Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Ist es wirklich sso ssicher, dass Gott nicht existiert und dass er kein Gessicht hat?«
    Harry lachte leise.
    »Wir ssind uns gar nicht sso unähnlich, Harry. Ich trage einen falssen Pastorenkragen, du einen falssen Sseriffstern. Wie unerssütterlich ist dein Evangelium wirklich? Den Etablierten Schutz zu geben und den verwirrten Sseelen die Strafen, die ihnen ssustehen? Bist nicht auch du ein Ssweifler?«
    Harry schnippte eine neue Zigarette aus der Packung. »Leider ist mir der Zweifel in diesem Fall abhandengekommen. Ich fahre nach Hause.«
    »Na dann, gute Reise. Ich muss jetzt auch ssu meinem Gottesdienst.«
    Ein Auto hupte, und Harry drehte sich automatisch um. Ein Paar Scheinwerfer blendeten ihn, bevor sie um die Ecke bogen. Bremslichter glühten auf, als der Polizeiwagen in Richtung der Garagen fuhr. Als Harry sich wieder zu Cato umdrehte, war der verschwunden. Irgendwie schien der alte Pastor mit dem Dunkel verschmolzen zu sein. Alles, was Harry hörte, waren Schritte in Richtung Friedhof.
    Das Packen und Auschecken aus dem Leons dauerte tatsächlich fünf Minuten.
    »Gästen, die bar bezahlen, geben wir in der Regel einen kleinen Rabatt«, sagte der Junge am Empfang. Alles war also doch nicht anders.
    Harry blätterte durch sein Portemonnaie. Hongkong-Dollar, Yuan, amerikanische Dollar, Euro. Sein Handy klingelte. Harry legte es ans Ohr, während er die Scheine wie einen Fächer ausbreitete und dem jungen Mann hinhielt. »Speak.«
    »Ich bin’s, was machst du?«
    Verdammt. Er hatte sich vorgenommen, sie erst vom Flughafen aus anzurufen. Wollte es so einfach und brutal wie möglich machen. Der Sache mit einem Ruck ein Ende bereiten.
    »Ich checke gerade aus. Kann ich dich gleich zurückrufen?«
    »Ich wollte nur sagen, dass Oleg Kontakt zu seinem Anwalt aufgenommen hat. Also, zu … Hans Christian.«
    »Norwegische Kronen«, sagte der junge Mann.
    »Oleg hat gesagt, dass er dich treffen will, Harry.«
    »Verdammt!«
    »Entschuldige? Harry? Bist du noch da?«
    »Nehmen Sie Visa?«
    »Es wäre billiger für Sie, zu einem Bankautomaten zu gehen und das Geld cash zu bezahlen.«
    »Mich treffen?«
    »Das hat er gesagt, ja. So schnell wie möglich.«
    »Das geht nicht, Rakel.«
    »Warum nicht?«
    »Weil …«
    »Hundert Meter in Richtung Tollbugata ist ein Bankautomat.«
    »Weil?«
    »Nehmen Sie die Karte, okay?«
    »Harry?«
    »Weil … also erstens, weil das ganz einfach unmöglich ist. Er unterliegt einem Besuchsverbot, da komme ich nicht noch einmal drum herum.«
    »Und zweitens?«
    »Zweitens sehe ich wirklich keinen Sinn darin, Rakel. Ich habe alle Dokumente studiert. Ich …«
    »Was?«
    »Rakel, ich glaube, es war wirklich Oleg, der Gusto Hanssen erschossen hat.«
    »Wir nehmen keine Visa. Haben Sie eine andere? MasterCard, American Express?«
    »Nein! Rakel?«
    »Dann sagen wir Dollar und Euro. Der Wechselkurs ist ja nicht so gut, aber immer noch besser als mit Kreditkarte.«
    »Rakel? Rakel? Verdammt!«
    »Stimmt etwas nicht, Hole?«
    »Sie hat aufgelegt. Reicht das?«
    Kapitel 12
    Ich stand in der Skippergata und starrte in den herunterprasselnden Regen. Irgendwie hatte der Winter in diesem Jahr nie richtig Fuß gefasst, dafür hatte es allerdings umso mehr geschifft. Negative Folgen für unser Geschäft hatte das aber nicht. Oleg, Irene und ich setzten an einem Tag mehr um, als wir das für Odin und Tutu in einer ganzen Woche geschafft hatten. Über den Daumen gepeilt, verdiente ich sechstausend am Tag. Nahm man alle Arsenal-Trikots der Stadt zusammen, setzte der Alte jede Woche mehr als zwei Millionen Kronen um, vorsichtig geschätzt.
    Jeden Abend vor der Abrechnung mit Andrej zählten Oleg und ich Geld und Ware genau. Es fehlte aber nie auch nur eine Krone. Warum auch? Das hätte sich nicht gelohnt.
    Nee, auf Oleg konnte ich mich wirklich zu hundert Prozent verlassen. Ich glaube, der hatte gar nicht die Phantasie, die es braucht, wenn er das Konzept »Stehlen« überhaupt jemals kapiert hat. Vielleicht war er dafür aber auch ganz einfach zu sehr auf Irene fokussiert. Es war fast komisch, wie er zu balzen begann, kaum dass sie in der Nähe war. Und wie vollständig blind sie für seine Anbetung war. Denn Irene sah nur eins.
    Mich.
    Mir war das egal. Es quälte oder freute mich nicht. Es war einfach so, wie es immer gewesen war.
    Ich kannte Irene gut, wusste genau, wie ich ihr kleines Ariel-reines Herz zum Klopfen bringen konnte, ihren süßen Mund zum Lachen oder aber – wenn ich das wollte –

Weitere Kostenlose Bücher