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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Konkurrenten vom Hals zu schaffen. Sie füttern die Senatorin mit den entsprechenden Hinweisen für die Polizei, aber darüber hinaus brauchen auch Sie selbstverständlich einen Vertrauten bei der Polizei. Vielleicht jemanden, der seinerseits einen Nutzen aus dieser Erfolgsgeschichte ziehen könnte. Eine … wie soll ich das nennen?«
    »Ambitionierte Person, die durchaus pragmatisch vorgehen kann, wenn es nur dem Wohle der Stadt dient?« Isabelle Skøyen hob ihre Kaffeetasse wie zu einem dezenten Gruß. »Wollen wir nach drüben ins Wohnzimmer gehen?«
    Sergej lag auf dem Rücken auf der Pritsche, während der Tätowierer die Zeichnungen studierte.
    Obwohl er zur vereinbarten Zeit in den kleinen Laden gekommen war, hatte der Tätowierer noch an einem großen Drachen auf dem Rücken eines Jugendlichen gearbeitet, der mit zusammengebissenen Zähnen dalag. Eine Frau, vermutlich die Mutter des Jungen, saß daneben, tröstete ihn und fragte den Tätowierer immer wieder, ob der Drachen wirklich so groß sein müsse. Doch als er fertig war, zahlte sie alles und fragte ihren Sohn auf dem Weg nach draußen, ob er nicht froh sei, jetzt eine noch fettere Tätowierung zu haben als Preben und Kristoffer.
    »Die da würde aber besser auf den Rücken passen«, sagte der Tätowierer und deutete auf eine der Zeichnungen.
    » Tupoy« , sagte Sergej leise. Idiot.
    »Häh?«
    »Das muss alles genau so wie auf der Zeichnung werden. Muss ich das wirklich jedes Mal sagen?«
    »Ja, ja. Aber heute kriege ich das nicht alles fertig.«
    »Doch, machen Sie alles. Ich zahle das Doppelte.«
    »Ist das so eilig?«
    Sergej nickte kurz. Andrej hatte ihn täglich angerufen und auf dem Laufenden gehalten, und nach all dem Warten war er nicht auf das vorbereitet gewesen, was Andrej ihm an diesem Tag zu sagen gehabt hatte.
    Das Notwendige war notwendig geworden.
    Mit einem Mal gab es keinen Weg mehr zurück, dachte Sergej, als sie aufgelegt hatten.
    Um sich gleich darauf Vorwürfe zu machen: Keinen Weg zurück ? Wer wollte denn zurück?
    Vielleicht war ihm dieser Gedanke wegen all der Warnungen von Andrej gekommen. Immer wieder hatte er ihm erzählt, dass der Polizist einen Gefangenen entwaffnet hatte, den sie bezahlt hatten, um Oleg Fauke zu töten. Dieser Häftling war zwar nur ein Norweger gewesen, der noch nie zuvor jemanden mit einem Messer getötet hatte, aber trotzdem, er musste davon ausgehen, dass es nicht so leicht werden würde wie beim letzten Mal. Der Mord an dem Dealer war ja die reinste Hinrichtung gewesen. An diesen Polizisten aber würde er sich herantasten müssen, geduldig warten, bis er ihn genau dort hatte, wo er ihn brauchte, und zuschlagen, wenn sein Opfer am wenigsten damit rechnete.
    »Ich will Ihnen ja nicht den Spaß verderben, aber die Tätowierungen, die Sie schon haben, sind nicht gerade Qualitätsarbeit. Die Linien sind undeutlich, und die Tinte ist schlecht. Sollten wir die nicht lieber ein bisschen auffrischen?«
    Sergej antwortete nicht. Was wusste dieser Typ denn von Qualitätsarbeit? Die Linien waren undeutlich, weil der Tätowierer im Gefängnis eine angespitzte Gitarrensaite, montiert auf einem Rasierapparat, als Nadel benutzt hatte. Und die Tinte bestand aus geschmolzener Schuhsohle, vermischt mit Urin.
    »Los, die Zeichnung«, sagte Sergej und zeigte auf das Blatt. »Jetzt!«
    »Und Sie sind sich wirklich sicher, dass Sie diese Pistole wollen? Ich meine, klar, das ist Ihre Entscheidung, aber ich weiß aus Erfahrung, dass diese gewalttätigen Symbole viele Menschen abschrecken. Nur, damit Sie gewarnt sind.«
    Der Typ hatte wirklich keine Ahnung von den Tätowierungen in der russischen Kriminellenszene. Die Katze stand für eine Verurteilung wegen Diebstahls, die Kirche mit den zwei Kuppeln für zwei abgesessene Strafen. Auch dass die Narbe auf seiner Brust von einer Tätowierung stammte, die er sich weggeätzt hatte, indem er sich Magnesiumpulver direkt auf die Haut gebunden hatte, durchschaute er nicht. Dort hatte einmal ein weibliches Geschlechtsorgan geprangt, das ihm während der zweiten Haft von einer Gruppe Georgier verpasst worden war, bei denen er, ihrer Meinung nach, noch Spielschulden hatte.
    Der Tätowierer wusste nicht einmal, dass die gezeichnete Pistole eine Makarov war, die Dienstwaffe der russischen Polizei und das Symbol dafür, dass er, Sergej Ivanov, einen Polizisten ermordet hatte.
    Der Mann hatte keine Ahnung, und das war gut so. Es war für sie alle das Beste, wenn er sich an seine

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