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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ich.
    »Erst der Typ«, sagte Berntsen.
    »Das Dope«, wiederholte ich.
    »Der Typ.«
    »Verdammt, ich will heute Abend Millionär werden, du blöder Pelikan.«
    Berntsen hob die Hand. »Der Typ.«
    »Haltet euer Maul«, rief Oleg. Wir starrten ihn an.
    »Mann, das ist doch total einfach. Ist Tutu nicht im Kofferraum, wenn die Bullen kommen, verlieren wir das Dope und unsere Freiheit. Haben wir ihn verstaut, das Dope aber noch nicht, wenn sie aufkreuzen, verlieren wir nur das Geld.«
    Berntsen wandte sich mir zu: »Boris scheint meiner Meinung zu sein, Deppo. Zwei zu eins.«
    »Okay«, sagte ich. »Ihr nehmt den Toten, ich suche das Dope.«
    »Falsch«, sagte Berntsen. »Wir tragen den Toten, und du beseitigst die Schweinerei hier.« Er zeigte zum Waschbecken hinter dem Tresen.
    Ich ließ Wasser in einen Eimer laufen, während Oleg und Berntsen Tutu an den Beinen packten, zur Tür schleiften und dabei eine dünne Blutspur hinter sich herzogen. Unter Karen McDougals aufmunterndem Blick schrubbte ich die Wand und den Boden, um das Blut zu entfernen. Ich war gerade fertig und wollte mit der Suche nach dem Dope beginnen, als ich durch die noch immer offen stehende Tür ein Geräusch wahrnahm, das sich durch den Lärm der E6 schnitt. Ein unverkennbares Geräusch, trotzdem versuchte ich mir einzureden, dass die nicht zu uns wollten und ich mir nur einbildete, dass das Heulen immer lauter wurde. Polizeisirenen.
    Ich überprüfte den Barschrank, das Büro und das Klo. Es war ein einfacher Raum, kein Dachboden, kein Keller, kaum Orte, an denen man zwanzig Kilo Schnee verstecken konnte. Dann fiel mein Blick auf die Werkzeugkiste. Und auf das Vorhängeschloss. Das war neu.
    Oleg rief etwas von der Tür.
    »Gib mir das Brecheisen«, rief ich zurück.
    »Wir müssen abhauen, jetzt! Die sind schon unten auf der Straße.«
    »Das Brecheisen!«
    »Jetzt, Gusto!«
    Ich wusste, da in dieser Scheißholzkiste war der Stoff. Da waren die fünfundzwanzig Millionen, direkt vor mir! Ich begann gegen das Schloss zu treten.
    »Ich schieße, Gusto!«
    Ich drehte mich zu Oleg um. Er zielte doch tatsächlich mit dieser blöden Russenwumme auf mich. Ich glaubte zwar nicht, dass er auf die Entfernung treffen würde, schließlich waren das mehr als zehn Meter, aber mir reichte schon die Tatsache, dass er überhaupt auf mich zielte.
    »Wenn sie dich schnappen, schnappen sie auch uns!«, rief er mit weinerlicher Stimme. »Komm jetzt!«
    Noch einmal ging ich auf das Schloss los. Die Sirenen wurden lauter. Aber irgendwie hören sich Sirenen immer näher an, als sie es wirklich sind.
    Es klang wie ein Peitschenhieb, der über mir an die Wand knallte. Ich sah zur Tür hinüber, und es lief mir kalt den Rücken runter, als ich Berntsen mit rauchendem Bullencolt in der Tür stehen sah.
    »Beim nächsten Mal treffe ich«, sagte er kühl.
    Ich trat noch einmal gegen die Holzkiste und rannte los.
    Wir waren gerade über den Zaun an der Straße gesprungen und hatten die Nylonstrümpfe von unseren Köpfen gezogen, als wir in die Scheinwerfer der Streifenwagen blickten. Wir gingen ruhig auf sie zu.
    Dann rasten sie an uns vorbei und bremsten vor dem Clubhaus.
    Wir gingen weiter die Anhöhe hinauf, auf der Berntsen den Wagen abgestellt hatte, setzten uns hinein und fuhren langsam los. Als wir am Clubhaus vorbeikamen, drehte ich mich zu Oleg um, der auf der Rückbank saß. Das Blaulicht zuckte über sein Gesicht, das von den Tränen und der Strumpfhose noch immer gerötet war. Er sah total leer aus und starrte ausdruckslos in die Dunkelheit, als wartete dort nichts als der Tod.
    Keiner von uns sagte etwas, bis Berntsen in Sinsen an einer Bushaltestelle hielt.
    »Das war echt Kacke, Gusto«, sagte er.
    »Das mit den Schlössern konnte ich doch nicht wissen«, sagte ich.
    »Schon mal was von Vorbereitung gehört?«, fragte Berntsen. »Rekognoszierung und so. Klingelt da was bei dir? Wir werden stutzig werden, wenn wir eine offene Tür mit abgeschraubtem Schloss finden.«
    Ich kapierte, dass er mit »wir« die Bullen meinte. Ein seltsamer Kerl.
    »Ich habe das Schloss und die Scharniere mitgenommen«, sagte Oleg schniefend. »Damit es so aussieht, als wäre Tutu einfach abgehauen, als er die Sirenen hörte. Ohne abzuschließen. Die Schraubenlöcher könnten ja noch von einem anderen Einbruch stammen, irgendwann im Laufe des Jahres. Stimmt doch, oder?«
    Berntsen sah Oleg im Rückspiegel an. »Du solltest von deinem Kollegen lernen, Deppo. Ach nee, vielleicht lieber

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