alberto Fasciani,

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