Die Larve
leider nicht.« Truls versuchte dabei ebenso munter und unbeschwert zu klingen wie sie. Wenn er doch nur einen Willkommensdrink in den Händen hielte.
»Gibt es denn wirklich niemanden, der dein Herz gewinnen kann?«
Sie hatte den Kopf zur Seite geneigt und blinzelte ihm lachend zu, doch er sah ihr an, dass sie ihre Worte bereits bereute. Vielleicht weil sie die Röte in seinem Gesicht bemerkte. Oder weil sie die Antwort kannte, obwohl sie beide niemals darüber gesprochen hatten. Dass nämlich nur sie, Ulla, sein Herz gewinnen konnte. Und dass er nur deshalb nie weiter als drei Schritte vom Superpaar Mikael und Ulla entfernt gewesen war, allzeit bereit, was auch immer von ihm gefordert wurde. Er hatte versucht, möglichst cool und gelangweilt zu wirken, während sein Herz für sie gebrannt und er aus den Augenwinkeln jeden ihrer Schritte verfolgt hatte. Er konnte sie nicht bekommen, wusste, dass es unmöglich war. Trotzdem hatte er sich nach ihr gesehnt, wie sich die Menschheit danach sehnte, fliegen zu können.
Dann kam Mikael endlich würdevoll über die Treppe nach unten, wobei er die Ärmel aus der Smokingjacke zog, damit man die Manschettenknöpfe sah.
»Truls!«
Es klang nach der leicht übertriebenen Herzlichkeit, die eigentlich Menschen vorbehalten ist, die man nicht wirklich kennt. »Warum so betreten, alter Freund? Wir haben einen Palast zu feiern!«
»Ich dachte, der Posten des Polizeichefs sollte gefeiert werden«, sagte Truls und sah sich um. »Ich habe es heute in den Nachrichten gehört.«
»Ein Leck, offiziell ist das noch nicht. Aber heute huldigen wir erst einmal deiner Terrasse, Truls! Liebling, was macht der Champagner?«
»Ich gieße ihn jetzt ein«, sagte Ulla, wischte ein unsichtbares Staubkörnchen von der Schulter ihres Ehemannes und verschwand.
»Kennst du Isabelle Skøyen?«, fragte Truls.
»Ja«, sagte Mikael noch immer lächelnd. »Sie kommt heute Abend auch. Warum?«
»Ach, nichts.« Truls zuckte mit den Schultern. Es musste jetzt geschehen, jetzt oder nie.
»Es gibt da noch eine Sache, die mich beschäftigt.«
»Ja?«
»Vor ein paar Tagen sollte ich doch jemanden im Hotel Leons festnehmen, erinnerst du dich?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Noch während der Festnahme tauchten da zwei andere Polizisten auf, die ich nicht kannte und die allem Anschein nach uns beide festnehmen wollten.«
»Eine Doppelbuchung?« Mikael lachte. »Da musst du mit Finn reden, der koordiniert die Einsätze.«
Truls schüttelte langsam den Kopf. »Ich glaube nicht, dass es sich um eine Doppelbuchung gehandelt hat.«
»Nicht?«
»Ich glaube, dass mich da jemand mit voller Absicht hingeschickt hat.«
»Du meinst, dass dich jemand verarschen wollte?«
»Jemand verarscht mich, ja«, sagte Truls und suchte Mikaels Blick, fand aber keine Anzeichen dafür, dass sein Vorgesetzter verstand, wovon Truls wirklich redete. Konnte er sich doch geirrt haben? Truls schluckte.
»Ich weiß nicht, irgendwie dachte ich, du wüsstest was davon oder hättest damit zu tun gehabt.«
»Ich?« Mikael legte den Kopf in den Nacken und lachte laut. Und als Truls in seinen Rachen schaute, fiel ihm wieder ein, dass Mikael immer ohne eine einzige Füllung vom Schulzahnarzt zurückgekommen war. Nicht einmal Karius und Baktus hatten ihm etwas anhaben können.
»Wär keine schlechte Idee gewesen«, gluckste Mikael. »Sag mal, haben sie dich auch auf den Boden geworfen und dir Handschellen angelegt?«
Truls musterte Mikael. Er hatte sich geirrt und lachte deshalb mit. Aus Erleichterung ebenso wie über das Bild, er unter zwei auf ihm hockenden Beamten. Außerdem hatte Mikaels Lachen ihn schon immer eingeladen, nein genötigt , mitzulachen. Es hatte ihm aber auch Wärme vermittelt, das Gefühl der Zugehörigkeit, die Sicherheit, ein Teil des Duos Mikael Bellman und er zu sein. Freunde. Er hörte sich selbst lachen, denn Mikaels Lachen erstarb langsam, er machte ein ernstes Gesicht.
»Hast du wirklich geglaubt, ich hätte etwas damit zu tun, Truls?«
Truls sah ihn lächelnd an und fragte sich, wie Dubai ihn gefunden hatte. Wer konnte Dubai von dem Mann erzählt haben, den er in der Arrestzelle fast blind geschlagen hatte? Und dann musste er wieder an das Blut denken, das die Spurensicherung in der Hausmanns gate unter Gustos Fingernägeln gefunden hatte und das er hätte zerstören sollen, bevor die DNA ermittelt werden konnte. Von diesem Blut hatte er etwas aufgehoben. Kam es hart auf hart, konnten diese Beweise Gold
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