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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Und sah nichts. Entweder war es da drinnen stockdunkel, oder er war noch gar nicht ganz durch die Wand gekommen. Ich drehte mich zu Berntsen um, der gerade den Bohrer abwischte. »Was ist denn das für eine Scheißisolation?«, fragte er und hob einen Finger. Das Zeug auf seiner Haut sah aus wie Eigelb und Haare.
    Wir gingen ein paar Meter weiter und versuchten es an einer anderen Stelle. Wieder durfte ich als Erster einen Blick hineinwerfen, und da war er, der gute, alte MC-Club. Mit denselben alten Ledermöbeln, dem Tresen, dem Foto von Karen McDougal, Playmate of the Year , angerichtet auf irgendeinem dicken Motorrad. Ich habe nie herausgefunden, was ihnen den größeren Kick gab, die Frau oder die Maschine.
    »Alles klar«, sagte ich.
    Die Hintertür war verriegelt und zusätzlich noch mit Vorhängeschlössern gesichert.
    »Hast du nicht gesagt, es gäbe nur ein Schloss?«, fragte Berntsen.
    »Das war früher auch so«, sagte ich. »Odin scheint echt paranoid geworden zu sein, und das nicht zu knapp.«
    Ursprünglich hatten wir vorgehabt, das Schloss abzuschrauben und hinterher wieder dranzumontieren, damit es keine Einbruchsspuren gab. Möglich war das noch immer, aber nicht in der vorgesehenen Zeit. Trotzdem legten wir los.
    Nach zwanzig Minuten sah Oleg auf die Uhr und sagte, wir müssten uns beeilen. Wir wussten nicht genau, für wann die Razzia geplant war, nur dass sie gleich nach der Festnahme stattfinden sollte, und die musste kurz nach sieben über die Bühne gehen, da Odin sicher nicht sitzen bleiben würde, wenn er kapierte, dass der Alte nicht aufkreuzte.
    Wir brauchten eine geschlagene halbe Stunde, um die Scheißtür aufzukriegen, dreimal so lang wie berechnet. Dann zogen wir die Waffen, streiften die Nylonstrümpfe über unsere Gesichter und gingen rein. Berntsen vorneweg. Wir waren gerade erst durch die Tür, als er sich auf die Knie warf und die Waffe in bester James-Bond-Manier mit beiden Händen nach vorne riss.
    An der Westwand saß ein Typ in einem Sessel. Odin hatte Tutu als Wachhund zurückgelassen. Auf seinem Schoß lag eine abgesägte Schrotflinte. Aber seine Augen waren geschlossen, sein Mund stand offen, und sein Kopf lehnte hinten an der Wand. Angeblich stotterte Tutu auch beim Schnarchen, doch davon war nichts zu hören. Er schlief leicht wie ein Kind.
    Berntsen stand wieder auf und schlich mit gezückter Waffe zu Tutu. Oleg und ich folgten vorsichtig.
    »In der Wand ist nur ein Loch«, flüsterte Oleg mir zu.
    »Was?«, flüsterte ich zurück.
    Aber dann kapierte ich es.
    Ich sah das zweite Loch, das wir gebohrt hatten, und schätzte ab, wo das erste sein musste.
    »Oh, verdammt«, flüsterte ich. Obwohl ich eigentlich kapiert hatte, dass es zum Flüstern keinen Grund mehr gab.
    Berntsen war jetzt bei Tutu und gab ihm einen Stoß, woraufhin er seitlich vom Sessel kippte und zu Boden ging. Als er mit dem Gesicht auf dem Beton liegen blieb, sahen wir das kreisrunde Loch in seinem Hinterkopf.
    »Der hat den Bohrer abgekriegt, okay«, sagte Berntsen. Er steckte den Finger in das Loch in der Wand.
    »Verdammte Scheiße«, flüsterte ich Oleg zu. »So was ist doch total unwahrscheinlich?«
    Aber Oleg antwortete nicht, er starrte mit einem Gesichtsausdruck auf die Leiche, als wüsste er nicht, ob er kotzen oder lachen sollte.
    »Gusto«, flüsterte er. »Was haben wir getan?«
    Ich weiß nicht, wieso, aber ich musste einfach lachen. Die ganze Kacke war aber auch echt nicht auszuhalten. Dieses obercoole Gehabe des Bullen mit seinem Baggerschaufel-Unterbiss, Olegs verzweifelte, durch den Nylonstrumpf plattgedrückte Visage und der offene Mund von Tutu, der, wie sich nun zeigte, doch ein Gehirn hatte. Ich brüllte vor Lachen. Bis es plötzlich knallte und mir schwarz vor Augen wurde.
    »Reiß dich zusammen, oder du fängst dir noch eine«, fauchte Berntsen und rieb sich die Handfläche.
    »Danke«, sagte ich und meinte das wirklich so. »Suchen wir das Dope.«
    »Erst müssen wir uns überlegen, was wir mit dem hier machen«, sagte Berntsen.
    »Dafür ist es zu spät«, sagte ich. »Jetzt finden die so oder so raus, dass hier eingebrochen worden ist.«
    »Nicht, wenn wir Tutu ins Auto schaffen und das Schloss wieder anschrauben«, sagte Oleg mit dünner, tränenerstickter Stimme. »Wenn die merken, dass von dem Dope etwas fehlt, glauben die doch, dass er damit abgehauen ist.«
    Berntsen sah zu Oleg hinüber. »Dein Partner ist klug, Deppo, lass uns das so machen.«
    »Erst das Dope«, sagte

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