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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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eigentlich vorgesehen und hastete in Richtung der Sicherheitskontrollen.
    Als er auf der anderen Seite der Kontrolle den Schlüssel und Martines Handy vom Band der Durchleuchtungsmaschine nahm, bemerkte er, dass er eine SMS bekommen hatte. Er wollte sie zusammen mit den anderen Nachrichten für Martine speichern, als er das »B« sah. B wie Beate.
    Er rannte zum Gate 54, Bangkok, final call .
    Las.
    HAB DIE LISTE GEKRIEGT. MIT EINER ADRESSE, DIE NICHT AUF DER AUFSTELLUNG WAR, DIE DU VON BELLMAN BEKOMMEN HAST. BLINDERNVEIEN 74.
    Harry steckte das Telefon in die Tasche. Vor der Passkontrolle wartete niemand. Er öffnete den Pass, und der Kontrolleur überprüfte die Bordkarte und den Pass. Dann sah er Harry an.
    »Die Narbe ist jünger als das Foto«, sagte Harry.
    Der Passkontrolleur musterte ihn. »Lassen Sie ein neues Foto machen, Nybakk«, sagte er, reichte ihm die Dokumente und gab der Person hinter Harry zu verstehen, dass nun er an der Reihe sei.
    Harry war frei. Erlöst. Vor ihm lag ein vollkommen neues Leben.
    Am Gate warteten noch fünf Nachzügler.
    Harry warf einen Blick auf seine Bordkarte. Business-Class. Er war bisher immer nur Economy-Class gereist, auch wenn er für Herman Kluit unterwegs gewesen war. Stig Nybakk hatte es zu etwas gebracht. Dubai hatte es zu etwas gebracht. Seine Sache richtig gemacht. Seine Sache. Gemacht. Machen. Jetzt, heute Abend, in diesem Augenblick, standen sie wieder da und warteten zitternd und ausgehungert darauf, dass endlich ein Arsenal-Trikot auftauchte und sagte: »Kommt!«
    Noch zwei Leute vor ihm in der Schlange.
    Blindernveien 74.
    Ich komme mit dir. Harry schloss die Augen und hörte wieder Rakels Stimme: Bist du Polizist? Ist das deine Bestimmung? Ein Roboter, ein Sklave des Ameisenhaufens, jemand, der den Gedanken anderer hörig ist?
    War er das?
    Jetzt war er an der Reihe. Die Frau hinter dem Schalter sah ihn auffordernd an.
    Nein, er war kein Sklave.
    Er reichte ihr die Bordkarte.
    Ging. Ging über die Gangway zum Flugzeug und sah durch das Glas die Lichter eines anfliegenden Flugzeugs. Es flog über das Haus von Tord Schultz.
    Blindernveien 74.
    Mikael Bellmans Blut unter Gustos Nägeln.
    Scheiße! Verdammt!
    Harry ging an Bord, fand seinen Platz und sank tief in den Ledersitz. Mein Gott, wie weich. Er drückte auf einen Knopf, und die Lehne ging immer weiter nach hinten, bis er richtig horizontal lag. Er schloss die Augen. Wollte schlafen. Schlafen. Bis er eines Tages wieder aufwachte und ein anderer war, an einem anderen Ort. Er suchte nach ihrer Stimme, hörte stattdessen aber eine andere Stimme: »Ich trage einen falssen Pastorenkragen, du einen falssen Sheriffstern. Wie unerschütterlich ist dein Evangelium wirklich?«
    Bellmans Blut. »… unten in Østfold. Er kann es unmöglich zum Tatort geschafft haben …«
    Alles hängt zusammen.
    Harry spürte eine Hand auf seinem Arm und öffnete die Augen.
    Eine Stewardess mit den hohen Wangenknochen der Thaifrauen lächelte ihn von oben an.
    » I’m sorry, Sir, but you must raise your seat to an upright position before take-off .«
    Upright position.
    Harry holte tief Luft und schwang die Beine vom Sitz. Nahm das Handy heraus. Sah sich die Liste der letzten Anrufe an.
    »Sir, you have to turn off …«
    Harry hielt die Hand hoch und drückte auf »Anrufen«.
    »Wollten wir nicht nie wieder voneinander hören?«, antwortete Klaus Torkildsen.
    »Wo genau in Østfold?«
    »Entschuldigung?«
    »Bellman. Wo in Østfold war Bellman, als Gusto getötet wurde?«
    »Rygge, nicht weit von Moss.«
    Harry steckte das Handy in die Tasche und stand auf.
    »Sir, the seat belt sign …«
    »Sorry« , sagte Harry. » This is not my flight . «
    »I’m sure it is, we have checked passenger numbers and …«
    Harry ging durchs Flugzeug nach hinten und hörte das Trippeln der Schritte der Stewardess hinter sich.
    »Sir, we have already shut …«
    »Then open it.«
    Ein männlicher Kollege war ihr zu Hilfe gekommen: »Sir, I’m afraid the rules don’t allow us to open …«
    »I’m out of pills« , sagte Harry und durchwühlte seine Jackentasche. Fand das leere Pillenglas mit dem Zestril-Etikett und hielt es dem Mann vor das Gesicht. »I’m Mister Nybakk, see? Do you want a heart attack on board when we are over … let’s say Afghanistan ? «
    Es war nach elf, und der Flughafenzug zurück nach Oslo war beinahe leer. Harry schaute abwesend auf die Nachrichten-Headlines, die über den Bildschirm flimmerten, der am Kopf des

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